USA 2023 · 92 min. · FSK: ab 0 Regie: Kirk DeMicco, Faryn Pearl Drehbuch: Pam Brady, Kirk DeMicco Musik: Stephanie Economou Schnitt: Michelle Mendenhall |
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Not all you need is love... | ||
(Foto: Universal) |
Dass Monster ihre netten Seiten haben, ist ein alter Hut. Das gab es schon bei Klassikern wie Frankenstein (1931) und Cocteaus Die Schöne und das Biest (1946) und über Disneys Adaption von Die Schöne und das Biest (1991) fand diese Erzählung dann auch abseits des Liebeskitsches immer neue Ableger im Zeichentrickfilm. Die Monster AG von Pixar ist einer der kleinen Meilensteine, Laikas Boxtrolls (2014), Tim Burtons Frankenweenie (2012) und Guillermo Del Toros Pinocchio (2022) ein paar größere.
Als fast schon klassisches Material ist diese Geschichte natürlich nie auserzählt, obwohl die Gefahr der Abnutzung akut ist. Deshalb wirken auch die ersten Szenen des von DreamWorks Animation produzierten Ruby taucht ab fast schon zu vertraut, sieht man sich der Monsteralltäglichkeit und ihrer Kaschierung (vor Menschen) gegenüber, die so auch schon in der Monster AG inszeniert wurde, nur dass es hier nun mal keine Fantasiemonster sind, sondern als Monster verschriene Kraken, die inkognito als Menschen in einer Art Wasser-Themenstadt gleich am Meer wohnen. In Zeiten, da jeder Mann oder Frau, Trans, Grün oder Blau, oder etwas ganz Anderes sein darf und sein kann, fällt dieses Versteckspiel auch nicht auf, würde die pubertierende Ruby nur nicht an alten Familiengeheimnissen rütteln und sich parallel dazu auch noch verlieben.
Hiermit emanzipiert sich Ruby taucht ab dann auch erfreulicherweise von den alten Monstern. Mehr noch, als Rubys Antagonistin ausgerechnet eine Meerjungfrau ist, die in der Welt der Kraken einen erfrischend schlechten Ruf haben. Diese Gegenerzählung zum kaum erträglichen Arielle-Kitsch aus dem Jahr 1989, der Christian Andersens Vorlage fast schon bizarr verzerrte oder zur fast noch unerträglicheren, seit ein paar Wochen in den Kinos laufenden Realverfilmung von Arielle, die Meerjungfrau – diese Gegenerzählung zum Disney-Kitsch-Universum ist ein allein wegen der neuen Perspektive auf die Meerjungfrauen ein wahrer Segen.
Denn nicht nur wird endlich mit dem überbewerteten Meerjungfrau-Mythos aufgeräumt – vor dem ja Andersen selbst schon in seinem Märchen gewarnt hatte – sondern wie in guten Pixar-Produktionen (Oben, Soul) gleich noch eine Menge über das wahre Leben erzählt. Über Liebe und Pubertät und das man den anderen auch lieben kann, wenn er sich dann und wann in ein Monster verwandelt. Und das jeder dann und wann das Recht hat, auch mal Monster zu sein, oder um mit Freud zu sprechen, ein wenig das Unterbewusste ausleben sollte. Und zwar nicht nur in seinen Träumen.
Aber Ruby taucht ab erzählt auch von großen Familiengeheimnissen und gibt den sinnvollen Rat, lieber nicht zu schweigen. Das ist angesichts der gerade im Kern der westlichen Gesellschaft angekommenen Theorie von der Bedeutung transgenerationaler Traumata der richtige Rat zum richtigen Zeitpunkt. Und was gibt es Besseres, als dieses Wissen über einen klassischen Familienfilm abzurufen, den sich bedenkenlos drei Generationen auf einmal ansehen können!