Ein Tag wie kein anderer

Shavua ve Yom

Israel 2016 · 98 min. · FSK: ab 6
Regie: Asaph Polonsky
Drehbuch:
Kamera: Moshe Mishali
Darsteller: Shai Avivi, Evgenia Dodina, Tomer Kapon, Alona Shauloff, Uri Gavriel u.a.
Schluss mit lustig

Schlechtes Gras

Wie sollte man sich gegenüber einem ca. 50-jährigen Mann verhalten, der bei Nachbarn klingelt und ihnen eine Ohrfeige verpasst, weil sie beim Sex zu laut sind? Man hofft, dass er bald wegzieht. Oder dass er eine Therapie macht. Oder dass er schwer­hörig wird.

Zum Glück ist der Mann nicht real, sondern der Haupt­cha­rakter namens Eyal (Shai Avivi) in einer Tragi­komödie. Die Tragik besteht darin, dass er vor einer Woche seinen Sohn beerdigt hat, der viel zu jung an Krebs gestorben ist.

In Israel, wo der Film spielt, ist es üblich, eine Woche intensiv zu trauern und dann in den Alltag zurück­zu­kehren. Eyals Frau, Vicky (Evgenai Dodina), wünscht sich nach Ablauf der Frist Norma­lität, wie es dem alten Brauch entspricht.
Eyal dagegen verharrt in seiner Trauer und damit in seinem Leid. Dazu gehört für ihn, alle Mitmen­schen vor den Kopf zu stoßen, mit denen er immer schon ein Hühnchen rupfen wollte. Ähnlich einem Kind, dem etwas genommen wurde und dass jetzt glaubt, es dürfe seinen Unmut an allem und jedem auslassen. Weil die ganze Welt doof ist.

Wie bei einem Trotzkind sehen auch andere Akti­vitäten aus, mit denen Eyal die Zeit totschlägt. Regel­recht besessen ist er von der Idee, Marihuana zu rauchen. Doch beim Drehen eines Joints reißt ein Blättchen nach dem anderen. Diese Unge­schick­lich­keit könnte Eyals Wut illus­trieren. Seine Weigerung, nach dem Schick­sals­schlag normal zu funk­tio­nieren. Das nächste Blättchen reißt auch und noch eins und noch eins... Irgend­wann ist bei jedem der Groschen gefallen, der Regisseur nutzt die Stil­mittel Wieder­ho­lung und Über­trei­bung. Als noch ein paar Blättchen reißen, fragt man sich, soll das lustig sein? Der Film wird als schwarze Komödie beworben, im Stil der Coen-Brüder. Nachdem viele, weitere Blättchen gerissen sind, kann man weder mittrauern noch lachen. Man ist einfach nur genervt.
Unwei­ger­lich drängt sich die Frage auf, welche Art von Mensch war Eyal, bevor er aus der Bahn kata­pul­tiert wurde? Sehr wahr­schein­lich eine Nerven­säge. Sicher­lich jemand, dem man besser aus dem Weg geht.

Aus dieser Kategorie treten noch mehr Exemplare auf. Zooler (Tomer Kapon), der Sohn der Nachbarn, die beim Sex zu laut sind. Immerhin zeigt er Eyal, wie man Joints dreht. Dann kiffen sie und albern rum. Albern sein, ist als Trau­er­ar­beit eine ausge­zeich­nete Idee. Eigent­lich auch, wenn man nicht traurig ist. Nur was soll man von Albern­heiten halten, deren Höhepunkt darin besteht, Luft­gi­tarre zu spielen?

Übrigens, als Eyals Gattin nicht sofort wieder ihre Schul­klasse unter­richten darf, greift sie auch zum Joint. Und als sie ihn großzügig mit einer jungen Mutter auf einer Parkbank teilt, verschwindet die im Lauf­schritt mit der fetten Tüte, sowie dem Kinder­wagen.
Kiffen ist in diesem Film also ein weit verbrei­tetes Laster. Selbst wenn man nicht gerade um einen Toten trauert.

Eine weitere Unart ist, dass alle Charak­tere eine kurze Lunte haben, sofort aufbrausen und aggressiv werden. Dabei würde oft ein freund­li­ches Augen­zwin­kern genügen, um das Problem zu entschärfen, oder ein gelas­senes Schul­ter­zu­cken.

Eine Ausnahme gibt es, ein kleines Mädchen, ungefähr 10 Jahre alt. Wie’s aussieht, soll sie der Gegen­ent­wurf sein, zur verkorksten Welt der Erwach­senen. Wie so oft, wenn das Kind-Sein zum Ideal erhoben wird, ist das Kind niedlich und hübsch. Gleich­zeitig naiv und klug oder eher altklug? Jeder, der sich erinnern kann, wie es war, 10 Jahre alt zu sein, erinnert sich an das Unbehagen, das es auslöst, auf ein süßes, unschul­diges Geschöpf reduziert zu werden, quasi ein Engel.

Ein Tag wie kein anderer ist das Debüt des Regis­seurs Asaph Polonsky. Er hat auch das Drehbuch geschrieben. Hat er dabei zu viele Joints geraucht? Oder zu wenig? Es soll auch schlechtes Gras geben, von dem man mies drauf kommt.