Ritter Trenk

Deutschland/Österreich 2015 · 80 min. · FSK: ab 0
Regie: Anthony Power
Drehbuchvorlage: Kirsten Boie
Drehbuch:
Musik: Deine Freunde
Nichts ist wie es scheint

Nur mit Freunden gegen Feinde

Das Buch ist bereits ein moderner Klassiker der Kinder­li­te­ratur und auch die filmische Umsetzung als Serie läuft seit 2011 bereits in der x-ten Wieder­ho­lung auf Kika. Warum nun also Kirsten Boies »Ritter Trenk« auch noch seine Premiere im Kino erleben soll, mag im ersten Augen­blick nicht ganz klar sein. Doch wer sich einmal die Zeit genommen haben sollte, die lite­ra­ri­sche Vorlage zu lesen oder gar seinen Kindern vorzu­lesen, wird verstehen. Denn Boie ist mit ihrer Figur des Bauern­jungen Trenk ein exem­pla­ri­sches Rollen­mo­dell gelungen, mit dem Boie auch kompli­zierte Sach­ver­halte des »dunklen« Mittel­al­ters, trans­pa­rent, spannend und spie­le­risch aufzeigen konnte. Sei es die bittere Armut von Trenks Familie und ihr Überleben im uner­bitt­li­chen Lehns­wesen als über Trenks hart erkämpfte »Trans­for­ma­tion« zum Ritter auch die andere Seite, die Welt der Adeligen.

Funk­tio­niert das Buch über episo­di­sches Erzählen dieser Inhalte, vers­tärkte die Serie diesen Ansatz noch: kurze, abge­schlos­sene Geschichten mit kleinem Span­nungs­aufbau und Figuren, die keine großen emotio­nalen Wand­lungen durch­laufen und in dem Trenks »Mission« Ritter zu werden, eher beiläufig umgesetzt wird. Alles nichts für einen Langfilm.

Im Film über Trenk ist deshalb alles etwas anders. Zwar wird wie in der Serie auch im Film die Rolle des Bösen, Ritter Wertholt, deutlich stärker betont als im Buch, aber der große drama­tur­gi­sche Bogen sieht nun völlig anders aus. Trenk ist aktiv. Eigent­lich gar nicht mehr Ritter sein, eigent­lich gar nicht gegen den Drachen kämpfen wollen, ist nicht mehr möglich. Trenk wird statt­dessen zum Film­helden, der sein Schicksal selbst in die Hand nimmt und dabei die alten Freunde und Feinde an seiner Seite hat. Das kommt im ersten Moment – mit Buch und Serie noch im Hinter­kopf – ein wenig über­ra­schend daher, überzeugt dann aber sehr schnell. Vor allem auch deshalb, weil die schön und intel­li­gent angelegte Kernidee beibe­halten wird, die nichts anderes besagt, als das die Dinge oft nicht so sind, wie sie zuerst viel­leicht erscheinen: Trenk, der vermeint­liche Page, ist eigent­lich ein Bauern­junge; Thekla, das begüterte Burg­fräulin, ist im Grunde todun­glück­lich und selbst der Drache ist eigent­lich nicht das Monster, nach dem er im ersten Moment aussieht. Und das es letztlich die Freunde sind, wichtig sind, die den großen Unter­schied im Leben ausmachen. Gerade auch wegen der vielen Feinde, die sich unerhofft ins Leben drängeln.

Zu einem runden Paket für Kinder ab vier Jahren wird Ritter Trenk aber erst durch seine grafische Umsetzung. Fern von der aufwän­digen compu­ter­ge­ne­rierten Anime-Ästhetik Sonys (Hotel Trans­sil­va­nien 2) und Pixars (Alles steht Kopf) oder zutiefst lieblosen digital animierten Low Budget Produk­tionen wie Der kleine Drache Kokosnuss oder Ooops! Die Arche ist weg... refe­ren­ziert Ritter Trenk unter der Regie von Anthony Power eher auf alte, analoge Disney-Produk­tionen und die Hand­ar­beit Studio Ghiblis (ohne sie aller­dings auch nur annähernd zu erreichen). Die Bilder sind einfach gezeichnet, besitzen jedoch emotio­nale Tiefe. Diese Tiefe jedoch nur allein dem explizit nicht computer-animierten, sondern gezeich­neten Bildern zuzu­schreiben, dürfte zu viel des Guten sein. Ist es vielmehr das Zusam­men­wirken der Bilder und eines über­ra­schend strin­genten Drehbuchs, das den Film aus dem Anime-Allerlei heraus­ragen lässt. Ein Drehbuch, das vor allem dadurch besticht, dass es weder gnadenlos und hektisch darauf bedacht ist Handlung voran­zu­treiben noch mit über­schnell geschnit­tenen Szenen vermeint­liche Spannung erzeugen will und damit einer ansonsten schon rundum gelun­genen Lite­ra­tur­ver­fil­mung noch einmal stärkend zur Seite steht.