Niederlande 1998 · 115 min. · FSK: ab 12 Regie: Stijn Coninx Drehbuch: Jean van de Velde, Heleen van der Laan Kamera: Theo Bierkens Darsteller: Francesca Vanthielen, Joachim Król, Rick Engelkes, Reidar Sørensen u.a. |
Eine der schwierigsten Aufgaben für einen Regisseur ist es seinen Film mit »nur« drei Protagonisten zu gestalten. Wobei in Die Stunde des Lichts einer der Hauptdarsteller, die norwegische Inselgruppe Spitzbergen, sicher die meisten Starallüren aufwies und mit Naturgewalt den Rythmus der Aufnahmen bestimmte. Bleiben für den belgischen Regisseur Stijn Coninx noch Joachim Król, als einfältiger Trapper Lars, und die Belgierin Francesca Vanthielen, die die junge, abenteuerlustige Studentin Ellen spielt.
Inmitten der Einöde von Schnee und Eis treffen diese zwei Charaktere aufeinander und Seehunde, Eisbären und Schlittenhunde unterstreichen die exotischen Lebensbedingungen des Nordens. Naturlandschaften als Protagonisten im Film finden sich heute nicht mehr viele – im Gegensatz zum Beginn der europäischen Filmgeschichte, insbesondere in Skandinavien, als die Natur nicht nur als Stimmungsbild fungierte, sondern auch zum Hauptdarsteller avancierte.
Coninx verläßt sich auf die Gegenwart als temporalen Rahmen der Geschichte. Über die Vergangenheit seiner Figuren gibt er wenig preis und grenzt sie damit in ihren Ausdrucksmöglichkeiten ein. Ellen und Lars scheinen aus dem Stand zu agieren. Dadurch wirkt Ellen wie ein verzogenes Stadtkind und Lars wird zum beschränkten Naturkind. Andeutungen, die den Figuren einen komplexeren Background verschaffen, werden nicht weitergeführt. Genausowenig kann es den Schauspielern gelingen ihren Figuren einen Tiefe zu geben, die auch glaubwürdig wirkt. Zu gegensätzlich und eindimensional werden sie gezeichnet. Da hilft auch die innere Stimme von Ellen nichts, die über ihr Seelenleben im Off Auskunft gibt. Ein semi-dokumentarischer Stil hätte diesem Film sicher mehr Substanz gegeben. Die Eiskulisse greift dekorativ ein und bestimmt oberflächlich einige Ereignisse im Beziehungsverlauf, aber hinter jeder Szene wird das Drehbuch spürbar. Dadurch flacht die langsame Entwicklung der Liebesgeschichte in ihrer Intensität ab.
Joachim Król, als Lars, hat hier wieder eine schrullige Rolle. Kròl, eines der wenigen interessanten Gesichter in der deutschen Kinolandschaft, wirkt schwerfällig genügsam und dadurch zu glatt, um spannend zu sein. Ein bißchen mehr Bruch in dieser glatten Figur wäre ergiebiger gewesen, sonst wird man austauschbar. Francesca Vanthielen als Ellen dagegen ist nur jung, hübsch, intelligent und verzogen. Vor allem Letzteres. Insgesamt scheint es, als ob nichts fraglich sein darf. Dabei fängt die Fragestellung schon an der Basis an. Warum lebt ein Mann wie Lars in dieser Eiswüste? Nur weil er in der Stadt ein anonymer Mitbürger ist und draußen in Spitzbergen einer der wenigen Trapper, die es noch gibt?! Coninx wird im Presseheft zu der Auswahl des Drehorts zitiert: »Gerade die absolut verlassene Gegend rechtfertigte den Aufwand. Darum drehte sich alles um die Beziehung zwischen Lars und Ellen. Es gibt dort keine Bäume, keine Straßen, keinen Streß, keinen Handel, nichts.« Nur, ohne die Landschaft von Spitzbergen wäre der Film über die Beziehung zwischen Lars und Ellen einfach nur langweilig gewesen.