Tschechien/Slowakei/Ungarn 2023 · 83 min. · FSK: ab 6 Regie: Filip Posivac Drehbuch: Jana Srámková Musik: Ádám Balázs Schnitt: Marek Královský |
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Warmherziges filmisches Plädoyer für Freundschaft und Toleranz, Respekt und Gemeinsinn... | ||
(Foto: eksystent distribution) |
Der elfjährige Tony ist anders als andere Kinder: Er leuchtet von innen und strahlt ein goldfarbenes Licht aus. Doch er ist einsam, denn seine überaus fürsorglichen Eltern verhindern, dass er das Haus verlässt, um draußen mit anderen Kindern zu spielen. Um ihn vor schlimmen Erfahrungen wegen seines Andersseins zu bewahren, unterrichten sie ihn zuhause. Deshalb binden sie an seinem Hosengürtel auch ein Seil fest, so dass Tony sich nur bis ins Treppenhaus des alten Mehrfamilienhauses bewegen kann. Meistens verkriecht er sich lieber in seiner Festung aus Kissen und Decken.
Kurz vor Weihnachten zieht jedoch die außer Dienst gestellte Ballerina Silvia mit der Tochter Shelly ins Haus. Die aufgeweckte Shelly kann mit ihrer magischen Taschenlampe Fantasiewelten erschaffen. Außer ihr kann nur Tony diese farbenprächtigen Visionen sehen. Die beiden freunden sich schnell an. Als Shellys Vogel Fanny aus dem Käfig wegfliegt, hilft Tony ihr bei der Suche. Dabei entdecken sie, dass in der Wohnung des Hausmeisters ein Schattengeist haust, der das Licht aus dem Haus saugt und durch Streitigkeiten der Bewohner an Kraft gewinnt. »Der Geist wird größer, wenn die Menschen gemein zueinander sind«, sagt Tony einmal zu Shelly. Gemeinsam versuchen die Kinder, das Rätsel des Geistes zu lösen.
Die Drehbuchautorin Jana Šrámková hat eine metaphernreiche Geschichte geschrieben, die vor allem vom Spannungsverhältnis zwischen Licht und Dunkelheit geprägt ist. Das betrifft nicht nur die inhaltliche, sondern auch die visuelle Ebene. Denn während die Lebenswelt der Erwachsenen oft trist und düster erscheint, ist die Welt der Kinder oft von Helligkeit und kräftigen Farben geprägt. Den beiden elfjährigen Protagonisten ist zugleich gemeinsam, dass sie beim Kampf gegen die Dunkelheit auf unterschiedliche Weise die Magie des Lichts einsetzen können.
So überziehen sich Frau Knubbel, die unbedingt die Nachfolgerin des betagten Hausmeisters werden will, und andere Erwachsene im Haus mit Egoismus, Neid und Missgunst. Dagegen versuchen Tony und Shelly, für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen, notfalls eben gegen den Widerstand der Eltern, die es wohl gut mit ihnen meinen, aber nicht immer das Richtige für ihre Sprößlinge tun. Als Tony gegen seine Eltern rebelliert, beschließt er für sich: »Es ist Zeit, meine eigenen Entscheidungen zu treffen.«
In seinem ersten abendfüllenden Film, der auf dem renommierten Animationsfilmfestival in Annecy den Contrechamp-Jurypreis gewonnen hat, hat der tschechische Regisseur Filip Pošivač mit der klassischen Stop-Motion-Technik ein bezauberndes Märchen geschaffen, das mit handgemachten, liebevoll gestalteten Puppen und in originellen Kulissen eine fantastische Welt zum Leben erweckt. Der Regisseur, der bisher mit Kurzfilmen und einer Webserie hervorgetreten ist, sieht sich offenkundig in der Tradition der Puppentrickfilme des berühmten tschechoslowakischen Filmemachers und bildenden Künstlers Jiří Trnka (1912-1969), die Generationen von Kindern in aller Welt begeistert haben.
Seine größten Stärken entfaltet der Trickfilm in jenen fantastischen Szenen, in denen Shelly mit ihrer Imaginationskraft etwa eine bunte Unterwasserwelt oder Dinosaurier erzeugt oder in denen die Kinder wie auf einem Schlitten zusammen durch die Kissenlandschaft in Tonys Festung gleiten. Dagegen bleiben andere Phänomene rätselhaft oder schemenhaft. So erfährt man zum Beispiel nicht, warum sich Tonys Hände einmal schwarz verfärben und warum er das vor seinen Eltern verbirgt. Lange bleibt auch unklar, was der mysteriöse Hausmeister mit den flauschigen schwarzen Bällen zu tun hat, die immer auftauchen, wenn sich Menschen streiten. Diese Bälle können sich zu einem riesigen Monster zusammenschließen, das bedrohliche Sätze sagt, dann aber doch nicht so richtig böse zu sein scheint.
Die Unbestimmtheit solcher Motive macht es den jüngsten Kinogängern zuweilen unnötig schwer, den Ereignissen zu folgen. Sie ermutigt aber zugleich, sich selbst einen Reim auf das Gesehene zu machen und die Lücken zu füllen. Dafür ist das warmherzige filmische Plädoyer für Freundschaft und Toleranz, Respekt und Gemeinsinn umso klarer formuliert und einfallsreich gestaltet.