Deutschland 2024 · 105 min. · FSK: ab 0 Regie: Sven Unterwaldt Drehbuch: Thorsten Näter, Sven Unterwaldt, Viola M.J. Schmidt, Barbara te Kock, Ursula Gruber Kamera: Bernhard Jasper Darsteller: Emilia Maier, Emilia Pieske, Leonard Conrads, Loris Sichrovsky, Luis Vorbach u.a. |
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Zimtzicken am Start... | ||
(Foto: Leonine) |
Nachdem der erste Teil der Schule der magischen Tiere (2020) eigentlich fast alles erzählt hatte, was es zu dem Thema zu erzählen gab und auch Spaß gemacht hat, überraschte Die Schule der magischen Tiere 2 (2022) vor allem damit, dass auch die zweite Verfilmung der gleichnamigen Buchreihe von Margit Auer 2022 mit gut 2 Millionen Kino-Zuschauern zum erfolgreichsten Film an den deutschen Kinokassen avancierte. Das hatte schon Teil 1 mit 1,5 Millionen Zuschauern geschafft. Es ist schwer zu sagen, ob das ein Armutszeugnis des deutschen Films oder der deutschen Kinogänger ist; sollten sich diese Zahlen jedoch auch für den nun erscheinenden dritten Teil wiederholen, ist es sicherlich beides.
Dabei liegt das nicht einmal an dem Franchise-Charakter dieser Filmserie, denn jeder weiß natürlich, dass Franchise immer auch bedeutet, das gleiche noch einmal neu zu erzählen, dass also unter des Kaisers neuen Kleidern dieses dritten Teils die gleichen Dinge passieren wie in Teil 1 und Teil 2. Wieder liefert Milan Peschel als Mortimer Morrison neue Totem-Tiere aus, über die sich die beschenkten Jugendlichen zu neuen Menschen wandeln, wieder tobt ein Kampf zwischen Musterschülerin Ida (Emilia Maier) und Zimtzicke Helena (Emilia Pieske) und wieder gibt es ein kleines erzählerisches Goody, das dieses Mal aus dem Besuch einer extravaganten und trendigen Kleiderdesignerin und ihrer Kollektion im Umfeld der Wintersteinschule besteht, deren Performance ausgerechnet am Tag des lange vorbereiteten Waldtages stattfinden soll.
Damit sind alle Antagonismen, die es für einen erfolgreichen deutschen (Kinder-) Film braucht, vorgegeben: Natur und natürlich gegen Kommerz und Entfremdung, Idealismus gegen den Ausverkauf der Werte. Und schwache Jungen gegen starke Mädchen. Reingepackt in das erzählerische Korsett wird auch eine Liebesgeschichte und der übliche nerdige Außenseiterprotagonist, dessen größte Schwäche am Ende zu seiner größten Stärke wird. Und die Erwachsenen? Sind wie in so vielen deutschen Kinderfilmen dämliche Dödel, die sich schauspielerisch allein durch ihr groteskes Over-Acting auszeichnen dürfen.
Regisseur Sven Unterwaldt und sein Drehbuch-Team holen damit sehr schnell und sehr offensichtlich alles an Bord, was allgemeiner gesellschaftlicher Konsens ist und genauso schnell dürfte jedem klar sein, worauf der Plot hinausläuft, über den auch nicht viel mehr erzählt werden soll als über die besonders kritischen Momente, Momente, die einem Kinozuschauer den Schauer über den Rücken laufen und das Kinoherz gefrieren lassen.
Zu verschmerzen sind vielleicht noch die fast schon surreale künstliche Kulisse bei fast allen Waldaufnahmen, die holprigen Erklärdialoge und plumpen Handlungswendungen. Wie dann jedoch die bemitleidenswerten Kinderschauspieler im Wald drapiert werden, um eine Liebesszene zu spielen, einen verhinderten Kuss, wie er schon tausende Male auf der Leinwand zu sehen war, ist so unbegreiflich schlecht, dass einen nur noch Fremdschämen überkommt und erst am Ende des Films klar wird, dass es nicht nur die Kinderschauspieler sind, die hier entsetzlich spielen, sondern es die Anweisungen der Regie sein müssen, die alles kaputt machen, was sonst gerade noch erträglich wäre.
Denn am Ende, als der Film sich über billigsten Klamauk – etwa die aus Röhren aufeinander fallenden Tiere oder das Abendessen bei Schuldirektor Heribert Siegmann (Justus von Dohnányi) – fast ein wenig gefangen hat und auch die Moral, nämlich dass es besser ist, ohne Lügen zu leben, sympathisch aufgelöst worden ist und auch die eingespielten Lieder immer wieder gefallen haben, in diesem Moment lässt der Film aus dem heiteren Nichts und als dramatischer Rohrkrepierer die
Eltern der zur Heiligen gewordenen Zimtzicke aufstehen und einen Monolog halten, der allein für sich ausgekoppelt bei der Verleihung der Goldenen Himbeere die Kraft hätte, alle Kategorien abzuräumen, die es dort gibt (Schlechtester Film, schlechtester Schauspieler, schlechteste Schauspielerin, schlechteste Filmpaarung, schlechtester Nebendarsteller, schlechteste
Nebendarstellerin, schlechteste Neuverfilmung oder Fortsetzung, schlechteste Regie, schlechtestes Drehbuch). Allein für den Himbeeren-Erlöser-Preis wird es weder jetzt noch nach Teil 4 und 5 (die bereits geplant sind) reichen, doch die Wahrscheinlichkeit, dass auch Die Schule der magischen Tiere 3 mindestens eine Million
Zuschauer haben wird, dürfte Trost genug sein.
Ein Trost, der allen, die sich seit Jahren für die Förderung besonderer und das heißt dann auch wirklich guter deutscher Kinderfilme einsetzen, bitterer nicht aufstoßen könnte. Und der noch einmal bitterer wird, hört man die Filmkritiker nach der Pressevorschau die immer gleiche Litanei sprechen: »Ob es mir gefällt? Das tut doch nichts zur Sache, Hauptsache den Kindern gefällt’s«.