USA 2001 · 113 min. · FSK: ab 6 Regie: Bobby Farrelly, Peter Farrelly Drehbuch: Sean Moynihan, Peter Farrelly, Bobby Farrelly Kamera: Russell Carpenter Darsteller: Gwyneth Paltrow, Jack Black, Jason Alexander, Joe Viterelli u.a. |
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Durch dick und dünn mit G. Paltrow |
Wer die Karriere der Farrelly Brüder gewissenhaft verfolgt hat, der konnte spätestens nach Kingpin (ihrem bisher besten und immer noch unterschätzten Film) erkennen, dass sie tief im Herzen echte Menschenfreunde sind. Ihr viel kritisierter Umgang mit Randgruppen (vor allem mit Behinderten) war trotz aller Zotten und derber Späße immer bestimmt von der echten Sympathie für diese Menschen. Mit ihrem aktuellen Film Schwer verliebt gehen die beiden Brüder in ihrem Mitgefühl für die von der Gesellschaft ausgeschlossenen aber einen Schritt zu weit. Sie werden zu Gutmenschen.
Der Film beginnt – wie meistens bei den Farrellys – mit einem Trauma aus der Jugend. Hal (gespielt von Jack Black) steht als Kind am Sterbebett seines Vaters, der ihm aufträgt, sich nie mit dem Mittelmäßigen zufrieden zu geben, sondern immer nach dem Besten zu streben. Vor allem auf einem Gebiet soll Hal diesen Rat bzw. diese Anweisung (oder wie sich später herausstellt, diesen Fluch) beherzigen; bei den Frauen. Tatsächlich verinnerlicht er die Worte seines Vaters so sehr, dass er als Erwachsener nur Interesse an (für ihn) unerreichbaren Schönheiten mit perfektem Körper zeigen kann. Sein vollkommenes Desinteresse am Charakter der Frauen, trägt ihm bald den Ruf ein, er sei oberflächlich. Er ist nun einmal 'shallow Hal'.
Erst die eher zufällige Hypnose durch einen Personality-Guru bringt Wandel in sein Leben. Von nun an sieht er nur die innere Schönheit eines Menschen, weshalb selbst die häßlichsten Frauen vor seinen Augen zu Top-Modells werden, sofern sie nur einen wirklich guten Charakter haben. Prompt verliebt sich Hal in Rosemary, die zwar ein Herz aus Gold hat, dieses Herz aber mit 150 Kilo Körpermasse umgibt. Für Hal erscheint sie jedoch in der zierlichen Gestalt von Gwyneth Paltrow, woraus sich zwangsläufig skurrile Missverständnisse und vermeintlich komische Verwicklungen ergeben.
Diese Konstellation wäre grundsätzlich eine gute Basis für eine bissige Komödie über das in mancher Hinsicht gestörte Verhältnis der Amerikaner zu ihrem Körper. Doch die Gutmenschen Farrelly haben etwas ganz anderes im Sinn. Sie haben eine Botschaft, ein Anliegen, sie plädieren für Toleranz und offensichtlich wollen sie nicht nur ihre Hauptfigur Hal, sondern auch sich selbst vom Vorwurf der Oberflächlichkeit befreien.
Um den Film nicht an den falschen Maßstäben zu messen, muss man vorab feststellen, dass Schwer verliebt nur wenig mit den bisherigen Filmen der Farrellys zu tun hat, sondern eigentlich eine typische romantische Komödie, wie man sie sonst z.B. von Garry Marshall kennt, ist. Nur dumm, dass die Farrellys nicht voll und ganz von ihren derben Späßen lassen können, weshalb ein diffuser Zwitter entsteht, der nicht Fisch und nicht Fleisch ist. Welche Zuschauergruppe sich der Film wünscht, ist rätselhaft, da Kinobesucher, die sowohl Me, Mysele & Irene als auch Runaway Bride gut finden, eher selten sind.
