USA 2016 · 134 min. · FSK: ab 12 Regie: Gareth Edwards Drehbuch: Chris Weitz, Tony Gilroy Kamera: Greig Fraser Darsteller: Felicity Jones, Diego Luna, Ben Mendelsohn, Donnie Yen, Mads Mikkelsen u.a. |
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Alles ein wenig dunkler, härter und schmutziger... |
»Groß machen Kriege niemanden!« – Yoda in Star Wars: Episode V – The Empire Strikes Back
Spin-Offs haben es meist schwer – gerade bei Serienformaten. Man denke nur an die überflüssigen Auskopplungen von »Breaking Bad« (Better Call Saul) oder »Rita« (Hjørdis). Dass sie dennoch ihr Geld einspielen, hat sich anscheinend auch im Blockbuster-Serien-Universum des Star Wars-Franchises herumgesprochen. Neben den schon etablierten Originalen, Pre- und Sequels des Franchises soll es nun eine Reihe von Spin-Off-Filmen geben, deren erster Rogue One: A Star Wars Story ist.
Zeitlich ist Rogue One kurz vor dem ersten Teil der Original-Trilogie einzuordnen, ohne dabei jedoch nennenswerte Überschneidungen des Personals mit einzubinden. Aber natürlich gibt es Zitate, Erinnerungshilfen, sensorische Anker, digital zum Leben wiedererweckte Schauspieler, um die Fans des Universums nicht vor den Kopf zu stoßen – schließlich soll Rogue One nur knapp unter den zwei Milliarden Dollar an Einnahmen bleiben, die der erste Teil der Sequel – The Force Awakens – eingespielt hat. Was – das muss einfach mal gesagt sein – in etwa dem jährlichen Staatshaushalt eines afrikanischen Musterlandes wie Ruanda entspricht.
Dementsprechend wurde investiert und immer wieder auch riskiert. Die verschwurbelten Fantasy-Elemente der Rahmen-Saga wurden entschlackt, um einer knallharten und kriegslastigen Space-Opera mehr Raum geben zu können. Gleichzeitig ist dem Drehbuch von Chris Weitz und Tony Gilroy aber auch eine schon fast verspielte Tendenz anzumerken, aus Altem Neues zu schaffen – die ödipale Vater-Sohn-Thematik des Ursprungs der Sage etwa durch eine ruppige, gegengebürstete Vater-Tochter-Geschichte zu ersetzen, die dann auch durch die Regie von Gareth Edwards und die schauspielerischen Leistungen von Felicita Jones und Mads Mikkelsen überzeugend, wenn auch nur rudimentär vermittelt wird.
Genau hier dürfte auch das eigentliche Problem des Spin-Offs liegen, denn wirklich emanzipieren kann sich Rogue One durch diese Rezeptur nicht. Alles ist ein wenig dunkler, härter und schmutziger, so wie es schon Joss Whedons Serenity vorgemacht hat. Aber der Rest ist die Wiederkehr des ewig Gleichen, die alte Mär vom Guten gegen das Böse, von David gegen Goliath. Doch vielleicht liegt ja gerade in der leicht verdrehten, aber keinesfalls traumatisierenden Erfüllung aller Erwartungen auch der Sinn dieses Ansatzes, der so ganz der zunehmend »politisch korrekten« Moral in den Filmklassen amerikanischen Universitäten entspricht, wo gleichermaßen Studenten wie Professoren durch »Trigger Warnings« geschützt werden sollen: die Studenten, um Traumatisierungen durch die gezeigten Filme vorzubeugen und ihre Professoren, um gegen mögliche Klagen ihrer traumatisierten Studenten gewappnet zu sein (1).
Für Rogue One gilt dieses Sicherheitspaket gleich doppelt, da für die Fans mit ihrem Wissen aus dem ersten Teil der Original-Trilogie schon nach zwanzig Minuten klar sein dürfte, was es mit der Jagd nach den Plänen des Todessterns auf sich hat. So dümpelt trotz Lärm und Tragik der Plot zäh dahin, sind es eher die Feinheiten, die Spaß machen: gibt es in diesem von Männern dominierten Universum endlich mal eine Frau, die zuschlägt; ringt ein subtiler Ben Mendelsohn der Rollenhülse des Orson Krennic beachtliche Feinheiten ab; sprachwitzelt ein imperialen Droide munter vor sich hin und findet eine schon fast gotteslästerliche Degradierung der Jedi zu absurden Schießbudenfiguren statt.
Wem das nicht reicht, der mag in das Szenario des multikulturell daherkommenden Teams der Rebellen und Kriminellen, das sich gegen das von alten, weißen Männern regierte und irgendwie auch faschistische Imperium auflehnt, auch ein wenig Anspielung auf das politische Amerika von heute hineinlesen und den rettenden Strohhalm, mit der Hoffnung bloß nicht auch noch den Widerstandsgeist zu verlieren, dankend annehmen (2). Zwar ist auch diese Facette im Remake des großen Space-Opera-Klassikers Battlestar Galactica allemal differenzierter und besser erzählt worden, doch wartet Rogue One immerhin mit einer im Star Wars-Universum schon fast unschlagbaren Überraschung auf und der vielleicht besten Nachricht dieses Spin-Offs überhaupt: eine Fortsetzung ist tatsächlich ausgeschlossen.
(1) Bereits Anfang 2015 hat ein Essay der Professorin für Filmwissenschaften an der Northwestern University, Laura Kipnis, hohe Wellen geschlagen. Ihr Text „Sexual Paranoia Strikes Academe“ beschreibt anhand von konkreten Beispielen das verstärkt »restaurative« Klima an amerikanischen Universitäten.
(2) Dazu passt zweifellos der Twitter-Aufruf von Aktivisten der »Alt-Right«-Bewegung, Rogue One wegen seines Plots und der Interpretation von Drehbuchautor Chris Weitz zu boykottieren. Weitz hatte Anfang November getwittert, dass das Imperium eine Organisation zur Vorherrschaft der Weißen sei, gegen die eine von einer mutigen Frau angeführte Multikulti-Truppe den Kampf aufnehme. Der Tweet wurde allerdings auf Drängen des Produktionsstudios und Verleihs (Disney) umgehend wieder gelöscht.