Sommer in Orange

Deutschland 2011 · 110 min. · FSK: ab 12
Regie: Marcus H. Rosenmüller
Drehbuch:
Kamera: Stefan Biebl
Darsteller: Petra Schmidt-Schaller, Amber Bongard, Bettina Mittendorfer, Béla Baumann, Oliver Korittke u.a.
Die haben aber Angst, die depperten Dorfbewohner!

Wenn ich groß bin, werde ich ein Spießer

Stille Tage im Klischee – Marcus H. Rosen­müller lässt kreuz­bieder ein paar »New-Age«-Kinder vom alten Bayern kurieren

West­deutsch­land um 1980 – eine Handvoll Mitglieder von Bhagwan-Anhängern fährt in einer knall­or­an­genen Ente von Berlin aufs Dorf Talbichl nach Ober­bayern. In einem alten Bauern­haus soll ein Ashram-Thera­pie­zen­trum entstehen. Es kommt zum Kultur­clash mit den Einhei­mi­schen, und dies liefert Stoff für eine schlicht gestrickte, aber kurz­wei­lige Komödie. Die lebt vor allem davon, dass sich Regisseur Marcus H. Rosen­müller (Wer früher stirbt ist länger tot) nicht viel mit feinen Unter­schieden aufhält: Seine Ober­bayern sind fast alle so, wie man sich jenseits des Weiß­wurs­täqua­tors die typischen Bayern vorstellt: Fleisch­fres­sende und bier­sau­fende, CSU-wählende und papst­gläu­bige, bornierte Leder­ho­sen­träger. Aber auch die Sannyasin sind ein einziges Klischee in Orange. Depperte Nichts­tuer, die kiffen, von Spiri­tua­lität und freier Liebe faseln, aber so entspannt im Hier und Jetzt faulenzen, dass sie ihre Kinder vernach­läs­sigen, und eigent­lich Spießbürger unter der Hippie-Maske sind. Damit diese konser­va­tive Botschaft auch keiner überhört, wird sie von einer Neben­figur irgend­wann auch ausge­spro­chen: »Ihr seid ja spießiger als das ganze Dorf.«

Die beiden Kommu­n­en­kinder stehen im Zentrum, sind die Erzähler und Helden des Films, und die einzigen Figuren, die Rosen­müller nicht nur als fahle Abzieh­bilder zeichnet: Lili (großartig und hellwach gespielt von Amber Bongard, die schon fast ein Profi-Kinder­star ist) und Fabian (Bela Baumann). Damit ist aller­dings auch der Erzähl­hal­tung des Films eine naive, kindliche Perspek­tive eigen, die zudem noch durch Sehnsucht nach einer Norma­lität geprägt ist, die für sie ungewohnt ist, für die große Mehrheit der Zuschauer aber gerade höchst konven­tio­nell. Wie in jener Werbung, in der ein Sohn zum Vater sagt: »Wenn ich groß bin, will ich Spießer werden« wünschen sie sich nichts mehr, als eine heile Familie. Auch dagegen wäre nichts zu sagen, würde der Film seine beiden Milieus – Bayern und Baghwan – wirklich gleich behandeln, und uns mit ähnlicher Sorgfalt erzählen, dass auch in manchen tradi­tio­nellen, trach­ten­tra­genden Familien der Haussegen schief­hängt. Das passiert aber nicht. Von den Hippies lernen die Bayern allen­falls ein bisschen Tantra-Sex.

Der Humor, der in guten Komödien – man muss dafür nicht an Ernst Lubitsch und Billy Wilder erinnern, Heinz Ehrhardt und der soebene verstor­bene Loriot genügen auch – immer auch ein bisschen selbst­kri­tisch und subversiv ist, nie nur eine Bestä­ti­gung von Mehr­heits­an­sichten, ist im Fall Rosen­mül­lers kreuzbrav und angepasst. Man kommt gar nicht dazu, die Figuren ernst zu nehmen – daher erinnert alles ans Komö­dien­stadl. Dabei ist es so einfach und billig, sich über die Esoterik-Szene der achtziger Jahre lustig zu machen. Nein, Sommer In Orange ist kein ganz schlechter Film. Es ist nur auch kein guter.