USA 2001 · 87 min. · FSK: ab 6 Regie: Tommy O'Haver Drehbuch: R. Lee Fleming Jr. Kamera: Maryse Alberti Darsteller: Kirsten Dunst, Ben Foster, Melissa Sagemiller, Sisqo u.a. |
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Wenn das Wort vom »Teenie-Film« fällt, ist fast immer Schlechtes gemeint. Einige fürchten da gleich den Ausverkauf des Mediums an eine vermeintliche Zielgruppe, Anbiederung an die Vorlieben Jugendlicher, an einen Geschmack, der bestenfalls irgendwo zwischen MTV und Slasher-Horror, angesiedelt, schlimmstenfalls einfach schlecht ist. Und manche Filme scheinen ihnen da recht zu geben, etwa American Pie oder dessen deutsche Primitivo-Variante Harte Jungs.
Ganz anders im Fall von Tommy O’Havers zweitem Spielfilm Ran an die Braut! Hier hat man es mit einer geschmackvollen, intelligenten, mal sehr unterhaltsamen, mal poetischen Liebesgeschichte zu tun, die eben unter knapp Zwanzigjährigen spielt, und sich dabei durchaus an manche Konvention des Genres der »romantic teenage comedy« US-amerikanischen Zuschnitts anlehnt. Nur ist es eben auch ein guter Film geworden. Und auch The Virgin Suicides spielte unter Teenagern, Scream, und schon Shakespeares Romeo und Julia war eine Teenie-Story – um nur mal drei gelungene Beispiele zu nennen.
Dabei macht es einem der deutsche Verleih mehr als schwer, bringt er doch, was im Original Get Over It heißt, nicht nur mit einem schwachsinnigen Titel in die Kinos, der an eine dieser dumpfdödeligen Null-Acht-Fünfzehn Komödien denken lässt, von denen es schon viel zu viele gibt, sondern obendrein noch mit einer niveaulosen Vorschau, was wieder einmal bestätigt, dass die Leute, die solche Trailer konzipieren, ihre eigenen Filme nicht verstehen (wollen), Kino nicht mögen, ihr Publikum hassen, und es überdies noch für eine Horde von Volldeppen halten. Bitte nicht abschrecken lassen!
Denn Ran an die Braut ist nicht plump, sondern feinsinnig, nicht penetrant witzig, sondern elegant ironisch, nicht von abgenudelten Macho-Klischees strotzend, sondern die Nöte junger Männer humorvoll aufs Korn nehmend. Und die Mädchen erhalten Gelegenheit Selbstbewusstsein zu zeigen, ohne auftrumpfend stark sein zu müssen.
Im Zentrum steht Berke (Ben Forster), den seine erste große Liebe Allison (Melissa Sagemiller) sitzen läßt, um stattdessen mit dem
eitlen britschen Ex-Boy-Group-Sänger Striker (Shane West) anzubändeln. Aber Berke ist hartnäckig. Als andere Versuche, Allison auf die Schnelle zurückzuerobern, scheitern, schreibt er sich in die Schultheatergruppe ein, in der die Angebetete und ihr neuer Lover eine Musicalversion von Shakespeares Midsummernight’s Dream proben – obwohl Berke dafür jedes Talent und alles Interesse fehlt. Dort greift ihm Kelly unter die Arme, die Schwester seines besten
Freundes – gespielt von der charismatischen, intelligenten Kirsten Dunst, die hier überdies noch echtes Gesangstalent beweist. Aber Berkes Herz gehört weiterhin nur Allison. Vorerst...
Ein Traumpaar, Irrungen und Wirrungen, Krisen und Gags entscheidend ist, wie Regisseur O’Haver dies in Szene setzt: Munter jongliert er zwischen den Genres, lässt das Ganze mit einem Vertigo-Zitat beginnen, macht dann im Stil eines 50er-Jahre-Musical von Vincente Minelli weiter (mit einer ganz langen, ziemlich schönen Kamerafahrt), um sich gleich darauf über sich selbst lustig zu machen,
parodiert, zitiert albern ein paar andere Filme, um dann kurz tiefromantisch seine Liebesgeschichte ganz ernst zu nehmen – bevor er seine Figuren sich in Zauberwälder wegträumen lässt, und diese surrealen Traumwelten, in denen es zugeht wie in Jeff Koons-Bildern oder einem schön-kitschigen Musikvideo, mit den Zuschauern zu teilen. All das ist komisch, meistens intelligent und manchmal richtig tiefsinnig.
Hinzu kommen Nebenfiguren, wie der egomanische Theaterlehrer, der
hofft über die Schulaufführung eigener Texte doch noch den Weg zum Broadway zu finden, oder Berkes megatoleranten Eltern, die im Fernsehen die Show Love matters moderieren, aber absolut unfähig sind, ihrem liebeskranken Sprößling irgendwie zur Seite zu stehen.
Ran an Dde Braut endet in einem großen Showdown, mitten während der lang geplanten Theater-Premiere. Nur was ist wichtiger, 400 Jahre alte Literatur oder das eigene Leben? Die Antwort sollte klar
sein. »Shakespeare is dead, but we're here.« – wenn das Leben schon nicht die Kunst imitiert, muss die Kunst sich nach dem Leben richten. Eine so schöne Liebeserklärung sieht man trotzdem nicht oft im Kino.