Deutschland 2023 · 100 min. · FSK: ab 6 Regie: Lena May Graf, Finn Christoph Stroeks Drehbuch: Finn Christoph Stroeks Kamera: Martin Schlecht Darsteller: Edin Hasanovic, Almila Bagriacik, Cristina do Rego, László Branko Breiding, Sinha Melina Gierke u.a. |
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Vielen Dank für die Blumen... | ||
(Foto: Paramount) |
»Vielen Dank für die Blumen, vielen Dank, wie süß von dir
Manchmal spielt das Leben mit dir gern Katz und Maus
Immer wird’s das geben, einer der trickst dich aus
Vielen Dank für die Blumen, vielen Dank, wie lieb von dir«
– Udo Jürgens/Siegried Rabe
Die meisten Kinogänger schämen sich für den Besuch einer romantischen Komödie, stempeln es bestenfalls als »guilty pleasure« ab und sind weit davon entfernt einzugestehen, dass eine romantische Komödie zu den größten Glücksfällen menschlicher Zeitverschwendung gehören kann. Vor allem, wenn sie richtig gut ist. Der Grad- und wohl auch Schwierigkeitsmesser bei einer romantischen Komödie ist nicht erst seit Lee Toland Kriegers Celeste & Jesse (2012) oder Peter und Bobby Farrellys There’s Something About Mary (1998) jener der Gegensätze. Je stärker sich das im Zentrum stehende Paar unterscheidet und über den dramaturgisch-komödiantischen Prozess durch Reibung annähert, desto drastischer kann die Komödie mit Slapstick arbeiten, einer der größten Künste überhaupt, wie in Verrückt nach Mary fast schon exemplarisch zu entdecken ist. Doch genauso schwer ist es wie in Kriegers kluger Komödie, den Weg Woody Allens zu gehen und über Dialoge Annäherung einer Fremde zu erzeugen, die so offensichtlich im ersten Moment gar nicht ist. Wie schwierig diese beiden Wege sind, diese Kunstform an sich, zeigen dann auch gar nicht mal die großen Meisterwerke dieses Genres, die so wunderbar in unser verlangendes Unterbewusstsein hineinsegeln, dass man den Wind kaum spürt, sondern jene Filme, die kläglich an ihrer Aufgabe scheitern. Vor allem deutsche Filme zeigen dieses Scheitern und seine filmischen Abgründe in fast schon parodistischer Art und Weise. Man sehe sich nur Generation Beziehungsunfähig oder Es ist nur eine Phase, Hase an. Doch dann und wann gibt es kleine Hoffnungsschimmer, wie Anika Deckers Liebesdings im letzten Jahr, in dem ein sehr ungleiches Paar über hanebüchene Stolpersteine dann doch ins gemeinsame Bett und sogar den gemeinsamen Beruf findet.
Ähnlich wie Deckers Film ist auch Finn Christoph Stroeks’ und Lena May Grafs Trauzeugen konzipiert, in dem eine Paartherapeutin und ein Scheidungsanwalt zueinander finden sollen. Das geht natürlich nur über gemeinsame Freunde, die heiraten wollen und wegen eines dummen Unfalls ihre Trauzeugen Marie (Almila Bagriacik) und Jakob (Edin Hasanovic) mit der finalen Planung ihrer Hochzeit beauftragen müssen. Das wirkt vor allem in den ersten Momenten noch wie eine richtig gute Idee, mehr noch als Stroeks und Graf in den ersten Bildern die USA-ähnliche Kulisse Frankfurts in Großaufnahme zeigen und für Momente tatsächlich möglich scheint, dass wir mit dem Glück einer klassischen romantischen Komödie aus Hollywood über die Mühen unseres Alltagsvollzuges getröstet werden.
Doch schon zehn Dialoge später wird deutlich, dass Kulisse noch keine Leute und erst recht keine gute Komödie macht. Denn was trotz schauspielerischer Großmühen – immerhin haben wir es hier mit einem Tatort-Star und einem Ausnahmeschauspieler und hervorragenden Podcaster zu tun – im Laufe des Films passiert, ist zwar so hanebüchen und grotesk wie die Verwirrungen in Deckers Liebesdings (und wie es sich ja auch für gute Komödien mitunter gehört), doch hat Decker ein Gefühl für gute Dialoge und ein Verständnis für Timing, wenn es zum Slapstick kommt.
In Trauzeugen wirkt jeder Dialog wie aufgesagt, ist offensichtlicher Teil eines erzählerischen Konstrukts, dessen Ende wir bereits nach fünf Minuten vor Augen sehen. Und auch vom richtigen Timing bei den so wichtigen Slapstick-Einlagen ist Trauzeugen weit entfernt, was sehr gut in der zentralen Hochzeitsszene zu erkennen ist. Kein Gag funktioniert hier, Humor wird behauptet und nicht erzeugt, selbst die Schauspieler wirken trotz ihres bemühten Over-Actings wie eingefroren, ist der Moment des Cello-Spiels viel zu lang geraten und der eigentliche Witz des Feuerwerks dann so ungeschickt eingefädelt und ebenfalls irrsinnig in die Länge gezogen, dass man hier tatsächlich von einem komödiantischen Rohrkrepierer sprechen kann.
Zwar zeigen beide Hauptdarsteller zum Ende in den Gerichtsszenen, was möglich gewesen wäre, entsteht hier für Momente eine erzählerische Energie und endlich einmal auch echte Systemkritik und sogar so etwas wie Funken zwischen Marie und Jakob, keimt tatsächlich Hoffnung auf, dass dem Trauzeugen- und Hochzeitsklischeedurchfall noch etwas Neues abgerungen werden könnte, so wie es Jeremy Garelick in seiner Die Trauzeugen AG demonstriert hat, doch dann endet der Film mit einem derartig lustlosen und spießigen Happy Holiday-Nachklapp, dass die kurze Hoffnungslust dann auch genauso lustlos wieder implodiert. Spießerland ist abgebrannt.