Deutschland 2020 · 93 min. · FSK: ab 0 Regie: Gregor Schnitzler Drehbuch: Viola Maria Schmidt, John Chambers, Arne Nolting Kamera: Wolfgang Aichholzer Darsteller: Loris Sichrovsky, Emilia Maier, Milan Peschel, Emilia Pieske, Nadja Uhl u.a. |
||
Außenseiter vor, noch ein Tor! | ||
(Foto: LEONINE) |
»Die Funktion eines Kindes besteht darin, sein eigenes Leben zu führen, nicht das Leben, von dem seine ängstlichen Eltern glauben, dass es leben sollte, noch ein Leben nach dem Zweck der Erzieher, die glauben, es am besten zu wissen.« — Alexander Sutherland Neill in »Erziehung in Summerhill. Das revolutionäre Beispiel einer freien Schule«
Sprechende Tiere sind seit der Antike eigentlich immer ein Riesenerfolg gewesen, sei es in den antiken Fabeln selbst, bei La Fontaine oder in Kiplings Dschungelbuch. Tiere gehen immer, nicht zuletzt in den Kinderbuchbestsellern von Margit Auer, ihrer Reihe Die Schule der magischen Tiere, in der an einer ganz normalen deutschen Schule alles anders ist, weil Mister Mortimer Morrison, der Inhaber einer magischen Zoohandlung und Miss Cornfield, die Lehrerin einer Klasse an der Wintersteinschule, ihren Schülern magische Tiere vermittelt, damit es den Kindern leichter fällt, ihr Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken und ihre Rolle zu finden, so extravagant und „außenseiterisch“ sie auch sei.
Der Erfolg dieser Buchreihe und die übliche Angst der Produzenten vor originären Stoffen (die etwa die Initiative Der Besondere Kinderfilm seit Jahren versucht zu unterwandern) hat uns nun, wenig überraschend, eine erste Verfilmung von Auers Büchern beschert. Es ist gewissermaßen die Einführung in den Auerschen Kosmos, der Anfang der Geschichte, der zeigt, wie Mortimer Morrison (Milan Peschel) und Mary Cornfield (Nadja Uhl) an der Schule von Direktor Heribert Siegmann (Justus von Dohnányi) ihre ersten Tiere an der Schule einführt und sich alles von normal auf nicht normal verändert. Am Casting sieht man bereits, dass man mit Schauspielern der ersten Garde wie Oberblödel Milan Peschel (zuletzt Beckenrand Sheriff), aber auch Uhl und Dohnányi auch hier unbedingt sicher gehen, nichts falsch machen wollte, um sich den Seriencharakter von inzwischen elf Bänden nicht gleich schon zu Anfang vermiesen zu lassen.
Erstaunlicherweise geht dieses Konzept auf. Ich habe normalerweise mit Peschels Blödelmix und Kinderfilmen mit völlig verdattelten Kinderfilmgestalten, vor allem dezidiert ulkigen Elternrollen, so meine Probleme, doch Drehbuchautorin Viola M. J. Schmidt und Regisseur Gregor Schnitzler ziehen Auers Stoff derartig durch den Klamotten-Kakao, dass dabei eine regelrecht hippieske, wilde Groteske entsteht, die nach etwas drögem Anfang immer heißer läuft und am Ende richtig Spaß macht.
Dabei gelingt es der Verfilmung auch tatsächlich beim Zielpublikum – Kinder im Grundschulalter – zu bleiben, also weder zu spannend noch zu schnell die Handlung zu forcieren und auch ruhige, besinnliche Momente zu integrieren und vor allem: die moralische Aufbauarbeit von jungen Menschen im Augen zu behalten, die drohen durch das System Schule und/oder Eltern ins gesellschaftliche Abseits zu rutschen. Und ähnlich wie in Maria Speths Dokumentation Herr Bachmann und seine Klasse die Hoffnung zu vermitteln, dass Schule tatsächlich auch anders funktionieren kann.
Und wie wir es aus Bibi & Tina kennen, wird auch in der Schule der magischen Tiere viel gesungen, gibt es Musical-Einsätze, die so zwar nicht in der literarischen Vorlage angelegt sind (wie auch?!), die dem Film aber guttun, weil sowohl die Choreografie als auch das Liedmaterial und die Gesangsqualität überdurchschnittlich sind und sich in diese Sommerspaß einfügen wie die Schlagsahne auf frischen Erdbeeren.