Brasilien 2013 · 93 min. · FSK: ab 0 Regie: Mara Mourão Drehbuch: Mara Mourão Kamera: Dado Carlín, Cristiano Wiggers Schnitt: André Finotti, Renata Terra |
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Gute Menschen machen keine schlechten Filme – oder? |
Wen kümmert es? – Sie kümmert es: »Social Entrepreneurs« sind Menschen, die ihr soziales Engagement zu ihrem Beruf gemacht haben. Die Brasilianerin Mara Mourão stellt in Who cares? Du machst den Unterschied eine ganze Reihe dieser sozialen Macher vor. Die Dokumentation verdeutlicht, wie verschiedenartig solch ein Engagement aussehen kann, und zeigt, wie eine zuerst bescheiden erscheinende Maßnahme direkt vor Ort sich manchmal später zu einer globalen Bewegung auswächst.
Joaquim Melo, Muhammad Yunus, Bart Weetjens und viele weitere: Sie alle sind soziale Unternehmer – und waren es zum Teil bereits, bevor es für ihr vielfältiges Berufsbild mit »Social Entrepreneur« überhaupt eine griffige Bezeichnung gab. – Joaquim lebt in einer Favela, einem brasilianischen Elendsviertel am Rande einer großen Stadt. Doch er ist stolz auf seine Heimat. Er ist stolz darauf, wie die Einwohner dieses Viertel selbst Stein für Stein aufgebaut haben. Nun fehlt nur noch Geld.
Aber wenn man all die verschiedenen Arbeitseinkommen, Renten etc., zusammenrechnet, gibt es eigentlich bereits eine Menge Geld. Dieses versickert jedoch, wie bei einem Wasserkrug voller Löcher, da es nicht vor Ort ausgegeben wird. Joaquim hat nachgedacht, wie man diese Löcher stopfen kann. Seine Idee: Eine Bank vor Ort, die eine eigene Währung ausgibt, die man überall in der Favela – und zwar nur da – verwenden kann. Diese Bank hat er selbst gegründet. Das Konzept kommt gut an, es bleibt bereits wesentlich mehr Geld in der Favela, der Wohlstand wächst.
Muhammad Yunus aus Bangladesch hat bewiesen, dass ein innovatives Finanzierungskonzept vor Ort, ganz gewaltige Wellen schlagen kann: Er war der erste, der den Armen in einem kleinen Dorf winzige Kredite gewährte. Das Konzept hat sich mittlerweile um den gesamten Globus verbreitet. Der Begriff »Mikrokredit« ist inzwischen gut bekannt. – Der Film stellt jedoch auch völlig andere Projekte vor. Besonders skurril ist der Einfall des belgischen buddhistischen Mönches Bart Weetjens: Er hat in Tansania Ratten darauf trainiert Landmienen aufzuspüren und Tuberkulose nachzuweisen.
So erzählt Who cares? Du machst den Unterschied großartige Geschichten, die dem Zuschauer verdeutlichen, dass »Social Entrepreneurs« wahre Helden des Alltags sind, die ehrenwerte Anliegen mit ihrer ganzen Energie verfolgen. Nur leider vertraut die Regisseurin Mara Mourão nicht der Kraft, die in diesen Erzählungen steckt, sondern versucht die Intensität ihrer Dokumentation mit Mitteln des Werbefilms zu verstärken:
So sieht man in schnell geschnittener Abfolge freundlich lächelnde Gesichter von Menschen aus aller Welt. Diese erzählen mit verschmitztem Grinsen zu pathetischer Musik, dass sie früher beim Einchecken im Hotel nie wussten, welchen Beruf sie angeben sollten. Ihre hochinteressanten Tätigkeiten seien so vielfältig, dass keine etablierte Berufsbezeichnung wirklich passen würde. Aber jetzt ist zum Glück alles anders und besser. Jetzt schreiben sie voller Stolz: Beruf: Social Entrepreneur!
Das Ganze gipfelt in einer wirklich kitschigen Animation, welche die glückliche globale Gemeinschaft der durch engagierte Social Entrepreneurs vereinten Menschen visualisieren soll. Das ist selbst bei aller Liebe ein wenig zu viel des Guten. Unschwer ist zu erkennen, dass Who cares? Du machst den Unterschied ein Film ist, mit dessen Hilfe tatsächlich neue »Social Entrepreneurs« rekrutiert werden sollen. Leider ist diese Taktik ein wenig kontraproduktiv, da der Zuschauer sich durch sie unnötig unangenehm überrumpelt fühlt. Es wäre besser gewesen, die zahlreichen oft charismatischen Aktivisten einfach für sich sprechen zu lassen.
Doch auch wenn die Machart von Who cares? Du machst den Unterschied öfter für Irritation sorgt, ist der Film inhaltlich sehr aufschlussreich und anregend. Der einzige Kritikpunkt liegt hier darin, dass ausschließlich Menschen gezeigt werden, die ihr Engagement gleich zu ihrem Beruf gemacht haben. Um zu zeigen, dass wirklich jeder etwas bewegen kann, wäre es gut gewesen, auch Menschen vorzustellen die sich nur in ihrer Freizeit engagieren. – Andererseits: Who cares?