Italien/F/GB 2015 · 134 min. · FSK: ab 12 Regie: Matteo Garrone Drehbuch: Edoardo Albinati, Ugo Chiti, Matteo Garrone, Massimo Gaudioso Kamera: Peter Suschitzky Darsteller: Salma Hayek, Vincent Cassel, John C. Reilly, Toby Jones, Shirley Henderson u.a. |
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Kurz nach der Verwandlung in ein sublimes Wesen: ein Waschweib |
»Das Märchen der Märchen«. Das klingt wie die Anmaßung, eine Erzählung geschaffen zu haben, die über allen anderen Erzählungen steht: to end all the tales. Dabei war die Märchensammlung aus der Feder des Neapolitaners Giambattista Basile, »Lo cunto de li cunti« (oder »Il Pentamerone«), die 1634/1636 erschien, erst der Auftakt gewesen für eine europäisch umfassende Sammlung von mündlich überlieferten Volkserzählungen. Erst zwei Jahrhunderte später begannen die Brüder Grimm mit der Sammlung der »Kinder- und Hausmärchen«. Von ihnen wiederum ließ sich Hans-Christian Andersen für seine Kunstmärchen inspirieren.
Es gibt unzählige Märchen-Verfilmungen, angefangen von Disneys Cinderella (1950 / 2015) über die DEFA-Produktionen wie Das kalte Herz (1950) bis zum heutigen Boom der Neuinterpretationen wie Rapunzel – Neu verföhnt (2010) oder Spieglein Spieglein – Die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen (2012) – aber noch nie diente als Vorlage bislang jene frühe Märchensammlung des Giambattista Basile. Bis Matteo Garrone kam, mit seiner Liebe zum Neapolitanischen.
Seinen Mafia-Film Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra (2008) hatte er in neapolitanischem Dialekt gedreht, Reality (2012), seine Satire auf das Privatfernsehen, spielt in Neapel. Ursprünglich wollte er auch Das Märchen der Märchen auf neapolitanisch gefärbtem Italienisch verfilmen. Jetzt hat er mit einem internationalen Cast, in dem auch Italiener englisch sprechen müssen, ausgerechnet die Anhänger der neapolitanischen Kultur verprellt. Der illustre Cast mit Salma Hayek, Vincent Cassel, John C. Reilly und Toby Jones soll es richten und die weithin unbekannte Märchensammlung aus ihrer Nische holen und einem großen Publikum bekannt machen. Dieser erhofften Breitenwirkung jedoch widersetzt sich die ungewöhnliche, verwobene Erzählstruktur geradezu, und macht den groß gewünschten Film wieder interessant: Das Märchen der Märchen fordert heraus.
Garrone hat sich aus der Fünfzig-Märchen-Sammlung drei herausgepickt, die er episodisch erzählt: Immer wieder unterbricht er den Verlauf der Geschichte und wechselt zu einer anderen und wirft damit den in Märchen üblichen, festgezurrten Plot, Garant für die hochgradige Verbreitung der Geschichten, lustvoll von Bord. Die drei Episoden sind durchzogen von Analogien und Entsprechungen, Spiegelungen und wiederkehrenden Elementen. In den Geschichten von drei über der weiten Landschaft thronenden Festungen tummeln sich Könige und Königin, Söhne und Töchter, Zwillinge und Schwestern, Mägde und Gaukler, Prinzen und Prinzessinen, Menschenfresser, Riesen, Seeungeheuer und eine echte Hexe.
Garrone steigt dadurch tiefer in das Wesen der tradierten Erzählungen ein, als ihm ein buchstäbliches Erzählen erlaubt hätte. Er kristallisiert aus dem Märchenstoff all das, was ganz und gar archaisch verankert ist: das Wirken fundamentaler psychischer und instinktiver Kräfte, die sich in Figuren niederlassen. Wenn woanders klar gezeichnete Plots und Figuren den Blick auf das Urtümlich-Archaische verstellen, wie bei »Schneewittchen«, »Rotkäppchen« oder »Rumpelstilzchen«, zeigt uns Matteo Garrone verwandtschaftliche und soziale Verhältnisse sowie den gegensätzlichen Natur-Kultur-Raum als Energiegefüge. In ihm erscheint das Leben als tragische Geworfenheit in einem großen Kosmos ineinander verwobener Zusammenhänge.
