Walkabout

Australien 1971 · 100 min.
Regie: Nicolas Roeg
Drehbuch:
Kamera: Nicolas Roeg
Darsteller: Jenny Agutter, Luc Roeg, David Gulpilil, John Meillon u.a.

Ungebannter Schrecken

Nicholas Roegs erster Film nach 27 Jahren in deutschen Kinos

Ein stiller Film. Ein merk­wür­diges, fremdes Erlebnis. Und aus heutiger Sicht – Walkabout entstand bereits 1971 – ein absolut unge­wohnter visueller Stil, der viele heutige Regiseure beschämt.

Warum Nicholas Roegs erster eigener Film – der genia­li­sche Perfor­mance entstand gemeinsam mit Donald Cammell – erst heute ins Kino kommt, ist unklar. Viel­leicht überwog schon damals das Befrem­dende an dieser vom briti­schen Drama­tiker Edward Bond verfaßten Geschichte eines jungen Geschwis­ter­paares, das nach dem Selbst­mord des Vaters, noch unter Schock stehend, auf sich gestellt durch die austra­li­sche Wüste laufen muß.

Berühmt wurde der heute 70jährige britische Regisseur der zuvor bereits als Kame­ra­mann für David Lean und Francois Truffaut Ruhm erntete, erst mit seinem nächsten Film Don’t Look Now (Wenn die Gondeln Trauer tragen) von 1973. Wie hier geht es fast immer bei Roeg um die Passionen und trau­ma­ti­schen Abgründe des Mensch­li­chen, die auch durch noch so gelungene Zivi­li­sie­rung nicht zu bändigen sind, um surreale Visionen, die blitz­artig in den Alltag einbre­chen, und ihn verstören. Die Moderne bannt die Schrecken nicht voll­s­tändig, so kann man das verstehen.

Wer jetzt diesen unge­wöhn­lichsten von Roegs unge­wöhn­li­chen Filmen sieht, erkennt thema­ti­sche Konti­nuitäten und – trotz äußer­li­cher Unter­schiede – die Verwandt­schaft mit späterem. Denn ein »Walkabout«, also im Engli­schen »kleiner Spazier­gang«, ist eine zynische Beschrei­bung für das, was den beiden Kindern, deren Namen man nicht erfährt, geschieht.
Der kleine Junge (Luc Roeg) und das puber­tie­rende Mädchen (Jenny Argutter) ziehen durch feind­liche, zugleich aber bezau­bernde Natur. Diese Rückkehr in den Garten Eden vollzieht sich langsam, erst die Begegnung mit einem jungen Aborigine (David Gulpill), der allein auf sich gestellt ein Mann­bar­keits­ri­tual voll­ziehen muß, wird zum völligen Eintau­chen ins Fremde, aus dem es – trotz der gleich­zei­tigen Erin­ne­rung an den Tod des Vaters, trotz der Erkenntnis, daß sie nur zur einen Hälfte hierher gehören – kein Zurück gibt.
Danach wird alles anders sein. Für immer.