USA 2009 · 92 min. · FSK: ab 16 Regie: Patrick Tatopoulos Drehbuch: Danny McBride, Len Wiseman, Robert Orr Kamera: Ross Emery Darsteller: Michael Sheen, Bill Nighy, Rhona Mitra, Steven Mackintosh, Kevin Grevioux u.a. |
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Biopolitik mit eher schlichter Action |
»Romeo und Julia« in grauer Fantasy-Vorzeit, vermischt mit der Geschichte eines »Spartakus«-artigen Aufstandes von Werwolf-Sklaven gegen Vampir-Herrenmenschen – dies ist der spannend klingende Kern von Patrick Tatopoulos drittem Teil der Underworld-Reihe. In deren erstem Film war der Kampf zwischen Vampiren und Werwölfen noch überaus elegant inszeniert worden. Ein konsequent inszeniertes, mythisches Fantasymärchen, das Noir-Anspielungen, Gothic-,
Horror- und Comic-Elemente mit einer angemessenen Portion Fetischismus vermischte, in Stil wie Story erwachsener und komplexer war, auch amoralischer und ironischer, und insgesamt weniger in Mainstream-Konventionen erstickte als globale Kinogroßprodukte à la Herr Der Ringe – und trotzdem ein weltweiter Erfolg wurde. Zwei Sequels waren die Folge. Underworld
Evolution gefiel den Fans des ersten Teils, enttäuschte aber alle, die Weiterentwicklungen erwarteten oder sowieso glatten Mainstream bevorzugen, und war nicht in der Lage, ein neues Publikum zu generieren.
Jetzt kommt Underworld – Aufstand der Lykaner ins Kino, gewissermaßen eher eine »Reloaded«-Version der Franchise, weil sie die Handlung nicht weiterführt, sondern deren Vorgeschichte als Prequel erzählt. Das bedeutet, dass hier auch mit Kate
Beckinsale die Hauptdarstellerin der ersten beiden Filme bis auf einen kurzen Rahmenauftritt fehlt, Regisseur Len Wiseman ist zum Produzenten geworden.
Eine dunkle Burg in einem dunklen Wald, irgendwo im frühmittelalterlichen England. Nächtliche Dunkelheit herrscht auch über weite Teile des Films. Der Grund hierfür ist klar, sind doch die Bewohner Vampire, die sich nur tagsüber aus den kalten Mauern wagen. In der Rassentheorie, die die Underworld-Filme recht unverhüllt entfalten, bilden die Vampire – aristokratisch, elegant, gebildet, mächtig – die Spitze der Hierarchie. Ihr Gegenpol sind die verfeindeten, von primitivem Blutdurst getriebenen, amoralischen Werwölfe, die im Wald leben. Die Menschen – schwach, korrupt, wehrlos – sind ihnen dagegen zu Zwangsabgaben verpflichtet, denn nur die Vampire schützen sie gegen die Werwölfe. Die Vampire haben zudem einige der Werwölfe gefangen genommen und aus ihnen mit Menschenblut die Rasse der Lykaner gezüchtet: Potentiell enthält diese Biopolitik eine Zukunftsvision für eine genetische Zivilisierung und Moralisierung der Werwölfe. Ein Heer von Arbeitssklaven, die der mit weitgehend absoluter Gewalt regierende Vampirfürst Viktor als Wächter und Diener missbraucht.
Explosiv wird diese feste Ordnung, als Viktors Tochter, die amazonenhafte Sonja, sich in Lucian verliebt, den Lieblingslykaner ihres Vaters, der als Waffenschmied im Schloss arbeitet. Als sie auch noch ein Kind erwartet und die Überbrückung der Rassenschranke droht, geraten die festgefügten Säulen dieser hierarchischen Gesellschaft ins Wanken. Lucian hat bereits einen Aufstand vorbereitet, befreit die übrigen Lykaner und der titelgebende Aufstand beginnt...
Underworld – Aufstand der Lykaner ist primär ein actionsgetränktes, kurzweilig inszeniertes Fantasy-Spektakel. Alles ist rasant, solide gemacht, keineswegs ärgerlich. Die Stärken des Films liegen in seiner Inszenierung. Sie ist aber auch ein bisschen langweilig, zumal der dritte Film auf seine früheren gezielten stilistischen Übertreibungen verzichtet. Die Hauptschwäche ist seine Vorhersehbarkeit. Eine ironische Brechung fehlt ebenso wie
umgekehrt Mut und Lust zum Pathos – das diesem Melodram um grenzüberschreitende Liebe in den Mühlsteinen eines ewigen Konflikts so gut angestanden hätte. So gelingt es dem Film auch nie, das Potential der Vorgängerfilme zu entfalten, denen es gelungen war, aus klassischen Kinostoffen Skizzen einer Neuen Mythologie zu entwerfen. Auch aus dem derzeit ungemein populären und im Gegenwartskino vielfältig ausgeschöpften Vampirismus-Komplex macht der Film im Grunde viel zu wenig.
Politische Bezüge – von Klasssenkampf bis Rassenwahn – ignoriert Tatopoulos.
Wie seine Vorgänger handelt zwar auch dieser Film im Grundsätzlicheren von den Nachtseiten der Welt, und erfüllt darin eine der Elementarforderungen, die seit der Schwarzen Romantik an gute Fantasy gestellt werden sollten. Auch Underworld – Aufstand der Lykaner ist ein düsterer Film, der dem Betrachter manch unangenehme Erfahrung beschert. Aber allzu schnell
wird dies wieder integriert. Zu wenig verborgene Ängste, auch zu wenig verborgenes Begehren ergänzen die Unterhaltungsoberfläche. Und vor allem wird die Subversion und der Underground nicht formal beglaubigt. Stilistisch liegt Patrick Tatopoulos jede Grenzüberschreitung fern. Genau die und die Lust daran ist aber für diese Art Kino unentbehrlich.