Kanada 2003 · 105 min. · FSK: ab 0 Regie: Robert Lepage Drehbuch: Robert Lepage Kamera: Ronald Plante Darsteller: Robert Lepage, Anne-Marie Cadieux, Céline Bonnier, Lorraine Côté u.a. |
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Nicht nur kindliche Begeisterung für den Weltraum |
Anstelle einer Kritik
1. Weil man seit Lepages großartigem Le Confessionnal kaum einen seiner Film zu sehen bekam, man auf Die Andere Seite Des Mondes trotz Auszeichnungen und guter Kritiken drei Jahren warten musste, der Münchner Kinostart nun äußerst spärlich ausfiel und ein schnelles Verschwinden zu befürchten ist.
2. Weil es sich um einen typischen kanadischen Film handelt, was bedeutet, dass er weniger »oberflächlich« wie die meisten amerikanischen und weniger streng wie die meisten europäischen Filme ist.
3. Weil (ausgerechnet?) der Theatermann Lepage vorführt, wie man die neuen technischen Möglichkeiten des Kinos sinnvoll einsetzt, um eine kühne Geschichte adäquat umzusetzen.
4. Weil der Film unglaublich treffend und nachvollziehbar alltägliche Sorgen, Probleme und Beziehungen beschreibt und mit der gleichen Selbstverständlichkeit von Dingen »jenseits unserer Welt« handelt.
5. Weil er in der einen Minute saukomisch und in der anderen tief melancholisch ist und man diese Gefühlssprünge problemlos mitmacht.
6. Weil beim Einsatz von Musik und Ton große Könnerschaft bewiesen wurde, was leider gerne übersehen (bzw. überhört) wird.
7. Weil Robert Lepage in der Doppelrolle der beiden Brüder eine schauspielerische Sensation ist.
8. Weil der Film streckenweise ein wunderbares und wundersames Hirngespinst ist.
9. Weil das Multitalent Lepage bravourös Elemente aus allen anderen Künste zusammenführt, um einen originären Film daraus zu machen.
10. Weil Die Andere Seite Des Mondes ein interessantes Gegenstück zum verwandten Adaptation von Spike Jonze bildet, wobei sich diese beiden Filme zueinander verhalten, wie die ungleichen Brüder, von denen sie handeln (der ruhige, sorgenbeladene Geniale und der unverfrorene, laute Erfolgreiche).
11. Weil man bei der Geschichte nur schwer die Grenzen zwischen Realem, Realistischem, Fakten, Fiktivem und Surrealem ziehen kann und ich mich deshalb immer ein wenig an Jorge Luis Borges erinnert fühlte.
12. Weil er das Thema Raumfahrt mit der selben (ewig) jugendlichen Begeisterung angeht, mit der sich Wes Anderson in The Life Aquatic with Steve Zissou der Meeresforschung gewidmet hat, und damit so weit entfernt von allem technikseeligen, pathetischen NASA-Gedöns ist.
13. Weil der Film intelligent ist, ohne kompliziert zu sein und fantastisch ist, ohne sich im Märchenhaften zu verlieren.
14. Weil er es schafft, der verkitschten und abgenudelten Mondscheinsonate ihren verhangenen, hypnotischen Charme zurückzugeben.
Da eigentlich jeder einzelne dieser Gründe ausreicht, um einen Besuch von Die Andere Seite Des Mondes zu rechtfertigen, sollte die Entscheidung bei derer 14 nicht mehr schwer fallen. Es soll aber auch niemand davon abgehalten werden, jeden dieser Gründe in einem eigenen Kinobesuch zu überprüfen.