Großbritannien 2005 · 77 min. · FSK: ab 6 Regie: Tim Burton Drehbuch: John August, Pamela Pettler, Caroline Thompson Musik: Danny Elfman Kamera: Pete Kozachik |
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Angeschimmelte Schöne |
»Die Menschen sterben, um hierher zu kommen«, erklären die Toten. Deswegen wundern sie sich auch gehörig, dass der junge Victor das Totenreich umgehend wieder verlassen will, um zu den Lebenden zurückzukehren. Doch Victor ist nicht unter den Toten gelandet, weil er gestorben ist – in seinem Fall liegt ein Missverständnis vor.
Von diesem erzählt Tim Burtons neuer Animationsfilm Tim Burton’s Corpse Bride und von einem Wettstreit zweier Herzen in einer Brust. Victor soll heiraten, allerdings nicht aus Liebe, sondern weil die Familie der künftigen Braut Victoria in Geldnot geraten ist, und seine Familie – Fischhändler – auf ihren Adelstitel aus ist. Als sich die jungen Leute im Haus der Brauteltern allerdings zum erstem Mal sehen, regt sich doch etwas in ihren Herzen, die Heirat scheint nicht mehr so ausgeschlossen im Kopf. Doch Victor versemmelt alles, bekommt in der Aufregung während der Probe für die Zeremonie nichts auf die Reihe, und der Bischof, der die Trauung vollziehen soll, hat gute Lust, alles abzusagen. So flieht der unfähige Bräutigam zum Üben in den Wald, und just als er den Ring über einen Zweig legt und das Ehregelübde spricht, das zwei Menschen ewig oder bis der Tod sie scheidet binden soll, stellt sich heraus, dass das da nicht ein Stück Baum ist, auf dem der Ehering nun steckt, sondern der leicht angerottete Finger einer einst sitzengelassenen Braut. Ud die zieht Victor nun mit zu sich hinab zu den Toten.
Tim Burtons Humor sei Dank geht es dort viel bunter, fröhlicher und trinkseliger zu als oben im tristen Erdendasein, wo man des Geldes wegen heiratet. Unten hat keiner mehr etwas zu verlieren, und so benimmt man sich auch. Anfangs ist es wohl zunächst der Gedanke, dass man so etwas nicht bringen kann, eine Tote zu ehelichen und bei ihr zu bleiben, der Victor wieder nach oben zieht. Doch dann entdeckt er den Reiz von Emily, die sich, abgesehen von ein bisschen Schimmel auf der Haut, ein sonniges Gemüt bewahrt hat.
Oben die schöne Lebende, unten die liebe Tote und dazwischen der Held. Bei Burton steht nicht das Gute gegen das Böse, Victor muss sich zwischen gut und ebenso gut entscheiden – dass das schwer fällt, sieht auch der Zuschauer ein.
Im Vergleich zu anderen Animationsfilmen sind Tim Burtons eigenartig proportionierte Figuren unbombastisch und die Musik von Danny Elfman schmalzlos. Die Welt, die er entwirft, in sich geschlossen und stimmig, nicht unähnlich dem, was er für Sleepy Hollow ersann. Corpse Bride ist nach Nightmare Before Christmas von 1993 der zweite lange Trickfilm, den Burton realisiert. Damals war es das ins Unendliche und teilweise Unerträgliche getriebene Spiel mit dem Skurrilen und Absurden, heute interessiert ihn mehr das Traurige, die Melancholie und die bizarre Schönheit seiner Fabelwelt. Tim Burton träumt, er träumt wunderschön, und er lässt sich dabei zusehen.