Großbritannien/S/USA 2017 · 119 min. · FSK: ab 16 Regie: Tomas Alfredson Drehbuch: Hossein Amini, Peter Straughan, Søren Sveistrup Kamera: Dion Beebe Darsteller: Michael Fassbender, Rebecca Ferguson, Val Kilmer, Charlotte Gainsbourg, J.K. Simmons u.a. |
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Allenfalls besseres Fernsehkriminiveau |
Eine Winternacht im hohen Norden, eine junge Frau geht durch die Nacht, plötzlich trifft sie ein Schneeball. Am nächsten Morgen wird sie tot aufgefunden.
Es ist der Beginn einer furchtbaren Mordserie, die das norwegische Oslo erschüttert. Der Osloer Kommissar Harry Hole, gespielt von Hollywoodstar Michael Fassbender, übernimmt die Ermittlungen. Der Täter nennt sich selbst »Schneemann«, und neben die Leichen baut er tatsächlich mannshohe Schneemänner. Schnell ist auch klar,
dass die Untaten immer dann geschehen, wenn frischer Schnee fällt, und dass sie junge Mütter treffen, deren tote Körper vom Täter malträtiert werden.
Aber was steckt dahinter? Bald wird alles noch rätselhafter: Denn eine Frau wird als vermisst gemeldet, die von niemandem vermisst wird. Kurze Zeit später ist sie das nächste Opfer.
Es sind die bekannten Motive des Serienkiller-Genres in seiner neuesten, seiner postmodernen Variante, die uns in diesem Film wiederbegegnen: eine mörderische Hetzjagd, ein ultrabrutaler Serienkiller, der vermeintlich allwissend und allmächtig auftritt, der den Ermittlern immer einen Schritt voraus zu sein scheint, der zudem seinen Opfern eine unverwechselbare Handschrift einschreibt, dein Zeichensystem, durch das er mit der Polizei kommuniziert und ein teuflisches Spiel treibt.
Sein Antipode ist ein Kommissar, der von seiner Vergangenheit geplagt wird, mit ganz eigenen Traumata zu kämpfen hat, und der im Zuge der Ermittlungen zum Zeichenleser wird, der sich aus den Indizien heraus in den Täter einfühlt, seine Taten interpretiert – denn nur tieferes Verständnis kann ihn zu Strecke bringen. Der Detektiv als Aufklärer, Wissen und Einfühlung als Schlüssel zur praktischen Erkenntnis.
Ihm zur Seite gestellt, um ihn in jeder Hinsicht auf Trab zu halten, wird eine Nachwuchsbeamtin. Sie heißt in diesem Fall Katrine Bratt, wird von Rebecca Ferguson gespielt, sieht gut aus und hat, wie sich bald zeigt, ihre ganz eigene Agenda
Rotes Blut auf weißem Schnee – Schneemann, der neue Film des schwedischen Regisseurs Tomas Alfredson besitzt alle Ingredienzien des Nordic-Noir, vulgo Skandinavien-Krimis, des in skandinavischen Winterlandschaften spielenden düsteren Kriminalfilms, den hiesige Zuschauer vor allem aus dem Fernsehen kennen: Die graue Poesie des Zwielichts einer ewigen Schneelandschaft, brutale, sehr perverse und sadistisch grundierte Mordserien, besonders grausame Tötungsmethoden, Täter, die gefunden werden, die sich dann aber nur als Scheintäter oder Trittbrettfahrer entpuppen, und tiefere Ursachen, bei denen es eigentlich um die Perversion und den Sadismus einer Gesellschaft und ihrer politisch-ökonomischen Eliten handelt. Hinzu kommen Korruption, das Ausnutzen von Machtpositionen und Sexismus, sowie die etwas oberflächliche und daher billige Kritik an einem Wohlfahrtsstaat. Schneemann fußt auf dem gleichnamigen Kriminalroman des Bestseller-Autors Jo Nesbø.
Der schwedische Regisseur Tomas Alfredson landete vor zehn Jahren mit So finster die Nacht, einem ungewöhnlichen, unter Kindern spielenden Horrorfilm, einen Überraschungserfolg. Es folgte eine Eintrittskarte nach Hollywood und die gefeierte Verfilmung des John-LeCarré-Spionagethrillers Dame,
König, As, Spion. Sechs Jahre danach hat Alfredson nun Schneemann gedreht. Mit Darstellern wie Michael Fassbinder, Charlotte Gainsbourg, Val Kilmer, Chloë Sevigny, Rebecca Ferguson und Toby Jones ist Alfredsons Film hochgradig besetzt. In den USA ist er trotzdem bei Kritikern wie Publikum radikal durchgefallen. Das mag auch daran liegen, dass Krimis nur Amerikaner verfilmen können, zumindest nach Ansicht der Amerikaner.
Alfredson interessiert
sich vor allem für die Spannung der Suche nach dem Täter und die Ästhetik der grausamen Morde. Aber belastet von Problemen während der Dreharbeiten ist das Ergebnis unausgegoren und allenfalls auf dem Niveau besserer Fernsehkrimis. Unter den Darstellern sticht Val Kilmer hervor. Er stiehlt als vom Dienst suspendierter Kommissar allen anderen die Show.
Tomas Alfredson aber ist wirklich zu Besserem geboren, also zu solchen Filmen.