Die Visualität zündet indessen ein Großfeuerwerk. Garrone hat atemberaubend-verzaubernde Bilder gefunden: das dichte Blattwerk eines bemoosten Urwalds, in dem ein Wildschwein den verwunschenen Ort markiert. Eine eng gefaltete Schlucht aus grauem Schichtgestein, die einen glasklaren Fluss birgt, auf dessen Grund ein albinohaftes Ungeheuer mit einem magischen Herzen vor sich hindöst. Eine Höhle in einer unermesslichen Felswand, in die ein menschenfressender Oger seine Beute schleppt. Die Königsburgen, die hoch über den Tälern thronen, darunter die grauen Hütten der unterjochten und verarmten Untertanen.
Bedeutsam ist, und das verrät den Kunstfilmer Garrone, dass er im Unterschied zu seinen Blockbuster-Kollegen als Ausgangspunkt für seine Bilder das kulturelle Erbe und reale Landschaften Italiens genommen hat: Seine Locations findet er in der analogen Welt, es sind Orte wie der Wald von Sasseto, die Schlucht von Arcantara oder die Burgen von Monte, Roccascalegna, Donnafugata und das Interieur des Palazzo Reale von Neapel. Szenograf Dimitri Capunani schuf überdies reale, materielle Monster. Wenn das Höhlenmonster besiegt ist und es daliegt wie die Versteinerung des Archaeopteryx, glaubt man für einen kurzen Moment, die Silhouette eine Menschen zu erkennen, der in einem Kostüm steckt. Das pulsierende Herz, das verspeist wird, entstand handwerklich, als real gebaute Requisite. Dies alles ist im digitalen Zeitalter alles andere als banal.
Zur Haptik und Physis seiner Inszenierung passt, dass der Märchenkosmos durch die Geschichten so gar nicht familientauglich belebt wird. Garrone schafft eine visuelle Körperlichkeit, die seinen Film in das Fantasy-Genre hineinkatapultiert, dort, wo es an den Horror grenzt. Blutiges Fleisch und das Motiv der Häutung durchziehen die Märchen, Sex wird explizit ausgetragen, orgienhaft ausschweifend, zeigt sich instinktiv oder sublim, jedoch niemals romantisch. In den Figuren und hinter den Erzählungen steckt die ganze Tragik des Menschlichen: es geht um Begierden und Sehnsüchte, um Freundschaft, Verwandtschaft und die Unfähigkeit, diese zu empfinden, um das Alter und die ungestillte Sehnsucht nach Jugend (in einer Szene wird diese Sehnsucht im wörtlichen Sinne: gestillt). Es geht um Macht und Unterjochung, um Reichtum und Armut. Perversionen, Begierden und Sehnsüchte bringen die Menschen zum äußersten. Das Schlussbild suggeriert: das Leben spielt sich vor der Kulisse eines unermesslichen Abgrunds ab, ist Tanzen auf einem brennenden Seil.
Kitsch und Pathos sind Garrone jedoch fremd, auch wenn der Score von Alexandre Desplat bisweilen etwas sehr bezaubernd wirken möchte. Fern ist seinem Film auch die Märchenstruktur, mit der wir aufwachsen mussten: die Erzählung von einer heilen, vorübergehend aus dem Lot gebrachten Welt, in der alles gut ausgeht: In der das Böse besiegt wird und die Prinzessin ihren Prinzen findet. »Ende gut, alles gut« war immer die finale Formulierung, die den Sieg über das Böse besiegelte. Oder »Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch immer«: die Formel als nichtssagende Floskel, die das Schematische der Märchen verriet.
