USA 2000 · 122 min. · FSK: ab 12 Regie: Ed Harris Drehbuch: Barbara Turner, Susan Emshwiller Kamera: Lisa Rinzler Darsteller: Ed Harris, Robert Knott, Molly Regan u.a. |
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Ed Harris als Jackson Pollock |
Die Lady schäumt: Da nimmt sie es auf sich, im Dienste der Kunst die mörderischen Stiegen eines heruntergekommenen New Yorker Miethauses zu erklimmen, nur um oben vor verschlossener Tür zu stehen. Der undankbare Bewohner des Appartements sitzt unterdessen in der Kneipe und lässt sich ungerührt volllaufen. Dabei ist die Lady nicht irgendwer, sondern Peggy Guggenheim, Sammlerin, Mäzenin und wandelndes Sesam öffne Dich für die illustre Kunstszene. Peggy Guggenheim lässt keiner warten. Keiner – außer eben Jackson Pollock. Kurze Zeit später hat sich das Blatt gewendet: Pollock ist der aufgehende Star am Kunsthimmel, und Mrs. Guggenheim nimmt es mit gequältem Lächeln hin, als ihr Enfant terrible während einer Party vor der versammelten Gästeschar kurzerhand ins Kaminfeuer uriniert.
Ed Harris spielt Jackson Pollock, und das ist sicherlich eine glänzende Besetzung. Nicht nur, dass er dem Großmeister des kunstvollen Kleckerns verblüffend ähnlich sieht, er verkörpert ihn auch mit überzeugender Intensität. Weniger glücklich war allerdings die Idee, erstmals auch die Regiearbeit zu übernehmen. Da gibt es eine Menge strapaziöser Längen und haufenweise Einstellungen, die viel zu offensichtlich einfach nur nett aussehen. Hinzu kommt, dass Pollocks Leben selbst offenbar jedes Klischee vom genialen Maler erfüllt. Dafür kann zwar Harris nichts, doch führt seine Verehrung für den Künstler leider dazu, das Leben des Meisters akribisch durchzuhecheln: Da wäre zunächst die lange Durststrecke als verkanntes Genie. Die aufopferungsvolle Gefährtin, die an ihn glaubt, ihm ungeachtet seiner alkoholischen Exzesse den Weg ebnet und dafür wenig Dankbarkeit erntet. Die exaltierte Mäzenin und ihr ständiger Begleiter, der unentwegt scheußliche, plattnasige Hunde mit sich herumträgt. Da gibt es Agonie und Verzweiflung, Egomanie und Eitelkeit. Und da gibt es schließlich Depression, Leere und einen traurigen Abgang als völlig betrunkener Autofahrer.
Der Mensch Pollock selbst bleibt in diesem Reigen seltsam zweidimensional: Entweder der Kerl malt oder er säuft. Doch wenn er dann zum Pinsel greift zeigt sich, dass der Film bei all seinen Schwächen absolut sehenswert ist. Wenn auch seine Beziehung zu sich selbst und den Menschen um ihn herum im Dunklen bleibt, sein leidenschaftlicher Dialog mit Leinwand und Farbe wird dafür um so lebendiger. Man muss kein großer Fan von Pollocks Werken sein, um fasziniert zuzusehen, wie sich der dumpfe Alkoholnebel angesichts einer leeren Leinwand plötzlich lichtet. Wenn ein hochkonzentrierter Visionär am Werke ist, der in atemberaubendem Tempo mit fulminantem Pinselschwung die Kunstwelt kurz mal auf den Kopf stellt.
»Cut«, ruft der Regisseur einer Dokumentation über Pollock und seine virtuose Maltechnik, als die Filmrolle leergedreht ist. Doch Pollock lässt weiter unermüdlich den Pinsel gezielt über die Leinwand triefen. Völlig verständnislos gegenüber den Bedingungen der Welt, fährt er fort in dem, was ihm als das einzig Wesentliche erscheint: Kunst.