Deutschland/Kenia 2018 · 74 min. · FSK: ab 6 Regie: Likarion Wainaina Drehbuch: Mugambi Nthiga, Silas Miami, Wanjeri Gakuru, Kamau Wandung'u Kamera: Enos Olik, Volker Tittel Darsteller: Stycie Waweru, Marrianne Nungo, Nyawara Ndambia, Johnson Gitau Chege, Humphrey Maina u.a. |
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Fremde erfahrbar machen |
Wer sich wundern sollte, dass innerhalb weniger Wochen nach dem tollen Rafiki von Wanuri Kahiu gleich ein zweiter Film aus Kenia in die deutschen Kinos kommt, braucht sich nicht zu wundern. Denn Safaris und Traumstrände mögen vielleicht immer noch die erste Assoziation mit Kenia sein, doch im Grunde sind das inzwischen Randerscheinungen, wächst im Herzen des Landes, im Ballungsraum Nairobi, nicht nur seit Jahren ein informationstechnologischer Hub, sondern geht damit auch eine explodierende Kulturszene einher.
Davon profitiert nicht nur die bildende Kunst, die über großartige Locations wie das GoDown Arts Center, das Nairobi Railway Museum Art Gallery & Centre oder die Circle Art Gallery verfügt, sondern auch der Film. Ursprünglich auf Low Budget-Produktionen aus dem Downtown-Substrat der legendären Riverwood-Studios gespeist, hat sich die Filmszene durch Projekte wie den NRB BUS , die Docubox und das Engagement von Produzenten wie Rushlake Media oder TomTykwers und Marie Steinmann-Tykwers One Fine Day Films stark diversifiziert.
Auch Likarion Wainainas Supa Modo ist von Rushlake Media mitproduziert und über ein Workshop-Projekt von One Fine Day Films gefördert worden und hat seit seiner Premiere in der Kinderfilmsektion »Generationen KPlus« der 68. Berlinale und dem Gewinn des ECFA-Preis für den besten europäischen Kinderfilm noch zahlreiche andere Festivalpreise gewinnen können. Und das zu Recht, denn Wainainas Supa Modo gelingt das, was nur wenigen Kinderfilmen gelingt: eine Geschichte für Erwachsene und Kinder gleichermaßen aufregend zu erzählen und eine Realität zu schildern, die zwar explizit indigen und damit fremd für uns ist, aber an Universalien anknüpft, die diese Fremde für uns erfahrbar macht.
Wainana braucht dafür gar nicht einmal viel Geschichte und noch weniger Kulissen, denn seine Hauptprotagonistin, die 9-jährige Jo (Stycie Waweru) lebt in einem kleinen Kikuyu-Dorf, so wie es in Kenia Tausende gibt. Ein paar Läden, ein kleines Blechhütten-Videokino, eine Grundschule und im nächstgrößeren Ort auch ein Krankenhaus, in dem Jo immer wieder untersucht wird, bis klar wird, dass sie in Kürze an einer unheilbaren Krankheit sterben wird. Als begeisterte Kinogängerin des kleinen Kinos in ihrem Dorf, in dem vornehmlich Superheldenfilme in grottigster Qualität gezeigt werden, weiß sie sich im Team mit ihrer älteren Schwester jedoch zu helfen und beginnt damit, ihren eigenen Superheldenfilm zu inszenieren.
Wainana schildert diese Entwicklung mit einer genauen, sehr empathischen Kamera, die sich überraschend viel Zeit für die Alltagsschilderung des kleinen kenianischen Ortes nimmt, dabei aber immer bei ihrem Personal und deren Gefühlen bleibt, und einer spannenden, komischen und traurigen Geschichte, die auch kleineren Kindern ab 6 Jahren endlich einmal die Möglichkeit gibt, sich mit so essenziellen Themen wie Abschied und Sterben auseinanderzusetzen.
Und Wainanas Film ist so gut, dass auch Erwachsene sich dieser im besten Sinne »rührenden« Geschichte nicht entziehen können, umso mehr, als sie auch auf poetische Weise von der Schönheit und der Kraft und dem Zauber des Kinos erzählt.