Deutschland 1921 · 84 min. Regie: F.W. Murnau Drehbuch: Carl Mayer Kamera: Fritz Arno Wagner Darsteller: Olga Tschechowa, Arnold Korff, Lulu Kyser-Korff, Lothar Mehnert u.a. |
Es gibt nicht viel Schöneres als den für diese Jahreszeit zu kühlen frühen Sonntagabend im Filmmuseum bei einem Stummfilm mit Pianobegleitung zu beginnen. Auf dem Programm stand Schloß Vogeloed (1921), ein früher und wenig bekannter Film F.W. Murnaus (Der brennende Acker, Tabu, Faust), realisiert nach einem Drehbuch von Carl Mayer (Caligari, Der letzte Mann).
Mayer lieferte einen sich dem Zuschauer erst spät erschließenden Plot: In einem abgelegenen Landschloß trifft sich eine Gesellschaft zur Jagd. Uneingeladen findet sich auch Graf Oetsch ein, der von den Jagdgenossen wegen einem nicht nachgewiesenem Brudermord gemieden wird. Mittels Rückblenden können wir uns ein Bild von dem Ermordeten machen und erfahren, daß dessen Ehe nicht so glücklich verlief, wie anfangs angenommen: Während der Mann immer weiter vergeistigt, beschwört seine Frau, sozusagen als Ausgleich, das Böse herauf: »Ich möchte etwas Böses sehen, etwas ganz Böses,...einen Mord!« Dieser Wunsch findet daraufhin seine Durchführung mittels einem der Frau zugetanen Freund des Mannes. Durch eine List gelingt es dem Grafen Oetsch später, seine Unschuld unter Beweis zu stellen, seine Ehre wiederzuerlangen und den richtigen Mörder in den Tod zu treiben.
Leider kann dieses Frühwerk nicht in die Galerie der Meisterwerke Murnaus und Mayers eingereiht werden. Der Plot ist nicht stark genug, die Regie orientiert sich noch zu sehr an das Theater Max Reinhards. Dennoch, es finden sich bereits Vorgriffe auf den ein Jahr später entstandenen Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens. In Schloß Vogeloed ist das Böse nur noch nicht greifbar.
An Erstaunlichsten an diesem Abend war die Qualität der Kopie: Sie stammte aus dem Archiv der Gosfilmofond Moskau, schien vollständig und in ihrer Bildqualität so klar als würden wir der Uraufführung 1921 beiwohnen. Leider gab sich das Münchner Filmmuseum scheinbar nicht die größte Mühe bei der Gestaltung der neu eingesetzten Zwischentitel. Hier wäre mehr Feingefühl zu erwarten gewesen.
Großes Lob an Aljoscha Zimmermann, der die Musik zu Schloß Vogeloed neu komponierte und an diesem Abend uraufführte.
Es bleibt zu hoffen, daß dem Filmmuseum auch im Sommer bei schönerem Wetter das Publikum zu diesem Programm so zahlreich erhalten bleibt.
P.S.: Leider kann der Autor nicht auf den Vergleich mit der Tonfilmfassung Max Orbals von 1936 eingehen, da er diesen Termin um 18.00 Uhr ungesehen verstreichen ließ. Es sei ihm zu verzeihen.