Deutschland 2002 · 84 min. Regie: Claus Strigl Drehbuch: Claus Strigl Kamera: Bernd Gierstner |
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Hiphop aus dem Hasenbergl |
Ein Schrebergarten in der Trabantenstadt. Der Besitzer hat sich künstlerisch entfaltet: Neben Schloss Schwanstein ragen die Minarette einer Moschee empor. Gleich nebenan eine russische Kirche. »Alles aus Beton«, sagt der Künstler stolz. Bevölkert wird das Idyll von Gartenzwergen und Minigozillas. Vielfalt auf engstem Raum. Ein bisschen so wie überall im Hasenbergl.
Anfang der Siebziger wuchsen sie überall an den Rändern deutscher Großstädte empor: Mümmelmannsberg in Hamburg, Marzahn in Berlin, und das Hasenbergl im Münchner Norden. Putzige Namen für Hochhaussiedlungen, in denen heute niemand mehr wohnen mag. Wer in den besseren Gegenden unerwünscht ist, der strandet hier. »Wenn ich sag, ich komm aus Hasenbergl, wollen die Mädchen nix mehr von mir wissen« erzählt Onur und grinst traurig. Wer aus den Trabantesnstädten kommt, hat den Ghettostempel weg.
Susanne Korbmacher kommt, wie viele ihrer Schützlinge, aus zerrütteten Verhältnissen. Heute ist sie Lehrerin an der Förderschule und Initiatorin des Projekts Lichttaler. Bei Lichttaler können die Kids ihre Freizeit verbringen. Trommelstunden gibt es und Breakdance, Muiscal, aber auch Englischkurse. Umsonst gibt’s allerdings nichts: Viele der Angebote werden von den Jugendlichen selbst geleitet. Auf diese Weise sammeln sie »Lichttaler«, eine fiktive Währung, mit der sie ihrerseits Stunden bezahlen können. »Jeder kann was«, sagt Korbmacher. Viele der Kinder machen bei Lichttaler zum ersten mal die Erfahrung, dass das was sie können, etwas wert ist. Früher haben sie bloß Scheiße gebaut. »Bei Lichttaler gibts sogar Sachen, die es auf der Straße nicht gibt«, hat es eines der Kinder einmal ausgedrückt: Höchstes Lob von den Klienten.
Den größten Coup hat die Lehrerin mit einem Spielfilmprojekt gelandet: Ghettokids erzählt Geschichten aus dem Hasenbergl. Die Kids spielen Typen wie sich selbst.
Inzwischen haben zwei von ihnen, die schon halb in die Kriminalität abgeglitscht waren, die Kurve gekriegt. Sie sind an der Münchner Schauspielschule angenommen worden – ohne Ghettokidbonus versteht sich.
Bei der Premiere auf dem Münchner Filmfest schwenken sie verlegen ihre Rosen. An Applaus müssen sie sich noch gewöhnen, die Kids aus dem Hasenbergl. Dass man ihnen mir Respekt begegnen sollte, dafür kämpfen sie schon lange. Früher mit den Fäusten, heute mit Hiphop.