USA 2005 · 92 min. · FSK: ab 12 Regie: Jason Reitman Drehbuch: Jason Reitman Kamera: James Whitaker Darsteller: Aaron Eckhart, Maria Bello, Cameron Bright, Adam Brody, Sam Elliott u.a. |
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Geballte Charmeoffensive: Aaron Eckhart als Nick Naylor |
»Erst kam Attila. Dann Dschingis Khan. Und dann ich«, klärt Nick Naylor gleich zu Beginn des Films über seine Rolle in der Welt auf. 1200 Zigarettentote täglich kann der hochbezahlte Tabaklobbyist vorweisen – da können sein Freunde, die selbsternannten »Merchants of Death« – (Polly, Alkoholindustrie: 130 Tote pro Tag, Bobby Jay, Waffen: jämmerliche 30 Opfer täglich) nicht mithalten.
Nicks Job ist eine nahezu unmögliche Aufgabe – in einer Zeit, in der Raucher wie Massenmörder behandelt werden, und in der in Filmen »nur noch Psychopathen und Europäer« rauchen (O-Ton Naylor) soll er für die tödlichen Glimmstängel Sympathiepunkte sammeln. Wie ihm das gelingt, ist schlichtweg grandios: Gewitzt spannt er des Amerikaners größtes Heiligtum – die Unantastbarkeit der persönlichen Freiheit – vor seinen schmutzigen Karren. Seine besten Verbündete sind sein bubenhafter Perlweiß-Charme, sein durchtriebenes Mundwerk und seine absoluter Mangel an Pietät. So überrumpelt er einen glatzköpfigen »Cancer-Boy« vor laufender Kamera mit einem kumpelhaften Handschlag, besticht den an Lungenkrebs erkrankten Marlboro-Mann mit einem Koffer voll Geld und dealt mit der Filmindustrie einen rauchgeschwängerten Sciencefiction-Blockbuster aus – qualmende Stars inklusive.
Sein Gegenspieler ist der gesundheitsfanatische Senator Finistirre, der sich dem Kampf gegen das Rauchen verschrieben hat. Sein neuster Coup: Er will auf sämtliche Zigarettenschachteln ein wahrhaft grauslich anzusehendes Totenkopfemblem drucken lassen. Zu gemein, dass das Gute hier so moralinsauer daherkommt: Gegen den Strahlemax hat der Senator (grandios: William H. Macy) mit hängendem Mundwinkeln und traurig zerknautschtem Gesicht einen schweren Stand. Naylor stellt dann auch sogleich klar, dass der Cheddar-Käse aus Finistirres Heimatstadt eine wahre Cholesterinbombe und beträchtliche Gesundheitsgefahr ist.
Aaron Eckhart gelingt des Bravourstück, den aalglatten Scheißkerl tatsächlich zum Sympathieträger des Films zu machen. Nick Naylor – ein Mephisto im Designeranzug, dessen wahrhaft diabolische Seite nur einen kurzem Filmmoment aufblitzt: Auf die Frage einer zuckerschnutigen Journalistin, was ihn denn wirklich für seinen Job motiviere, lässt sich der Herr der Zigaretten zu einem abgründigen Bekenntnis verführen: »Das Überbevölkerungsproblem« antwortet er verschwörerisch – und selbstverständlich »off the record«.
Für sein Regiedebüt brennt Jason Reitman ein Feuerwerk an Pointen, Wortwitz und Absurditäten ab. Da wird Naylor von militanten Zigarettengegner gekidnappt und mit Nikotinpflastern beklebt – eine Attacke, die er ironischerweise nur überlebt, weil er schwerer Raucher ist. Und der Senator stellt eine wirklich haarstäubende Kampagne vor, die zum Ziel hat, alte Hollywoodfilme, in denen ja auf Teufel komm raus gequalmt wurde, zu entschärfen: Mit Retuschen, die die Dietrich statt mit Zigarette mit dampfendem Becher zeigen. »Die Geschichte verbessern«, nennt er das. Starker Tobak. Da wird der gute Wille endgültig zum angsteinflößenden Wahn.
Trotz vieler fieser Gags bleibt einem das Lachen bei diesem Film nie im Halse stecken. Letztendlich ist er weniger böse Satire als eine wahrhaft hinterlistige Komödie, die damit konfrontiert, wie verführbar der Mensch ist und wie schnell sich Werte, Wahrheit und Moral wie Rauch verflüchtigen.
Geraucht wird in dem Film übrigens so gut wie gar nicht – die einzige Zigarette qualmt hier John Wayne in einem alten Western, woraufhin ihn sogleich eine tödliche Kugel trifft. Auch eine Art Statement.