USA 2014 · 126 min. · FSK: ab 6 Regie: Josh Boone Drehbuch: Scott Neustadter, Michael H. Weber Kamera: Ben Richardson Darsteller: Shailene Woodley, Ansel Elgort, Laura Dern, Sam Trammell, Nat Wolff u.a. |
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Romantisch und doch ehrlich |
Kann man eine Romanze mit zwei krebskranken Teenagern drehen ohne dabei in unsägliche Untiefen des Kitsches zu versinken und ohne das Publikum mit penetrant tiefsinnigen Botschaften zu malträtieren? Sehr schwierig. Kann Hollywood solch einen Film mit zwei ausgerechnet aus dem flachen Sci-Fi-Blockbuster Die Bestimmung – Divergent bekannten hübschen Jungstars produzieren, ohne dass das Ergebnis zumindest das europäische Kinopublikum in Scharen aus dem Kinosaal flüchten lässt? Schier unmöglich. Doch der amerikanische Regisseur Josh Boone (Love Stories – Erste Lieben, Zweite Chancen) zeigt mit seinem zweiten Spielfilm Das Schicksal ist ein mieser Verräter – der Verfilmung des gleichnamigen Erfolgsromans von John Green – dass manchmal die Gesetze der Wahrscheinlichkeit tatsächlich ausgehebelt werden können. Das so etwas möglich ist, ist auch die stille Hoffnung der beiden krebskranken Protagonisten...
Die sechzehnjährige Hazel Grace Lancaster (Shailene Woodley) leidet an Schilddrüsenkrebs und hat in Folge eine angegriffene Lunge, weshalb sie immer einen Schlauch in der Nase stecken hat und ein Atmungsgerät mit sich herumträgt. Nur widerwillig lässt Hazel sich von ihrer Mutter (Laura Dern) zu einer Krebsselbsthilfegruppe bringen. Unter den dort anwesenden Teenagern befindet sich der an Knochenkrebs erkrankte Augustus 'Gus' Waters (Ansel Elgort). Dem charmanten Schönling sieht man sein Leiden nicht direkt an. Doch als Gus mit einem Lächeln sein Hosenbein hochzieht, wird eine Beinprothese sichtbar. Gus bemerkt nur lakonisch, dass er jetzt eine Art von Cyborg sei. Hazel und Gus fühlen sich schnell zueinander hingezogen. Doch im Gegensatz zu dem sehr offenen und sehr direkten Gus ist Hazel wesentlich zurückhaltender. Sie betrachtet sich als eine Todgeweihte und sieht, wie sehr bereits ihre Eltern wegen ihr mitleiden. Da fällt es Hazel schwer eine weitere Person in ihr Leben hineinzulassen. Aber der stets mit einer unangezündeten Zigarette im Mundwinkel herumlaufende Gus gibt so schnell nicht auf...
Josh Boones Das Schicksal ist ein mieser Verräter gelingt das Kunststück, die so ungewöhnliche, wie tragische Liebesgeschichte von Hazel und Gus auf derart ehrliche und zugleich romantische Art zu erzählen, dass man nicht anders kann, als diese Protagonisten gleich in sein Herz zu schließen und mit ihnen bis zum Schluss mitzufühlen und mitzufiebern. In diesem Film darf über Dinge gelacht und geweint werden, die normalerweise tief in unserer gesellschaftlichen Tabuzone vergraben sind. So hat Gus einen Freund mit Namen Isaac (Nat Wolff), den er ebenfalls in der Selbsthilfegruppe kennengelernt hat. Als Isaac nach einer Operation erblindet, macht seine Freundin per SMS mit ihm Schluss. Um sich zu rächen fährt Isaak gemeinsam mit Gus und Hazel zum Haus dieses Mädchens und bewirft ihr schickes Auto mit Eiern. Dabei müssen Gus und Hazel Anweisungen geben, da Isaak zunächst vorbei wirft. – Schließlich ist er ja blind! Das ist schreiend komisch und zugleich derart bitter, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Die Szene ist symptomatisch dafür, wie diese Geschichte erzählt ist. Hier gibt es keine falsche Betroffenheit und keine manipulativen Tränendrüsendrücker. Das Schicksal ist ein mieser Verräter ist wunderbar bittersüß.
Die beiden jungen Schauspieler Ansel Elgort und Shailene Woodley vermögen als Gus und Hazel den Film durch alle Höhen und Tiefen hinweg zu tragen. Was für ein Unterschied zu ihren Rollen in Die Bestimmung – Divergent, in dem sie Bruder und Schwester spielten! In jenem in der Retorte entstandenen Film – übrigens ebenfalls eine 'Literatur'-Verfilmung – ist Shailene Woodley in der Hauptrolle zwar sexy, aber auch nicht mehr. Und Ansel Elgort ist in Divergent schlicht gutmütig und naiv. Dies beweist, dass große Schauspieltalente auch einen entsprechenden Stoff benötigen, um zu zeigen, was in ihnen steckt.
Die in Das Schicksal ist ein mieser Verräter Hazels Mutter spielende Laura Dern musste auch erst auf David Lynch stoßen, um zu zeigen, dass sie eine wirklich gute Schauspielerin ist. In Lynchs Psycho-Noir Blue Velvet (1986) spielte Laura Dern selbst noch den abenteuerlustigen Teenager in der amerikanischen Provinz, der sich von seinen kleinbürgerlichen Eltern freimachen muss. Auch sie wurde dabei von einem wagemutigen Freund zum großen Schritt in das Unbekannte animiert. In Das Schicksal ist ein mieser Verräter ist nun Laura Dern die überfürsorgliche Mutter, gegen die sich die Tochter durchsetzen muss, wenn jene noch etwas in ihrem Leben erleben will. So zeigt sich, wie schnell die Zeit vergeht. – Eine Empfindung, die aufgrund ihrer Krankheit auch Hazel und Gus für ihr Alter bereits viel zu sehr vertraut ist.
Zugleich offenbart sich an dieser Stelle eine der positiven Botschaften des Films: Angesicht der Endlichkeit ihres Lebens versuchen Gus und Hazel jeden Moment bewusst zu erleben und zu genießen, solange sie dies noch können. So zeigt sich, dass das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit dem eigenen Leben erst Sinn und Tiefe gibt.