Deutschland 2013 · 103 min. · FSK: ab 6 Regie: Wolfgang Groos Drehbuch: David Ungureit, Thomas Winkler, Rainer Ewerrien Musik: Helmut Zerlett Kamera: Armin Golisano Darsteller: Tim Oliver Schultz, Paula Kalenberg, Peter Kraus, Constantin von Jascheroff, Jürgen Tarrach u.a. |
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Vorhersehbares Ende. |
Der feuchte Traum der schlaflosen Nächte eines pubertierenden Jung-Rockstars ist Inge (Paula Kalenberg) sicherlich nicht: Sie trägt gebatikte T-Shirts mit bodenlangen Esoröcken, engagiert sich in der Umwelt-AG und ist noch dazu die Klassenstreberin. Eines macht sie allerdings für ihre hormongesteuerten Klassenkameraden ziemlich begehrenswert – sie kann außerordentlich gut Gitarre spielen. Und nur das rettet Max (Tim Oliver Schultz) und seine Jungs von der Punkrockband „Systemfehler“ im gleichnamigen Film von Wolfgang Groos aus der Klemme, haben sie doch den Plattenvertrag schon so gut wie in der Tasche.
Der Regisseur, der bereits einige Jugendfilme gemacht hat (Vorstadtkrokodile 3, Die Vampirschwestern), widmet sich in seinem musikalischen Jugendfilm Systemfehler – Wenn Inge tanzt dem Traum vieler Jugendlicher von einer Karriere als Rockstar. Man muss ihm zugute halten, dass er sämtliche Facetten eines solchen Musikerdaseins beleuchtet: Der Hype um das One-Hit-Wonder wird ebenso thematisiert wie die Vor- und Nachteile des Leben als Starmusiker und die Tücken des Musikbusiness. Allerdings ist im Normalfall der Ort für den Karrierestart einer Schülerband wohl eher der verrauchte Partykeller, in dem halbtalentiert gejamt wird als der coole Auftritt im Szeneclub wie ihn Groos inszeniert, wo sich die Mädels beim Anblick der Band gar nicht mehr einkriegen können. Die coolen Jungs von Systemfehler haben mit echten Teenagern eher nichts zu tun, viel zu typisiert und stylisch sind sie. Da gibt es den zielstrebigen Bandleader Max, der seine Gesangsperformance vor dem Spiegel perfektioniert, den lustigen Rothaarigen (Tino Mewes), den schüchternen Schönling (Thando Walbaum) und den blonden Zweifler (Constantin von Jascheroff). In dieser Kombination wirken sie fast wie der Abklatsch einer dieser Castingbands, die derzeit die komplette Fernsehlandschaft bevölkern. Ebenso überzogen dargestellt werden die Figuren des unsympathischen schmierigen Musikagenten, den wir aus Castingshows wie DSDS zu genüge kennen, und des alternden Schlagerstars Herb. Dieser ist, von Peter Kraus gespielt, eine selbstironische Karikatur seiner selbst, der mit seinem eigenen Schlagersängerdasein abgeschlossen hat und stattdessen Särge probeliegt.
Die schrille Teeniekomödie nimmt ihren recht vorhersehbaren Lauf als sich Öko-Inge – wer hätte das gedacht – bereit erklärt, den verletzen Gitarristen bei dem wichtigsten Konzert überhaupt zu vertreten. Aber nur unter der Bedingung, dass der Bandhit „Wenn Inge tanzt“ nicht gespielt wird, der übelste Mobbingsong schlechthin. Zum Glück ist das Tempo des Films recht zackig, die Dialoge schlagfertig und die Bilder bunt, so dass man sich trotz des einfach gestrickten Plots eigentlich nicht langweilt. Lediglich bei der Musik fragt man sich: Ist in Zeiten von Voice of Germany, Lana del Rey und Kayne West Punkrock überhaupt noch in? Oder doch eher Marketing-Gag des Films?
Natürlich endet Systemfehler – Wenn Inge tanzt in einer Lovestory, ein bisschen Herzschmerz inklusive schnulziger Liebeserklärung auf offener Bühne ist auch mit dabei. Ein wenig geht einem der pseudo-lehrreiche Unterton des Films auf die Nerven, der besonders offensichtlich in Form von Tipps des in die Jahre gekommenen Schlagerstars an seinen Neffen auftritt. Als es darum geht, ob Max, der sich längst in Inge verliebt hat, nun den Mobbinghit vor versammeltem Publikum spielt oder nicht, sagt der Onkel: »Willst du einen Hit, auch wenn du riskierst, dass du jemanden verletzt, den du wirklich liebst?« Erfolg oder Liebe, so ist das eben in der Schlagerwelt – da gibt’s keine Facetten. Vielleicht ist das der Grund für ihren bevorstehenden Tod – zumindest im Film.