USA/GB/F/D/CDN 2011 · 113 min. · FSK: ab 12 Regie: Jaume Collet-Serra Drehbuch: Oliver Butcher, Stephen Cornwell Kamera: Flavio Labiano Darsteller: Liam Neeson, Diane Kruger, January Jones, Aidan Quinn, Bruno Ganz u.a. |
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Quatsch, der großen Spaß macht |
Der Biotechnologe Dr. Martin Harris, ein exzellenter Wissenschaftler, reist gemeinsam mit seiner Frau Gina nach Berlin, um dort an einem wissenschaftlichen Kongress teilzunehmen. Das Paar steigt im Hotel Adlon ab, da bemerkt Harris, dass am Flughafen ein Gepäckstück zurückgeblieben ist. Er kehrt um. Auf dem Weg zurück wird Harris' Taxi in einen schweren Unfall verwickelt – nur mit Glück kommt der Mann mit dem Leben davon. Erst nach vier Tagen im künstlichen Koma wacht er
im Krankenhaus wieder auf – doch als er seine Identität beweisen will, scheint ihn niemand mehr zu kennen, inklusive seiner Frau, und im Hotel wohnt an ihrer Seite ein anderer Mann, ebenfalls Biotechnologe. Sein Name: Dr. Martin Harris!
Hat dieser Mann, der zuwenig wusste, nun sein Gedächtnis verloren, und hält sich für jemand anderen? Oder ist das alles etwa nur ein böser Traum? Oder war stattdessen die Ankunft in Berlin geträumt? Oder ist er das Opfer einer Verschwörung
geworden? Oder täuscht er alle, und weiß es selbst viel besser? Die Wahrheit schillert in vielen Farben und jedenfalls ist uns Zuschauern schnell klar: Nichts ist hier, wie es scheint.
Man kennt das bereits aus den klassischen Psychothrillern eines Alfred Hitchcock, wie deren moderneren Geschwistern aus den Händen von Roman Polanski und Brian De Palma. Jetzt schickt sich der Spanier Jaume Collet-Serra an, in die Fußstapfen solcher Meister zu treten: Sein neuer Thriller Unknown Identity verbindet Spannung mit charmanter Leichtigkeit, und hat vor allem den Vorzug, sich nicht übermäßig ernst zu nehmen – darum akzeptiert man die hanebüchene Handlung aus Zufällen, Verschwörungen, Schießereien und Identitätswechseln, bei der unter anderem auch größere Teile der deutschen Hauptstadt Berlin in Schutt und Asche gelegt werden, sehr gern, und vergnügt sich mit den vielen Vorzügen dieses Films, der das Zeug zum modernen Klassiker
hat: das angenehme Flair eines altmodischen Thrillers. Damit wird Unknown Identity genau das, was Donnersmarcks The Tourist gern gewesen wäre. Durch den Schauplatz Berlin wird der Film überdies zu einem wunderbaren Berlinfilm, übrigens auch zu einem Anti-Sarrazin-Berlinfilm, denn er zeigt sympathischerweise einmal gute Immigranten, vor denen keiner
Angst haben muss. Die Besetzungsliste bringt mit den Weltstars Liam Neeson, Bruno Ganz, Diane Kruger und Sebastian Koch mit subtiler Ironie und in einer kuriosen Rollenkonstellation Schindler, Hitler, und die Hitler-Attentäter Stauffenberg und Bridget von Hammersmarck zusammen auf die Leinwand. Und Ganz, der hier mit Schmunzeln und unglaublich viel ersichtlichem Vergnügen einen recht sympathischen alten Stasi-Hauptmann namens Ernst Jürgen spielt, sagt einige Sätze, die aus
seinem Mund immer noch ein bisschen anders klingen: »Ich will Details«, »Ich erinnere mich an die guten alten Zeiten.«
Ansonsten ist Unknown Identity irgendwie natürlich auch ein Riesenquatsch, aber vor allem ein klassisches »Guilty Pleasure«, ein schuldhaftes Vergnügen, also ein Film, der großen Spaß macht, aber nur deshalb, weil jeder weiß, nicht zuletzt der Film und seine Macher selbst: dass man dies niemals mit großer Kunst verwechseln kann und sollte.