Bei Garrone gibt es kein Ende. Am Rande seiner Erzählungen tun sich neue Figuren auf, schlummernde Gestalten, die den Weg durch wiederum magische und monsterhafte Geschichten machen werden. Garrone verwebt seine Geschichten wie ein Tuch, dessen Ränder keinen Saum haben, dessen lose, aus dem Webstück heraushängende Fäden nur darauf warten, weitergesponnen zu werden. The never-ending tales.
Im Kino liegt die Wahrheit. Im Kino liegt allerdings auch die Phantasie. Wenn Wahrheit und Phantasie sich verbinden, dann gelingt ein Film am besten – das ist die Hoffnung, es ist aber auch die Enttäuschung dieses Films.
Es war einmal.... Es war einmal ein liebestoller Fürst, der mit jeder Jungfrau seines Fürstentums schlafen wollte. Eines Tages verliebt sich der Schürzenjäger in die Stimme einer Jungfrau. Er ahnt nicht, dass diese uralt ist – nachdem sie sich ihm im Dunkeln hingibt bemerkt er seinen Irrtum und will sich rächen...
Es war einmal ein König, der mehr noch als seine Tochter seine Insektensammlung liebt. Seinen Lieblingsfloh hat er zu einer stattlichen Größe herangemästet
– das Riesenvieh ist so groß, wie ein Hund...
Und es war einmal ein Königspaar, das sich bei Hofe unendlich langweilt, es aber nicht schafft, den sehnlichst erwünschten Sohn und Erben zur Welt zu bringen gebären. Ein Zauberer verspricht ihnen den Erben, wenn der König ein weißes Flussungeheuer töten würde, sein Herz von einer Jungfrau gekocht und von der Königin gegessen werden würde. Das gelingt, doch der König wird getötet, und die vorwitzige Magd kostet von dem Fleisch
– worauf sie einen Zwillingsbrüder des Prinzen zur Welt bringt.
Drei absurd-groteske Geschichten. Sie stammen aus dem späten Mittelalter, und werden erstmals in einer historischen Märchengeschichtensammlung des manieristischen Poeten Giambattista Basile erzählt, der von 1575 bis 1632 lebte, und diese Geschichten in seinem »Pentamerone« (zu deutsch »Fünf Tage«) zusammentrug. Sie erschien posthum und beeinflusste die Brüder Grimm ebenso wie ihr französisches Pendant, den Schriftsteller Charles Perrault.
Der italienische Regisseur Matteo Garrone, der mit dem ganz anders gearteten Mafiathriller Gomorrha bekannt wurde, hat die drei Handlungsstränge jetzt ineinander verwoben – eine Kino-Groteske der sehr besonderen Art.
Das Märchen der Märchen hat auf den ersten Blick alles, was die europäischen Filmfördergelder fließen lässt: Stars, touristische wertvolle Schauplätze, eine Literaturvorlage und hochkulturellen Mehrwert. Er wurde gedreht an den schönsten Traumorten Süditaliens, unter anderem im Castel del Monte in Apulien, der legendären Burg des Stauferkaisers Friedrich II. Mit großer Ausstattung und mal monumental überladenen, mal kammerspielartig spröden aber immer hektischen Bilder des Kameramanns Peter Suschitzky inszeniert, mit einem europäisch-amerikanischen Starensemble aufgepeppt, dem Namen wie Salma Hayek, John C. Reilly und Vincent Cassel angehören, erzählt Garrone eine phantastische Geschichte. Ein Märchen eben. Fantasy für Erwachsene.
Und eigentlich keine schlechte. Denn auf den unbestreitbar phantasievollen Leinwandbildern sieht man See-Monster und Ungeheuer, Fisch-Menschen und Riesen, böse, spleenige, besitzergreifende Königinnen, bezaubernde Prinzessinnen und deren eifersüchtige Väter, oder auch falsche Fürsten und unechte Jungfrauen, Clowns und Hofnarren – das Arsenal aller Märchen dieser Welt von A-Z, von Albino und Zauberer.