Könnte man wegen dieser Genre-Unentschlossenheit vielleicht noch ein Auge zudrücken, so kommt man an der unverhohlenen Penetranz, mit der man hier moralisch belehrt wird, nicht vorbei. Die knappe und durchaus löbliche Botschaft, dass man Menschen nicht nur nach Äußerlichkeiten beurteilen soll, wird riesenhaft aufgebläht und erdrückt so den ganzen Film. Die witzigen Szenen (die ja der eigentliche Grund sind, warum man sich eine Komödie ansieht) werden beiläufig abgehandelt, um nur schnell zum nächsten endlosen (und keineswegs lustigen) Gespräch über innere und äußere Schönheit zu gelangen.
Dieses ständige Moralisieren und Belehren wirkt fast so, als ob die Farrellys für ihre bisherigen Verstöße gegen den sogenannten guten Geschmack Buße tun wollten und nun zu beweisen versuchen, dass sie nicht nur einen oberflächlichen Humor unterhalb der Gürtellinie beherrschen, sondern auch geistreich und gesellschaftskritsch unterhalten können.
Paradoxerweise bedienen sie mit ihrem heldenhaften Lobgesang auf die Schwachen, Ausgeschlossenen und Ausgestoßenen gerade das
Phänomen, gegen das sie in den Jahren zuvor so konsequent verstoßen haben; sie werden zu politisch Überkorrekten.
Dabei sind die Mittel, mit denen die Farrellys ihre Botschaft transportieren, mehr als zweifelhaft. In einem Film den allgemeinen Schönheitswahn anzuprangern, ist eine Sache. Den selben Film dann aber mit zahllosen Sexbomben zu spicken und allen voran auf die Attraktivität von (einer meist knapp bekleideten) Gwyneth Paltrow zu bauen, ist schon irgendwie schizophren.
Beinahe zynisch wird es, wenn man bedenkt, dass ausgerechnet Gwyneth Paltrow, die hier eine 150 Kilo-Frau
spielt, ständig vom Gerücht der Magersucht umgeben ist (die gleiche Situation gab es vor kurzem schon mit Julia Roberts, die einige übergewichtigen Szenen in America’s Sweethearts hatte).
Die Farrellys sehen da scheinbar keinen Widerspruch und kritisieren bzw. karikieren weder die Torturen, die viele Menschen auf sich nehmen, um einen gesellschaftlich akzeptierten Idealkörper zu bekommen,
noch die Selbstverständlichkeit, mit der die Amerikaner selbst extremes Übergewicht als normal ansehen und man solche Probleme »löst«, indem man z.B. U-Bahn- und Kinositze verbreitert oder Stühle in Restaurants verstärkt.
So verschenken die Farrellys jede Möglichkeit auf einen satirischen Seitenhieb und pendeln zwischen solide inszeniertem Mittelmaß, gnadenlosem Gefühlskitsch, leidlich witzigen Gags (ein anderes Wort passt hier wirklich nicht) und moralinsaurem Gutmenschentum. Die Handlung wirkt dabei konstruiert und ist zu offensichtlich, um irgendwelche Momente der Überraschung oder Spannung zu bieten.
Unter solchen Voraussetzungen haben auch die hier versammelten (und ansonsten ganz
begabten) Schauspieler wenig Möglichkeit wirklich zu überzeugen.
Apropos Schauspieler. Dass Gwyneth Paltrow nach Cameron Diaz und Renee Zellweger nun schon die dritte attraktive Blondine in Folge ist, die die Hauptrolle in einem Farrelly Film spielt, legt den Schluß nahm, dass die beiden Brüder an einer ähnlichen Fixierung wie Hal leiden. Ob sie, wie ihre Hauptfigur, nach diesem Film von ihrer Leidenschaft für schöne Frauen geheilt sind, wird sich zeigen.
Darauf hoffen sollte man nicht, denn als die Farrellys ihre kruden Obsessionen noch ganz
ungeniert auf der Leinwand auslebten, schufen sie zumindest einige außergewöhnlich unterhaltsame Komödien. Ihr Versuch, mit dem vorliegenden Film »anständig« zu werden, langweilt dagegen über weite Strecken. Vielleicht muss man aber auch nur hypnotisiert sein, um die wahre innere Schönheit von Schwer verliebt zu erkennen.