USA 2012 · 100 min. · FSK: ab 6 Regie: David Frankel Drehbuch: Vanessa Taylor Kamera: Florian Ballhaus Darsteller: Meryl Streep, Tommy Lee Jones, Steve Carell, Jean Smart, Ben Rappaport u.a. |
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Alte Liebe rostet nicht |
Ein wenig irritierend ist das schon, die Hinwendung des Gegenwartskinos zum Thema Altwerden. Allein schon in diesem Jahr habe wir Alte in Indien (Best Exotic Marigold Hotel), Alte in London (Late Bloomers) und Alte in Paris (Liebe) gesehen. Die kommerziellen Interessen liegen auf der Hand, keine Frage, immer weniger junge Menschen gehen ins Kino. Doch zum Glück sind da noch die »Alten«. Menschen, die mit »ins-Kino-gehen« sozialisiert worden sind. Und werden „ihre“ Themen endlich einmal bedient, nachdem dies ja fast eine ganze Generation der Fall gewesen ist, sind sie auch bereit, ihren Weg wieder in die Kinosäle zu finden. Bislang scheint sich das auzuzahlen, denn ein Ende der »Altersproduktionen« ist nicht in Sicht. Und das ist auch gut so. Was im Grunde nur irritiert, ist folgendes: wenn dies das letzte noch abzuschöpfende Publikumssegment ist, was nur mag danach kommen? Oder wird sich die alternde Dame Kino eine Paartherapie leisten müssen, um wieder einigermaßen mit ihren früher so zahlreichen Partnern zu funktionieren?
Was im wirklichen Leben nicht funktionieren dürfte, im Film – und dieses Mal sind es Alte in Hope Springs – darf es sein: Kay (Meryl Streep) ergreift nach zuletzt lustlosen Ehejahren die Initiative und überredet Arnold (Tommy Lee Jones) zu einer Paartherapie in Hope Springs, einen kurzen Flug und eine längere Autofahrt entfernt von ihren eingefrästen Alltagsritualen. Das geht zu Anfang gar nicht gut. Arnold sträubt sich – wunderbar bieder-griesgrämig von Tommy Lee Jones angelegt – gegen jede Änderung und Kay – ebenso wunderbar, jedoch bieder-fröhlich interpretiert – sträubt sich gegen den Stillstand, gegen Arnold. David Frankel (Der Teufel trägt Prada) überzieht im einleitenden Alltagsteil hin und wieder ein wenig, um dem Film komödiantische Facetten abzugewinnen und die unerträgliche Bitterkeit, die langen Ehen oft eigen ist, überhaupt erträglich zu machen. Doch mit der dann tatsächlich umgesetzten Paartherapie läuft Wie beim ersten Mal ein wenig ausgewogener, will heißen: glaubwürdiger, dahin. Allerdings auf Kosten von Steve Carell, der in der Rolle des Paartherapeuten Dr. Bernard Field im Grunde nur im Abspann seine komödiantischen Qualitäten ausspielen darf und die meiste Zeit dasitzt wie ein römischer Kampfhund mit Maulkorb. Das tut Carell nicht gut. Der Film gewinnt dadurch immerhin eine – vielleicht etwas harmlose – Intensität, die aber immer wieder durch glaubwürdig peinliche und schonungslose „Paarübungen“ bereichert wird, in dem sowohl Streep als auch Jones ihre dann doch stark stereotypen Rollen überraschend zu variieren beginnen. Frankel und dem überzeugenden Ensemble ist dabei hoch anzurechnen, dass zumindest „körperlich“ nicht beschönigt wird. Wer sich allerdings nach unbeschönigten paartherapeutischen Momenten im Film sehnt, sollte sich besser der ersten Staffel von Intreatment zuwenden.
Der vielleicht schönste Moment des Films ist leider erst im Abspann versteckt, der grotesk-romantische Tanz der Paare am Strand von Hope Springs, wo der Film zeigt, was er hätte sein können, hätte sich Frankel für ein Genre entschieden oder die Gratwanderung zwischen den Genres etwas glücklicher gestaltet. Oder hätte er – statt altersgemäß weichzuspülen – mehr Mut gehabt und sich etwa dann doch zu einem so wundervoll schonungslosen Dreier mit Rentnerin entschieden, wie er gerade in Adam Sandlers Der Chaos Dad zu bewundern war.