Aber es sind Märchen für solche Erwachsene, die in sich auch noch irgendwo ein kleines geschmackloses albernes Kind versteckt haben. Denn auch, wenn dieser Film scheinbar alle möglichen Erfolgsgaranten vereint, so ist Das Märchen der Märchen doch insgesamt ein großer Reinfall geworden: Ein Film, dessen Kunstwille und dessen auf Künstlichkeit und »Märchenartigkeit« setzende Inszenierung nicht aufgeht, der zwischen Kitsch und Possenhaftigkeit oszilliert, und im besten Fall mal surreale, aber meist doch nur billig-knallige, an Berlusconis Fernsehshows erinnernde Bildwelten präsentiert, die die Geschmacksnerven strapazieren. Überdies ist alles sehr lahm inszeniert. Alles braucht ellenlang, bis es zu einem Punkt kommt – der dann aber kaum noch jemanden interessiert.
Dieser Film ist scheinbar ein Bekenntnis zu radikaler Phantasie und Künstlichkeit. Aber das märchenhafte Erzählen – und das macht es in diesem Fall zu einem postmodernen Kunstwerk –, geschieht nie um seiner selbst willen, geschieht hier nie naiv, nie lustvoll, sondern den knapp fünfhundert Jahre alten Geschichten wird tiefere Bedeutung angeschminkt.
Es wird als »magischer Realismus« verkauft, der dem heutigen Publikum eine tiefere Wahrheit vermitteln soll. Diese
Wahrheit, diese die Moral von der Geschichte ist nicht nur zutiefst konservativ, sie ist vor allem kunstfeindlich: wer an die Phantasie glaubt, an Magie, an das, was er nicht sehen und greifen kann, wird hier früher bestraft.
So misslingt der Film nicht nur, Matteo Garrone verrät seinen eigenen Versuch.
Eine »Geschichte der Geschichten« gibt es hier übrigens auch nicht – selbst der Titel trügt. Dies ist auch das, was man in der Fachwelt gern »Europudding« nennt: Ein europäischer Film, der alle Bodenhaftung verloren hat, in dessen Originalversion die meisten nicht ihre Muttersprache sprechen sondern Englisch mit jeweiligem, mal spanischem, mal französischem, mal italienischem Akzent – nur weil man es dann den Amerikanern besser verkaufen kann.
Was ist bloß
geschehen mit Italiens Kino, seit jenen Zeiten, als noch Antonioni und Visconti, Rossellini und Bertolucci Filme machten?
Märchenverfilmungen stehen derzeit hoch im Kurs. Mit »Schneewittchen«, »Cinderella« und »die Schöne und das Biest« wurden dabei jedoch in den letzten Jahren ausschließlich Geschichten verfilmt, die ihren Weg auf die Leinwand bereits gefunden hatten. In einigen Fällen sogar mehrfach. Umso erfrischender ist es, dass Matteo Garrone mit Das Märchen der Märchen frischen Wind in das Genre bringt.
Der Film basiert auf der gleichnamigen italienischen Sammlung von Erzählungen, die noch vor den Werken der Gebrüder Grimm erschien und diese gar inspirierte. So wirkt manches sehr bekannt, anderes aber wieder vollkommen fremd. Von einem familientauglichen Disney-Konzept ist Das Märchen der Märchen in jedem Fall meilenwert entfernt. Dies ist eher die »Sex, Drugs and Rock'n Roll«-Variante der Märchenwelt.
Garrone verwebt drei Erzählungen episodisch miteinander. Da ist die verbissene Königin (Salma Hayek), die für den Traum vom eigenen Kind jedes Opfer zu bringen bereit ist. Da ist der schürzenjagende König (Vincent Cassel), der sich – ohne es zu wissen – in eine alte Frau verliebt. Und schließlich erzählt uns Garrone noch von der Prinzessin (Bebe Vace), die an einen Menschenfresser verheiratet wird, weil ihr Vater (Toby Jones) über dem Verlust seines Hausflohs (ja, tatsächlich!) das Interesse für sie verloren hat.
