Deutschland 2012 · 108 min. · FSK: ab 12 Regie: Cüneyt Kaya Drehbuch: Cüneyt Kaya Kamera: Sebastian Bäumler Darsteller: Frederick Lau, Kida Khodr Ramadan, Burak Yigit, Mona Pirzad, Sami Nasser u.a. |
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So geht Integration |
Schüsse im Dunkeln, Körper stürzen, ein Beginn wie ein Actionfilm. Zwischen den Getroffenen ist dann einer, der wieder aufsteht, ein Undercover-Mann vom Verfassungsschutz, eingeschleust zwischen die Neonazis, die hier am Boden liegen. Er ist kein Held, eher ein verzweifelter junger Kerl, der diesen Job nicht mehr machen will, weil zuviel Verrat und Gewalt darin stecken. Also kündigt er, wohl wissend, dass bei einer Firma wie der seinen eine Kündigung selten ernst genommen wird. Aber vorerst ist er frei, der Zufall treibt ihn nach Berlin, in den Türkenkiez.
Er ist äußerst schweigsam, der junge Kerl Daniel (Frederick Lau), und er erwartet nichts von dem, was ihm in dieser Nachbarschaft begegnet: Redseligkeit, Witz, Neugier, vor allem Sympathie. Kaum steht er zum ersten Mal im Elektroladen von Abbas (KidaKhodr Ramadan), um sich einen Fernseher zu kaufen, wird er von dem als Freund betrachtet, ob ihm das nun passt oder nicht. Bald sind auch dessen Freunde seine Freunde, er kommt mit auf Hochzeiten, nächtliche Exkursionen, zu beliebigem Zeitvertreib. Er ist jetzt Mitglied einer Clique, bekanntlich ein erregendes Gefühl.
Während man sich ständig wundert, ob alles gleich in kriminelle Verwicklungen abrutschen wird oder ob sich hier nur einer seine Jugend zurückerobert, gibt der Film freundliche Einblicke in die Kultur der Berliner Türken. Man sieht die Ereignisse mit Daniels erstauntem Blick, und die Kamera beschäftigt sich intim mit seinen Zügen, die von der Ratlosigkeit bis zur Rührung alles widerspiegeln, was passiert, wenn man merkt, man wird Bestandteil einer neuen Welt.
Ummah ist kein Buddy-Movie und zeigt keinen Culture-Clash, denn Daniel besitzt als Gegenpart einfach zu wenig, um die nötige Reibung zu erzeugen. Dafür ist der Reichtum des türkischen Alltags umso größer, wenn er auch manchmal arg liebevoll gezeichnet wird. Ummah erzählt eher die unspektakuläre Geschichte einer Freundschaft, in der die einen haben, was dem anderen fehlt, und es ihm großzügig überlassen. Trotzdem vergisst der Erstlingsregisseur Cüneyt Kaya keineswegs den Actionfilm, den er anfangs verspricht: stets lauert der hinter den Bildern, bis seine Chance kommt, noch einmal durchzubrechen.