Deutschland 2005 · 95 min. · FSK: ab 0 Regie: Doris Metz Drehbuch: Doris Metz Kamera: Sophie Maintigneux |
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Schattenhafter Dialog: Pierre Boom/Guillaume und Matthias Brandt |
Zwei Söhne. Zwei Väter, die zu haben, gewiss in beiden Fällen nicht gerade einfach war. An einem Tag, dem 24. April 1974, änderte sich beider Leben dramatisch. Da wurde der Vater des einen Jungen verhaftet, weil er den Vater des anderen ausspioniert hatte.
Matthias Brandt, der Sohn des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers, war damals 12, Pierre Guillaume, der Sohn von Günther Guillaume, dem Spion im westdeutschen Kanzleramt, war 17. Sie kannten sich kaum, und auch über 30 Jahre später haben sie sich wenig zu sagen. Zwei Männer, die aneinander vorbeireden, die schon in Sprache und Duktus, in jeder Faser anders wahrzunehmen, zu fühlen scheinen – Kinder zweier Welten. Matthias Brandt ist heute ein erfolgreicher Schauspieler, vielleicht fällt es ihm daher leichter, sich in sein damaliges Ich hineinzudenken, anregend und voller Anekdoten zu erzählen. Pierre, der sich heute nach seiner Mutter Boom nennt, wirkt schüchterner, auch irgendwie verstockter – und es fällt schwer die Konfrontation dieser beiden Ungleichen nicht auch als Symbol für grundsätzliche deutsch-deutsche Beziehungen zu nehmen. Beide, das merkt man mit der Zeit, sind bei allen Unterschieden auch ihren jeweiligen Vätern ähnlicher, als sie selbst es wohl wahrhaben möchten.
Doris Metz hat die über 25 Stunden Interviews gegeneinander montiert, sodass ein schattenhafter, indirekter Dialog entsteht. So ergibt sich ein chronologisches Bild, wobei Brandt sehr viel von er Kindheit im Kanzleramt zwischen Sicherheitsleuten und »Onkel Wehner« erzählt – alle Verhältnisse scheinen rückblickend auf den großen, abwesend anwesenden Vater fixiert.
Guillaume/Boom berichtet viel von den für ihn schlimmen, traumatisierenden Folgen, einige Jahre in Luxusgefangenschaft, in einem fremden Land, ohne Eltern, unter Aufsicht der STASI, als Kind eines »Helden« verbracht zu haben. So indirekt, wie sie selbst sie nur kannten, lernen auch wir Zuschauer die Väter kennen.
Eine hochinteressante, stellenweise atemberaubende Geschichtsdoku ist Metz mit Schattenväter geglückt, voller Atmosphäre, indirekt auch die Dokumentation zweier Kindheiten in den weiten entfernten 70er-Jahren – nicht nur als historische Erinnerung höchst sehenswert.