USA 2003 · 141 min. · FSK: ab 6 Regie: Gary Ross Drehbuch: Gary Ross Kamera: John Schwartzman Darsteller: Tobey Maguire, Jeff Bridges, Chris Cooper, Elizabeth Banks u.a. |
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Ja, wo laufen sie denn? |
Eine Sportlegende aus jenen leider vergangenen Zeiten, als es unschuldige Sportlegenden noch geben konnte. Im Zentrum: Ein Pferd unter Millionen in den USA. Eher in schlechtem Zustand. Andere hätten es erschossen, und in den Jahren der »Großen Depression«, als in Nordamerika nicht wenige Menschen Hunger litten, zu Dosenwurst verarbeitet. Aber drei Männer, die der Zufall zusammenführte, sein Besitzer Charles Howard (wunderbar: Jeff Bridges), der Trainer Tom Smith (ausgezeichnet, und immer noch unterschätzt: Chris Cooper), und der Jockey Red Pollard (hervorragend: Tobey Maguire), entdeckten und förderten die verborgenen Qualitäten von Seabiscuit, so sein Name, und machten aus dem Durchschnittsgaul das berühmteste Rennpferd der 30er Jahre – eine bis heute bezaubernde, erstaunlich reine Variante des american dream.
Der Sachbuchbestseller von Laura Hillenbrand erzählte diese Geschichte, und auf ihm basiert nun der Film Seabiscuit, das erste Werk von Regisseur Gary Ross, seit seinem Überraschungserfolg mit der TV-Satire Pleasantville.
Wie dieser Film ist auch Seabiscuit zunächst einmal nostalgisch. Das Pferd und seine Karriere werden zur pathosgetränkten Metapher für den Wiederaufstieg der Roosevelt-Ära, als sich die USA aus den Niederungen der Depression erhoben: »Happy days are here again« lautete das Motto der Epoche. Und der Erfolg des Pferdes aus dem Nichts schien zu beweisen, dass Erfolg auch gegen alle Vorzeichen und Widerstände noch für den größten Outsider möglich ist. Tatsächlich ist der Film ein Stück guter, dabei unterhaltsamer Geschichtsunterricht auch für jene, die nichts über die US-Geschichte vor dem Zweiten Weltkrieg wissen. Denn der Film geht über warmherzige Nostalgie hinaus, zeigt auch viele Schattenseiten der Epoche, und ist daher wahrhaftig, ohne sich in ein tristes Sozialdrama zu verwandeln.
Im Zentrum bleibt der Mythos, und so muss es auch sein, wenn man nicht nur dokumentieren will. Seabiscuit besitzt die klassische Struktur eines Sportsfilms: Einführung der Figuren, ihre unmögliche Aufgabe, erste Erfolge, Vorbereitung auf den großen Wettkampf, Rückschläge und Katharsis, Sieg in letzter Sekunde, Happy End. Man sieht das gern, weil es mit einem wunderbaren Darstellerensemble, geschmackvoll, und wie gesagt wahrhaftig erzählt ist. Der Film verzichtet auf allen hier sehr naheliegenden Pferdekitsch: keine großen braunen Augen wissen mehr, als je ein Mensch zu fragen wagte, und kein Reiter flüstert dem armen Tier in der Nacht vor der Schlacht etwas ins Ohr – dafür bietet Seabiscuit atemberaubende Sportaufnahmen, die, nah und dynamisch, einem den Eindruck geben, schier mitzureiten, ein Gefühl auch für die Gefahren und Schwierigkeiten des Pferderennsports.