Deutschland 1999 · 91 min. · FSK: ab 12 Regie: Sönke Wortmann Drehbuch: Frank Göhre Kamera: Tom Fährmann Darsteller: Benno Führmann, Armin Rohde, Oliver Stokowski, Florian Lukas u.a. |
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Mit dem Taxi durch die Nacht |
Bei St.Pauli denkt man natürlich als erstes an die Reeperbahn. Auch Regisseur Sönke Wortmann hat daran als erstes gedacht, und danach nicht mehr an viel anderes. Außerdem hat er sich noch Dieter Wedels TV-Vierteiler Der König von St. Pauli ein paar Mal auf dem heimischen Videorecorder angeguckt und das war es dann. Die plumpesten Klischees aus Wedels mäßigem Strich-Epos pickte er heraus und drehte sie mit seinen eigenen eher bescheidenen kiezromantischen Phantasien durch den Regiewolf. Dazu noch eine Prise Hans Albers, La Paloma und so, Freddy Quinn (von wg. Goodbye Johnny) und Schluß. Ach ja, da waren dann noch diese Amerikaner, die jetzt ey voll cool, echt – Ballerfilme machen, die sogar den Kritikern gefallen. Und noch dieser, wie hieß er doch gleich, Short Cuts.
Wortmanns St. Pauli Nacht zeigt, was herauskommt, wenn einer Robert Altmann nicht verstanden hat. Wenn ein Regisseur glaubt, es genüge, nur ein paar beliebige Geschichten möglichst konfus miteinander zu vermixen, ab und an »wilde« Kamerafahrten und Bilder hinzuzuschneiden, Musik drüberzudröhnen und schon hätte man eine Kreuzung aus Altmans Short Cuts und Pulp Fiction von Tarantino. Doch das tatsächliche Ergebnis ist ein Bastard, ein stammelnder Film-Caliban, kaum lebensfähig und jedenfalls denkbar weit entfernt von aller Filmkunst.
Wenn es wenigstens unterhaltend wäre. Aber St. Pauli Nacht ist hochgradig öde. Gähnend räkelt man sich im Sessel, und hofft, es möge bald zuende sein. Denn die ganzen Beziehungshändel von Johnny, Ulrike, Stefanie, Peter, Dorit, Sven, Wolfgang, Manfred usw. usw. interessieren den Zuschauer einen feuchten Wasauchimmer.
Der Film hat seine Momente, gewiß, und wenn es einen Grund gibt, sich St. Pauli Nacht doch anzusehen, dann ist es Armin Rohdes Auftritt als Amokläufer. Aber der Rest, Inszenierung und Drehbuch des Film sind es hilft alles nichts – amateurhaft, unauthentisch, ohne Stilgefühl. So illustriert St. Pauli Nacht ganz gut, woran es hapert im deutschen Kino: an Glaubwürdigkeit.
Jetzt werden wieder die anderen Schuld sein. Allen voran die Kritiker, die unvermögend oder gar aus Bosheit dem Genie auf dem Regiestuhl nicht das nötige Verständnis entgegenbringen. Und die das orientierungslose Publikum in die Irre führen, wie schon bei Das Superweib und Der Campus. Nur Sönke Wortmann hat wieder einmal alles richtig gemacht.