USA 1998 · 135 min. · FSK: ab 12 Regie: Francis Ford Coppola Drehbuch: John Grisham, Francis Ford Coppola, Michael Herr Kamera: John Troll Darsteller: Matt Damon, Claire Danes, John Voight, Danny de Vito u.a. |
Gerichtsfilme sind Selbstinszenierungen einer Gesellschaft. Jene zumeist ferne Gerechtigkeit, die man im politischen und gesellschaftlichen Alltag vergeblich sucht, wird hier symbolisch in Kraft gesetzt.
Mitunter zeigt der Gerichtsfilm zwar, wie ungerecht oder absurd es auch in Justizkreisen zugehen kann, aber zumindest im Prinzip siegt immer das Ideal: Im Zweifel für den Angeklagtenwann wäre das glaubhafter, als in solchen Momenten, in denen selbst ein O.J.Simpson den Saal als freier Mann verlassen darf. Und auch Jurek Beckers Liebling Kreuzberg-Folgen sind bei allen subversiven Momenten letztlich eine grandiose Bestätigung jener Institutionen, die auch noch solch einen Hallodri verkraften, und der Wahrheit entgegen aller Wahrscheinklichkeit zum Sieg verhelfen.
John Grisham-Verfilmungen sind eine ganz besondere Sorte von Gerichtsfilmen. Ganz besonders deswegen, weil die Storys des Südstaaten-Autors zwar von Klischees nur so überquellen, aber dabei doch ein scheinbar recht unidealisiertes Bild der Justiz entwerfen. Hier erfährt man mit welchen Kniffen, ausgebufften Tricks und kleinen Schweinereien die Herren Advokaten tagtäglich vorgehen. Doch irgendwann taucht bei Grisham dann immer eine reine Seele von Anwalt auf, der sich mit der Fackel der Wahrheit gegen alle Kniffe und alle Wahrscheinlichkeit durchsetzt. Es sind insofern hochmoralische und leider allzu undifferenziert-lineare Geschichten, die Grisham immer wieder erzählt. Und eben weil sein idealisiertes Panorama vor dem Hintergrund einer bösen, schmutzigen Welt in Szene gesetzt wird, erscheint es vielen dann überraschend glaubhaft. Das ist es, was Grishams Geschichten so stockreaktionär macht, neben der Behauptung natürlich, daß ein solcher Prinz Eisenherz der Justiz tatsächlich irgendeine Chance haben könnte.
Der von Matt Damon gespielte Rudy ist in The Rainmaker wieder einmal so ein junger, unbekannter all american boy, der gegen einen großen bösen Konzern zu Felde zieht. Halb Prinz Eisenherz und halb Liebling Kreuzberg besiegt er am Ende alle kapitalistischen Unholde, und ist auch sonst hochgeradig sympathisch.
Nun darf man bei soviel Simplizismus trotzdem einiges erhoffen, solange Francis Ford Coppola das Ganze verfilmt. Es müßte doch mit dem Teufel zugehen,
wenn ein Genie wie Coppola nicht auch dem abgedroschensten Stoff noch interessante Facetten entlocken könnte. Und das kann er auch. Die erste Hälfte des zweieinhalbstündigen, aber ästhetisch auf vier Stunden angelegten Films läßt viel Gutes erhoffen. Coppola erzählt hochgeradig genau, mit viel Liebe zum Detail, und gerade diese Geduld ist es, die aus dem Grisham-Stoff mehr macht, als man zu hoffen gewagt hatte. Drei verschiedene Fälle vermischen sich, und dies gibt viel
Gelegenheit, das Leben eines Provinzanwalts von seiner alltäglichen Seite zu schildern. Hier ist der Film intelligent und subtil, smart, wie die Amis das nennen und voll sehenswerter Einzelheiten. Man merkt dem Regisseur den Spaß daran an, mit Grishams Schwarz-Weiß-Malerei zu spielen, und so ist The Rainmaker klar besser, als jede andere Grisham-Verfilmung bisher, einschließlich A Time to Kill.
Neben den beiden Jungstars Matt Damon und Claire Danes spielen auch Danny de Vito, John Voight und Mickey Rourke wichtige Rollen. Besonders de Vito, der als der versteckt weise Ratgeber des idealistischen Naivlings Rudy eine Schlüsselrolle spielt. Alles das ist nett anzusehen.
Aber dann fängt die Kraake Grisham auch Coppola ein. Der Druck des dumpf-einfachen Ablaufs mit dem der Autor die Auflösung vorantreibt, verengt Coppolas elegischen Ansatz immer mehr. So ist aus dem Kampf zwischen David und Goliath auch nicht im Ansatz ein The Godfather oder Bram Stoker’s Dracula aus dem Film geworden. Am Ende ist dann alles langweilig, vorhersehbar und klischeebeladen, wie eh und je. Wen das sowieso noch nie an Grisham gestört hat, und wer die Schauspieler sehen möchte, dem kann man The Rainmaker trotzdem wärmstens ans Herz legen.