Der Prank

Deutschland/Schweiz 2025 · 94 min. · FSK: ab 6
Regie: Benjamin Heisenberg
Drehbuch: ,
Kamera: Timon Schäppi
Darsteller: Noèl Gabriel Kipp, Max Zheng, Maïmouna Mbacke, Mehdi Nebbou, Laura Tonke u.a.
Der Prank
Alles nur ein Witz...
(Foto: Port-au-Prince / Central Film)

Silber oder Blei

Benjamin Heisenbergs Screwball-Komödie ist einer der besseren Filme für das junge Publikum, bedient aber immer noch zu oft die Blödel-Stereotypen des gegenwärtigen deutschen Kinderfilms

Eine der Hoff­nungen, um der kata­stro­phalen Qualität deutscher Kinder­filme endlich zu entkommen – beim Preis für den besten deutschen Kinder­film des letzten Jahres des VDFK kam nicht einmal eine komplette Shortlist zusammen, so schlecht waren die Bewerber – ist die Idee, es einfach mal Regis­seure für Erwach­se­nen­filme machen zu lassen, statt einen der abge­half­terten B- oder C-Regis­seure, die sich ausge­rechnet mit Kinder­filmen ihr Brot verdienen müssen. So wie Spielberg oder Martin Scorsese oder vor ganz langer Zeit Hark Bohm.

Sieht man sich Der Prank an, kann einem gleich schon wieder angst und bange werden, weil eine weitere Hoffnung sich nahezu in Wohl­ge­fallen auflöst. Denn Benjamin Heisen­berg ist ein Regisseur für Erwach­se­nen­filme. Und dazu noch ein guter. Filme wie Schläfer (2005) und die Der Räuber (2010) waren außer­ge­wöhn­liche Genre-Arbeiten, Thriller, die mutig insze­niert waren. Und selbst sein Ausflug in die Komödie mit Über-Ich und Du (2014), sein letzter Langfilm vor einer langen Reihe an Kurz­filmen, beein­druckte durch immer wieder groß­ar­tige, unkon­ven­tio­nelle Wendungen.

Das alles lässt sich über seinen Ausflug in den Kinder­film und Der Prank leider nur in Ansätzen sagen. Liegen mag das viel­leicht an Heisen­bergs Co-Autor Peer Klehmet, der für Kinder­film­for­mate wie Fünf Freunde 4 (2014) und die Vorläufer, aber auch TKKG (2018) die Dreh­bücher geschrieben hat und damit gewis­ser­maßen den sehr erfolg­rei­chen »Kinder­film­main­stream« bedient und etabliert hat, der ja nicht nur im Kino gut funk­tio­niert, sondern auch auf KIKA problemlos gezeigt werden kann, weil jeder bekommt, was er erwartet.

Oder sind es die Ansprüche der Produ­zenten? Jeden­falls über­rascht der von KIKA feder­füh­rend produ­zierte Der Prank dann auch so gut wie gar nicht, obwohl er ja eigent­lich eine wunder­bare Screwball-Komödie hätte werde können, in der durch einen fehl­ge­lei­teten April-Scherz zwei völlig unter­schied­liche Jungen zu Komplizen und dann zu Freunden werden. Der zwölf Jahre alte Lucas (Noèl Gabriel Kipp) ist nämlich zu Anfang völlig genervt, weil er den chine­si­schen Gast­schüler Xi Zhou (Max Zheng) betreuen muss und zur gleichen Zeit auch noch ein wichtiges Klavier­vor­spielen seiner heim­li­chen großen Liebe Charly (Maïmouna Rudolph–Mbacké) vor Augen hat, vor dem er sich aber vor lauter Lampen­fieber am liebsten drücken würde.

Heisen­berg nimmt sich leider nicht die Zeit, die charak­ter­liche Entwick­lung seiner beiden Helden auch nur in Ansätzen plausibel zu entwi­ckeln. So sehr sie sich am Anfang noch spin­ne­feind sind, so schnell sind sie plötzlich die besten Freunde. Aber immerhin ist man dadurch schnell aus der üblichen Vorhölle der Darstel­lung elter­li­cher Verhält­nisse im deutschen Kinder­film raus. Laura Tonke gibt hier die übliche, völlig verpeilte Mutter, so wie Mütter und Väter in fast allen Kinder­filmen der letzten Jahre darge­stellt und immer wieder neu repro­du­ziert werden; ein ernst zu nehmendes Kinder-Eltern­ver­hältnis ist inzwi­schen anschei­nend völlig undenkbar. Und auch die Polizei kommt so verdad­delt und toll­pat­schig daher wie in den grot­tigsten Soft­pornos der 1970er und natürlich wie in fast allen deutschen Kinder­filmen der letzten Jahre.

Doch wie schon geschrieben – verlässt der Film erst einmal die groteske elter­liche Umgebung und entwi­ckelt sich die Screwball-Komödie zu einer mit schönen Über­ra­schungen garnierten, wilden Verfol­gungs­jagd durch Berlin, gewinnt der Film gerade dadurch, dass er nicht nur Stereo­typen repro­du­ziert, sondern sie mit süffi­santer Lust auch bricht, seien es die selbst mit der Musik­szene verban­delten Yasin El Harrouk (als Yonii), Patricia Pembele (als Die P) oder Matthias Schulze (als SILLA), die hier nicht nur ihren eigenen Berufs­stand persi­flieren, sondern Gangsta-Rapper in eine Realität über­führen, die sie zwar gerne insze­nieren, mit sie aber keines­falls konfron­tiert werden wollen. Spätes­tens hier sind dann auch die beiden Haupt­dar­steller dort ange­kommen, wo sie am Anfang nur hin-behauptet wurden, als charak­ter­lich über­zeu­gendes Team, das leidet und sich freut und sogar einen berüh­renden Moment von Romantik zu erzeugen weiß. Und plötzlich passen dann auch die Genre-Anspie­lungen wie »Silber oder Blei« – bestechen lassen oder die Kugel kriegen.

Was am Ende des Films nichts anderes heißt, als das sich auch der kritischste Zuschauer durch die zweite Hälfte des Films bestechen lassen dürfte, die erste Hälfte einfach zu vergessen.