An diesen kurzen inhaltlichen Einblicken wird bereits deutlich, dass es in Das Märchen der Märchen deutlich skurriler zugeht als in den uns bekannten Geschichten. Schweinsgroße Parasiten, eine gute Hexe, an deren Brust mensch sich jung trinken kann und eine Übermutter, die sich in eine wütende Riesenfledermaus verwandelt – all das sind Elemente, die auch ebenso gut aus einem Horrorfilm stammen könnten. Tatsächlich gestaltet sich Garrones »Märchenfilm« als durchaus düster und brutal und eignet sich damit keinesfalls für einen unbeschwerten Familiennachmittag.
Neben der Skurrilität der einzelnen Geschichte ist es auch die Dramaturgie, die sich von den uns bekannten Märchen unterscheidet. Die Zahl drei als strukturelles Element findet sich hier ausschließlich in der Anzahl der einzelnen Plots, nicht aber in den Wiederholungen von Handlungselementen wie dies Beispielsweise bei den Brüdern Grimm häufig der Fall ist.
Vielleicht ist dies einer der Gründe dafür, dass Das Märchen der Märchen sich schwer damit tut, Spannung zu erzeugen und das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Die episodische Struktur erschwert einen roten Handlungsfaden und die einzelnen Geschichten drehen zu viele narrative Schleifen. Letztlich ist hierbei auch nicht zu vernachlässigen, dass die Geschichten einem Großteil des internationalen Publikums fremd sind. Bei tradierten Märchenerzählungen fiebern wir auf den bekannten Höhepunkt hin, sind voller Erwartungen auf Schlüsselmomente oder unsere Lieblingsszene. Das Märchen der Märchen ist hinsichtlich seiner Dramaturgie ganz auf sich gestellt und wird dieser Herausforderung nur mangelhaft gerecht.
Das Märchen der Märchen wirkt zudem irritierend und rätselhaft. Das liegt nicht an den irrationalen Elementen, denn die Fantastik ist als Genre alles andere als unzeitgemäß. Zahlreiche Fantasy- und Sci-Fi-Stoffe flimmern gerade erfolgreich über die Leinwand. Und letztlich beschreiben auch sämtliche Superheldenplots oder die zahlreichen Jugendfilme über Held_innen mit übersinnlichen Kräften den Einzug des Magischen in den realistischen Raum. Am Fantasiegehalt kann es also nicht liegen, dass sich Das Märchen der Märchen als äußerst schwer zugänglich gestaltet. Im Gegensatz zu den soeben genannten Erfolgsfilmen aber bedient sich Garrones Werk klassischer Märchen-Archetypen, also Figuren, die ausschließlich durch ihre Funktion, nicht aber durch eine Persönlichkeit gekennzeichnet sind. Auch erschwert die Fülle an Figuren in den drei unabhängigen Erzählungen die komplexere Ausformung einzelner Charaktere.
Obwohl Das Märchen der Märchen zeitgenössische Sozialkritik am Schönheitswahn, dem Patriarchat und der wachsenden Schere zwischen Arm und Reich übt und damit reale Probleme seines Publikums widerspiegelt, kann Matteo Garrone hier keine rechte Brücke zwischen Filmfiguren und Zuschauer_innen schlagen. Zu halbgar ist sein Konzept, dass zwischen Naivität und Horror, zwischen verspielter und albtraumhafter Fantastik pendelt. Daraus ergibt sich sowohl ein Erkenntnis-, als auch ein Zielgruppenproblem: Worum geht es hier eigentlich und an wen richtet sich diese Mär?
Die Unmöglichkeit, das Leinwandgeschehen in eine Schublade zu packen, mag in anderen Fällen positiv herausfordern. Das Märchen als solches ist jedoch auf Schubladen (Archetypen und tradierte Plotstrukturen) angewiesen, um zu funktionieren. Und zwar unabhängig von seinem Zielpublikum. So bietet Das Märchen der Märchen wohl einem Großteil des Publikums weniger unterhaltsamen Eskapismus als fragendes Stirnrunzeln.