USA 2000 · 95 min. · FSK: ab 6 Regie: Don Bluth, Gary Goldman Drehbuch: Ben Edlund, John August, Joss Whedon Musik: Graeme Revell |
Im 31.Jahrhundert: Ein Junge spielt in einem Wald, dunkles Grollen im Hintergrund. Raumschiffe, die über den Himmel fegen. Der Vater schafft, um Unheil wissend, den Sohn im letzten Moment in ein Gefährt und verabschiedet sich: »Wir sehen uns wieder«. Jeder, der schon einmal einen Hollywood-Film gesehen hat, weiß, dass das ziemlich lange dauern kann.
Erst 15 Jahre später ist dies über Video-Botschaft der Fall: Wie einst bei Hamlet Papas Geist, erscheint das väterliche Über-Ich und erteilt dem nun herangewachsenen Cale (im Original gesprochen von Matt Damon) den Tagesbefehl: Die Welt zu retten, »nur Du kannst es!« Wohlbekanntes Bla-Bla aus der Mottenkiste des Heldentums. »The human race needs you!«
Es mag sich bei diesem Uralt-Thema der Suche nach dem verlorenen (imaginären) Vater nicht um etwas spezifisch Amerikanisches handeln. Aber es fällt doch auf, dass jenseits des Atlantiks das Vatertrauma ganz besonders groß zu sein scheint. Im Gegensatz zu europäischen sind es immer wieder US-Produktionen, in denen diese spezielle Psycho-Urszene zum Filmstoff wird: Der abwesende Vater, »auf Mission« im Wilden Westen, im Vietnam-Krieg oder eben im Weltall, und der Sohn, der die väterlichen Verpflichtungen erbt, deninneren oder äußeren – Auftrag erfüllen muss. Auch in Don Bluth und Gary Goldmans Animationsspektakel Titan A.E. bildet dies den Plot. Nach kurzem Alibi-Zögern – »I dont have a father« – »your father was a great man, he would have been proud of you«, was keineswegs spannend ist, da 1000 Mal gehört und außerdem plädiert ausgerechnet ein Alien besser für humanity – übernimmt Cale die mission impossible.
Will man etwas präziser fassen, was zu tun ist, dann geht es ungefähr darum, dass da superböse, blauschwarze, spinnenähnliche Aliens sind, die nicht zufällig an Independence Day erinnern, und bereits die meisten Menschen und die Erde sowieso vernichtet haben. Cale nun ist nicht nur Mensch, sondern irgendwie besonders, »Elite« also, eine nietzscheanische Mischung aus Übermensch und blonder Bestie. Überdies hat er auf der Hand eine Tätowierung, die sich als Weltraumkarte entpuppt. Mit der kann man das sensationelle Raumschiff Titane A.E. finden, das Cales genialer Vater einst irgendwo im Raum versteckte.
Nun ist Cale einerseits eine Art SF-Jung-Siegfried, andererseits anders als dieser kein tumber Schweiger sondern ein ziemliches Großmaul, das seine Sprüche im gleichen Jargon klopft wie schon 1000 Jahre früher der all-american-white-trash des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Deswegen ist es das Ärgerlichste an diesem Film, wie aus einer Story, dieweil angelehnt an Star Wars vielleicht sogar das Potential für moderne Mythen hätte, aller Ernst in Sekundenschnelle herausgebeamt wird. Selbst in größter Gefahr hat dieser Bursche einen blöden Spruch auf den Lippen, keine 30 Sekunden dieses Films vergehen ohne schlechte Scherze.
Man kennt solche Verniedlichung des Schreckens aus vielen neueren Produktionen. Horror, Suspense, Innehalten stören offenbar das Publikum beim Popcornessen. Glauben zumindest Produzentenhirne. Also alles auf lustig! Und nie ist es ruhig. (Angst vor der Stilledas ist auch so eine Beobachtung aus neueren Filmen, die eingehender Analyse wert wäre. Aber dafür gibt es bessere Beispiele.) Doch alles hat seinen Preis: Die Folge ist, dass man aufhört, die Geschichte und die Gefahr in ihr noch ernst zu nehmen. Derartige Filme leben schließlich nur davon, dass der Zuschauer ab und an vergisst, dass der Held am Ende siegen wird, dass man mit-fühlt und mit-bangt. Keine Spur davon hier, zu hektisch, zu abgespult wirkt der Film, ist nur eine Form, in der die Macher ihre noch neueren, noch besseren Tricks vorführen dürfen.
Das Ergebnis ist inhaltlich eine krude Mischung aus einem Dutzend Science-Fiction-Vorlagen der billigeren Sorte, gegenüber der Star Wars wie ein hochsubtiles Epos wirkt: Bevölkert mit putzigen Aliensdie alle wie Schwarze oder Asian-americans reden- und einer sexy Cyberfee, die aussieht wie Lara Crofts Schwester, manchmal zitatenreich und für Momente schön, doch über weiteste Strecken uncharmant, langweilig und lächerlich primitiv. Untermalt von nervig-überlauter Heavy-Metall-Musik kann der als »Zukunft der Animationstechnik« beworbene Film auch formal Disney nie das Wasser reichen und ist insgesamt so enttäuschend und bar aller Poesie, dass nicht weiter bleibt, als Ärger.