USA 2024 · 148 min. · FSK: ab 12 Regie: Wes Ball Drehbuch: Patrick Aison, Josh Friedman, Rick Jaffa, Amanda Silver Kamera: Gyula Pados Darsteller: Freya Allan, Owen Teague, Dichen Lachman, Kevin Durand, William H. Macy u.a. |
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Viel Holz, wenig Feuer... | ||
(Foto: Disney) |
Jane: »Jane.«
Tarzan: »Jane.«
Jane: »And you? You?«
Tarzan: »Tarzan! Tarzan!«
Jane: »Tarzan.«
Tarzan: »Jane. Tarzan. Jane. Tarzan.«
– Sprachkurs in Tarzan, der Affenmensch (1932)
Die Stärke an Franchises jeder Art ist, dass sie über die Jahre, die sie ihr Stammpersonal und die Kerngeschichte immer wieder reproduzieren, tagesaktuelle Politik mit einfließen lassen und damit zu einem spielerischen Seismographen unserer Gegenwart werden. Das Planet-der-Affen-Franchise ist eines der längsten Franchises der Filmgeschichte und damit ein ganz besonderes Instrumentarium, um den Wandel unserer Zeit besser verstehen zu können. Das auf Pierre Boulles 1963 erschienenen Roman »La Planète des Singes« aufsetzende Franchise ist seit dem ersten Planet der Affen-Film aus dem Jahr 1968 (mit Charlton Heston in der Hauptrolle) zu fast so etwas wie einer »Kinotherapiecouch« unserer kranken, westlichen Gesellschaft geworden. Denn abhängig von den jeweiligen »Hot Spots« hat es das Franchise immer wieder verstanden, sich zu wandeln, mal auf Rassismus, Kalten Krieg, Ökologie, Tierrechte oder Genetik zu fokussieren und durchaus kritisch an der bestehenden Moral zu rütteln.
Inzwischen sind wir – dem Lauf der Zeit angemessen – bei dem zehnten Film angekommen, doch muss die Zeitrechnung hier ein wenig differenzierter angeschaut werden, denn Planet der Affen: New Kingdom ist der vierte Teil des Reboots der früheren Filme, dessen letzter Teil Planet der Affen: Survival bereits 2017 in den Kinos lief und nicht nur wegen Andy Serkis und Woody Harrelson vielleicht der beste Film des Franchises ist. Vor allem die moralischen Fragen waren so aufregend wie das eisige Szenario: Auf der einen Seite der Mensch, der sich zunehmend korrumpiert und selbst kannibalisiert, auf der anderen Seite das Tier, das darum ringt, der bessere Mensch zu sein. Am Ende sehen wir den sprachlosen Menschen, der erst durch seine Sprachlosigkeit wieder zu sich selbst findet und damit auch erst wieder zu einem Zusammenleben mit anderen Spezies fähig zu sein scheint. Damit endet dieser Teil.
Im vierten Teil des Reboot-Franchises, das erstmals nicht von Matt Reeves geschrieben und in Szene gesetzt wurde, sondern von Wes Ball, der die letzten drei Maze-Runner-Filme inszeniert hat, ist von der Hoffnung nicht mehr viel übrig, denn die 300 Jahre, die seit dem letzten Teil vergangen sind, haben aus der einstigen, alle Lager vereinenden Lichtgestalt der Affenwelt, aus Cesar, eine gespaltene Welt werden lassen. Aus Cesar ist ein ferner Messias geworden, an dem sich die nachfolgenden Generationen von Affen abarbeiten, so wie einst die sich spaltenden Fraktionen nach dem Tod Christi. Der biblische Kontext wird noch einmal mehr durch den Namen des neuen positiven Affen-Helden verstärkt, Noah (Owen Teague), der wie Noah in der Bibel aufbrechen muss, um seine Ethnie zu sammeln und zu retten.
Natürlich ist das nicht einfach, kommen neben den militanten Gefolgsleuten des »Buches Cesar« auch recht spät die Menschen mit ins Spiel und der weise Orang-Utan Raka (Peter Macon), eine Art Wiedergänger von Star Wars Yoda , der vielleicht am stärksten andeutet, dass das Franchise inzwischen in den Händen von Disney ist. Wie immer verhandelt das Franchise tagespolitische Geschehnisse, werden neben der christlichen Exegese wie schon in den letzten Teilen unsere gefährdete Demokratie gespiegelt und Menschen, denen trotz wiedergefundener Sprache die Worte fehlen, um sich verbal aus ihrer sozialen Blase zu emanzipieren. Es ist vielmehr so, dass die Sprache die gleichen Fallen stellt, wie hunderte Jahre zuvor und nicht anders als bei der Ethnie der herrschenden Affen, Sprache fast so etwas wie die Erbsünde darstellt. Und natürlich stellt sich auch hier so wie bei den Diskussionen unserer Gegenwart um das was künstliche Intelligenz sein wird, auch hier die Frage, ob so wie die zukünftige KI auch Affen nicht die besseren Menschen sein könnten, so wie das bereits in Planet der Affen: Revolution angedeutet worden ist. Oder ob nicht vielmehr durch die menschliche Sprache und menschliches Denken die immer gleiche menschliche Misere nur ein weiteres Mal reproduziert wird.
Dieser zutiefst pessimistische Gedanke wird am Ende noch einmal verstärkt, erst über die Bilderbücher mit Zooszenen und Affen hinter Gittern aus alten Menschenzeiten, die schockierende Affen durchblättern und dann einen Blick ins Weltall, aus zwei Perspektiven. Ein Blick, der nicht nur ein vager Brückenschlag zum ersten Planet der Affen-Filme ist, in dem ja explizit nicht die Erde der Ort der Handlung ist, sondern auch ein Brückenschlag zu den ganz frühen menschlichen Gedanken der ewigen Wiederkehr, etwa Heraklit: »Und es ist immer ein und dasselbe, was in uns wohnt: Lebendes und Totes und Waches und Schlafendes und Junges und Altes. Denn dieses ist umschlagend jenes und jenes zurück und umschlagend dieses.«
Das alles ist im Grunde ein schönes Ideen-Angebot, doch mangelt es diesem vierten Teil des Reboots an überzeugenden Charakteren und Dialogen, um diese anregenden Gedanken dann auch überzeugend zum Flirren zu bringen. Cesar ist nur mehr ein Schatten aus alten Zeiten und sein Stellvertreter nicht mehr als ein Stellvertreter. Und auch die Stellvertreterin der Spezies Mensch, die junge Nova oder Mae (Freya Allan), die wohl als Referenz an den ersten Film des Franchises stehen soll, aber viel mehr einer Wiedergängerin Maureen O’Sullivans in Tarzan, der Affenmensch (1932) ähnelt, und ihr Charisma aus der Netflix-Serie The Witcher trotz dieses ja an sich wunderbaren Bezugs nicht einmal in Ansätzen ausspielen kann.
Und dann fehlen dem vierten Teil die poetischen, die überraschenden Momente, mit denen Matt Reeves allein schon durch seine musikalischen Einlagen (The Band, Jimi Hendrix) das Franchise in neue Dimensionen geführt hat. Somit bleibt eine solide Dystopie-Variante, die wie immer, wenn es um versunkene menschliche Artefakte geht, nett anzusehen ist, aber trotz guter Ideen leider kaum berührt. Doch wie bei jedem Franchise gilt auch hier, dass die Hoffnung auf bessere Zeiten und einen besseren Film nicht sterben muss. Fortsetzung folgt.