USA 2001 · 108 min. · FSK: ab 12 Regie: Edward Burns Drehbuch: Edward Burns Kamera: Frank Prinzi Darsteller: Edward Burns, Rosario Dawson, Heather Graham, David Krunholtz u.a. |
Tommy, ein TV-Autor wird von seiner Freundin herausgeschmissen. Aber es dauert nicht lang, da bandelt er mit einer Neuen an: Maria ist Lehrerin in einer Privatschule für reiche Kinder. Aber auch Annie, die Immobilienmaklerin, die ihm in New York ein neues Loft besorgen soll, ist zwar verheiratet und etwas hochnäsig, aber doch ziemlich nett. Zuhause ist sie unglücklich. Griffin, ihr Mann, ein Zahnarzt, ist eine ziemliche idiotische Nervensäge, außerdem geht er fremd, was Annie zwar nicht weiß, aber spürt. Seine Affaire heißt Ashley, ist eine 19jährige Studentin, die nebenbei in einem Café jobbt. Dort wird sie eines Tages von Benjamin angequatscht. Er ist der Ex-Mann von Maria...
Ein Reigen aus dem New York von heute. Er dreht sich um Liebe, Sex und vor allem die Suche nach Glück. Und was macht glücklich? Offenbar vor allem das Eine. Über dieses Eine wird in der Komödie Sidewalks Of New York (so hieß schon ein Buster-Keaton-Film in den 20er Jahren) pausenlos gequasselt. Ein ungewöhnlicher Film. Ziemlich oft fühlt man sich in die Akademikerabendessen eines Woody-Allen-Films versetzt, manchmal allerdings auch ins Schlafzimmer der TV-Serie Sex and the City. Vor mehr als fünf Jahren war Edward Burns die große Überraschung der Saison. The Brothers McMullen hieß sein Erstlingsfilm, der prompt in Sundance gewann und 40-mal mehr verdiente, als er gekostet hatte. Auch She’s the One war ein Erfolg.
Die witzige Thrirtysomething-Komödie Sidewalks Of New York bewegt sich in diesen Fußstapfen. Man begleitet sechs New Yorker Menschen, bürgerlich, gutverdienend, aber ohne Yuppie-Allüren durch ihr Beziehungsdasein, erlebt Trennungen und Versöhnungen, plötzliche Faszination und langsames Abkühlen, und das dauernde Nachdenken über diese Dinge – die kleinen Spuren der Gefühle im Alltag. Liebe an der Arbeit. Gegliedert ist das Ganze durch regelmäßige Statements und Selbstbefragungen der Hauptfiguren, die in Art eines Dokumentarfilms gezeigt werden. Sie sorgen, wie auch die unaufdringlich-elegante Handkamera von Frank Prizzi für angenehme Distanz.
So überwiegt bei aller Gefühlshektik der Eindruck von Gelassenheit, mit dem dieser sensible, ruhige Film mit ironischem Blick den Wegen seiner Akteure durch immer neue (Liebes)-Wirrungen folgt. Regisseur Edward Burns, und wir mit ihm, zweifelt an dem großen, wenn auch fruchtbaren Irrtum der europäischen Romantik, dass es nämlich so etwas gäbe wie »die« eine »Liebe des Lebens«, die man eben nur finden, und im richtigen Moment halten muss. Sein Film verfolgt die vielen kleinen Zufälle, die tatsächlich entscheiden, wer zu wem gehört, wer sich verfehlt, und wer sein Leben miteinander teilt. Da ist Burns ganz Amerikaner, der die Mobilität und Freiheit des dortigen Daseins und die Weite des Raumes auch für die Menschen und ihre Gefühle gelten lässt. Vieles ist eben Zufall, und wenn A nicht zu spät gekommen wäre, hätte er B nicht getroffen, und sich nicht von C getrennt, usf. ...
Obwohl er deren strenge Dramaturgie vermeidet, erinnert Burns Film damit auch an Geschichten, die wir vor allem von den Franzosen kennen, etwa von André Techiné und Eric Rohmer: Skeptisch, kühl, unaufdringlich, dabei ganz leidenschaftlich in seiner Liebe zum Leben, wie es tatsächlich ist, und die Menschen die es führen – wie man dies in Amerika nur bei Robert Altman findet. Auch im Verzicht auf ein billiges Happy End ähnelt Burns den Europäern mehr als seinen Landsleuten. Der Witz dieser Komödie liegt aber nicht zuletzt im Geschick des Regisseurs, eine Situation mit schnellen Schritten voranzutreiben. Wieder einmal tritt er in nicht weniger als vier Funktionen gleichzeitig auf: als Regisseur, Drehbuchautor, Mitproduzent, und in einer Hauptrolle. Mit Stanley Tucci, Heather Graham, David Krumbholtz und Brittany Murphy hat er exzellente Schauspielpartner.
Mit dieser Handvoll Menschen, die gerade so erwachsen sind, dass es Zeit wird, etwas zu unternehmen, wenn man die Dinge noch ändern will, hat man am Ende gelernt: Die wahre Gefahr lauert unter der Oberfläche des Alltäglichen. Dass alles ganz anders wird, und ebenso, dass alles so bleibt, wie es ist.