USA 1997 · 123 min. · FSK: ab 16 Regie: Mimi Leder Drehbuch: Michael Schiffer Kamera: Dietrich Lohmann Darsteller: George Clooney, Nicole Kidman, Armin Müller-Stahl u.a. |
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Clooney & Kidman on the runn |
Wenn’s nicht gar so zynisch wäre, könnte man darüber spekulieren, ob die derzeitige Konfrontation der USA mit dem Irak eine geschickt getimte Werbemaßnahme zum Deutschlandstart von The Peacemaker ist. »Die USA als Weltpolizist« ist jedenfalls genau das Thema des Films.
Die Außenpolitik ist für die Amerikaner derzeit ein heißes Thema: mit der Beteiligung an UNO-Friedensmissionen hat der Staat zum ersten Mal die früher bewährte Haltung
aufgegeben, sich nicht um die Belange des Rests der Welt zu kümmern, sofern sie für das eigene Land keine unmittelbare Bedrohung darstellen. Und prompt wurde aus konservativen Kreisen Kritik laut an dieser neuen Position: man würde sich auf diese Weise nur den internationalen Terrorismus an den Hals holen – Amerika solle sich gefälligst nur um die Probleme im eigenen Land kümmern.
Diese Ängste – die leugnen, daß es in unserem Zeitalter der radikalen Globalisierung ja kaum Probleme mehr gibt, die nicht alle Nationen betreffen – sind der Ausgangspunkt für Peacemaker, der sehr effektiv die amerikanische Paranoia bedient, die seit dem Bombenanschlag auf’s World Trade Center (dem ersten auf amerikanischem Boden) grassiert.
Im Film wurde freilich der Einsatz noch etwas erhöht: osteuropäische Terroristen haben
einen nuklearen Sprengkopf gekapert, mit dem sie das UN-Gebäude in die Luft jagen wollen (und den Rest von New York in eine unbewohnbare Wüste verwandeln, als ob das nicht ziemlich redundant wäre).
Dafür, daß es nicht so weit kommt, müssen selbstverständlich die Protagonisten sorgen. Tom Devoe ist ein klassischer amerikanischer Held: körperbetont löst er Probleme durch Gewalt; er ist Individualist, der sich an Regeln nur hält, wenn er meint, seinem Land damit am besten
dienlich zu sein, und Unsympath George Clooney verkörpert ihn perfekt mit seiner üblichen, widerlichen Selbstgefälligkeit.
Aber solch ein Held ist heutzutage Auslaufmodell, und deswegen wird aus dem einzelgängerischen Weltenretter ein Duo. Dr. Julia Kelly (Nicole Kidman) ist sozusagen das Hirn zu Devoes Körper: sie ist zuständig für Kommunikation und Informationsverwertung. Weil in unseren virtuellen Zeiten die wahre Macht nicht mehr primär im Physischen liegt, muß
Peacemaker sozusagen Helden-Splitting betreiben.
Das allein zeigt schon: Bei aller Nostalgie nach den Zeiten, als die Welt noch einfacher zu verstehen und das amerikanische Selbstverständnis noch ungebrochener war, hat Peacemaker dennoch kapiert, wie sehr sich alles geändert hat.
Deshalb beginnt beispielsweise auch die Rolle des Bösewichts zu diffundieren: der Film bietet mindestens drei Haupt-Bösewichte, und nie wird so ganz klar, wer von ihnen der eigentliche Drahtzieher ist. Dabei macht uns der
Film jenen Terroristen, der schließlich die Bombe durch die New Yorker Straßen schleppt, auch noch ungewöhnlich sympathisch: es ist ein hagerer, melancholischer Mann, dessen Motivation außergewöhnlich viel Raum eingeräumt wird – während die Helden andererseits für einen Moment mit heimtückischen Heckenschützen gleichgesetzt werden die sogar bereit währen, über Kinderleichen zu gehen.
Dietrich Lohmanns fließende, stets in atemloser Bewegung befindliche Kamera ist nicht nur dafür zuständig, das zügige Tempo und den rasanten Rhythmus des Thrillers konsequent durchzuhalten – sie führt auch ständig vor Augen, wie instabil diese Welt ist; wie schwer es ist, einen festen Stand- und Blickpunkt zu finden, wie sehr die »Helden« auch um die Vorherrschaft über den Bildraum zu kämpfen haben.
Denn Peacemaker ist ein Film voller Brüche: seine
konservativ-nationalistische Grundhaltung scheitert immer wieder an dem Bewußtsein für die Veränderungen unserer Zeit. Es ließe sich nun argumentieren, daß gerade daß ihn gefährlicher macht. Denn während wohl nur die Allerdümmsten den tumben Hau-ruck-Patriotismus von Air Force One ohne projektiles Erbrechen schlucken werden, bringt Peacemaker seine
isolationistische Botschaft durch die Zugeständnisse an die Realität letzlich verführerischer, manipulativer und effektiver an den Mann und die Frau. Andererseits wird der Film durch seine Brüche aber eben auch wesentlich interessanter.
Da Peacemaker handwerklich durchaus gelungen ist und als Thriller sehr gut funktioniert, würde ich ihn unter Vorbehalt all jenen empfehlen, die sich die kritische Distanz zu seiner fragwürdigen Botschaft bewahren können. Besser als die reale US-Außenpolitik ist er allemal.