Frankreich/DK 2008 · 90 min. · FSK: - Regie: Juliette Garcias Drehbuch: Juliette Garcias Kamera: Julien Hirsch Darsteller: Anaïs Demoustier, Bruno Todeschini, Nade Dieu, Alexandra Fleischer u.a. |
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Komplizierte Verhältnisse |
Der französichen Cutterin Julliette Garcias ist es in ihrem Debütfilm Sois sage (zu deutsch: Sei artig) gelungen, einen Film mit einer sehr großen Tiefenwirkung zu schaffen und psychologisch sowie soziologisch sehr heikle Fragen aufzuwerfen.
Der Film beginnt mit poetischen Bildern, in denen bereits in den ersten Momenten eine zwiespältige Ästhetik zu spüren ist: sie werden begleitet von einem ursprünglich harmonischen Klavierstück, das sich immer mehr in Dissonancen auflöst und sich in eine Art Tinitusgeräusch verwandelt. Dies ist der innere Zustand dieser Welt der schönen Bilder, so scheint es, in der eine junge Frau mit einer geheimnissvollen, quälenden Liebe überfüllt ist. Die Liebe zu einem Mann bringt die 20-Jährige Ève (Ana?s Demoustier) in ein entlegenes Dorf. Dort nimmt sie den Job als Brotlieferantin an. Sie tut es, um dem um einiges älteren Jean (Bruno Todeschini) näher zu sein, mit dem sie ein schwärmerisches Verhältnis verbindet. Jean hat Frau und Kind, und dennoch nähert sich die junge Verliebte immer mehr seinem Leben.
Der Film wird in sehr starken Bildern voller Emotionen erzählt, in denen immer wieder auch erotische Konnotation spürbar werden. Durch langsame Aufnahmen lädt sich der Film mit einer untergründigen, unheimlichen Spannung auf: Man wartet auf den Psychothrill. Währenddessen nimmt die poetische Darstellung der Gegenstände in langen Nahaufnahmen einen beachtlichen Teil des Films ein und wirkt wie ein Sog auf den Zuschauer, der sie immer tiefer ins Geschehen hineinzieht. Durch die Nahaufnahmen von spielenden Händen, Backen von Brot aber auch Tiercadaver und Weinschnecken werden synästhetische Reize erzeugt, der Zuschauer in die Gefühlswelt der Protagonistin fast mit Gewalt eingebunden. Besonders ein Blinder, der die Weinbergschnecken sortiert, hat stark symbolische Natur, die im Film an mehreren Stellen eine große Rolle spielt: Er ist Symbol für die sensualistische Weltwahrnehmung – »ich fühle also bin ich«. Genau das versucht die Protagonistin: über die Empfindungen sich wiederzufinden und vielleicht sich neu zu definieren.