Alien – Die Wiedergeburt

Alien: Resurrection

USA 1997 · 108 min. · FSK: ab 16
Regie: Jean-Pierre Jeunet
Drehbuch:
Kamera: Darius Khondji
Darsteller: Sigourney Weaver, Winona Ryder, Ron Perlman, Dominique Pinon u.a.

Man mag’s ja kaum glauben, aber manchmal sind sogar Hollywood-Produ­zenten lernfähig. Bei Alien3 noch hatte man konse­quent jedes kreative Wagnis abgelehnt und Autoren wie William Gibson und Regis­seure wie Vincent Ward gefeuert, sobald sie es wagten, unkon­ven­tio­nelle Ideen zu haben. Das Ergebnis war ein mißglückter, konfuser Film, der heute nur im Rückblick inter­es­sant ist – läßt er doch bereits erahnen, was David Fincher inzwi­schen mit Seven und The Game bewiesen hat: daß er mit einem vernünf­tigen Drehbuch und mehr kreativer Freiheit zu weitaus Besserem fähig ist.
Da sich aber ausnahms­weise die Qualität des Films auch auf die Einspiel­ergeb­nisse auswirkte, hatten die Produ­zenten diesmal ein Einsehen und verpflich­teten einen Regisseur, der nicht gerade für ameri­ka­ni­schen Main­stream bekannt ist: Jean-Pierre Jeunet, der zusammen mit Marc Caro für Deli­ca­tessen und La cité des enfants perdus verant­wort­lich zeichnete.

Diese Wahl war durchaus glücklich getroffen. Denn Jeunets Vorliebe für das Monströse, Abartige erweist sich als bestens geeignet, um Alien: Resur­rec­tion zu einer zeit­ge­mäßen Fort­füh­rung der Serie zu machen. Denn die Verteu­fe­lung des »Anderen«, die klare Stabi­li­sie­rung von Identität durch radikale, reak­ti­onäre Ausgren­zung, die panische Phobie vor Sexua­lität, die vor fast 20 Jahren in Alien noch so wunderbar funk­tio­nierten, sind heute nicht ganz auf dem aktuellen Stand der Dinge.
Alien: Resur­rec­tion hat kapiert, daß die »sexual politics« am Ende der ‘90er kompli­zierter geworden sind. Ripley (Sigourney Weaver besser denn je) ersteht als geklontes Wesen wieder auf – der weibliche Körper als Produkt männ­li­cher Schöp­fer­phan­ta­sien. Doch die Kontrolle über das Geschöpf funk­tio­niert nicht mehr: Ripley Nr.8 ist dem Monster allzu nah gekommen, das Monströse ist Teil von ihr geworden, und diesmal denkt sie gar nicht daran, sich davon zu trennen und es auszu­merzen. Mensch und Monster, Mensch und Maschine – die Grenzen verschwimmen in hier bis zur Unkennt­lich­keit, und die alte Macho­garde spaziert nur noch als Selbst­par­odie durch den Film.

Alien: Resur­rec­tion ist dabei ganz deutlich ein Seri­en­film. Das heißt: er baut bewußt auf das Vorwissen des Publikums, spielt mit den bekannten Mustern und Bildern. Seine ganze Kraft entfaltet er nur im Dialog mit den vorher­ge­henden drei Teilen. Dies ist jedoch keines­wegs als Manko anzusehen, wenn ein Film dieses Spiel mit soviel Geschick und Freude betreibt wie Jeunets Werk, das die Vor-Bilder unter­gräbt, neu montiert und umdeutet.

Jeunet hat sich Hollywood nicht ange­bie­dert; er brachte seinen Kame­ra­mann und seinen Cutter ebenso mit wie Stamm­schau­spieler Dominique Pinon und blieb seinem Stil treu. Der Nachteil davon ist, daß sein Talent als strin­genter Erzähler auch in dieser Produk­tion nicht stärker geworden ist; am Voran­treiben der Handlung war er noch nie sonder­lich inter­es­siert. In Sachen Suspense oder Action reicht Alien: Resur­rec­tion in seiner Gesamt­heit jeden­falls nicht an seine Vorgänger heran – obwohl einzelne Sequenzen wie die Flucht durch eine über­flu­tete Küche auf diesen Gebieten absolut konkur­renz­fähig sind. Der Vorteil – und den finde ich höher zu bewerten – ist, daß Jeunet auch mit seinem ersten ameri­ka­ni­schen Film einen wunderbar surrealen Alptraum mit dichter, düsterer Atmo­s­phäre insze­nieren konnte. Und wo er das Genre doch bedienen muß, gelingt es ihm stets, die üblichen Klischees durch herrlich absurde Details und seine bizarre Optik zu unter­wan­dern.

Man kann nur hoffen, daß das Beispiel von Alien: Resur­rec­tion Schule macht. Denn wo inno­va­tive, unkon­ven­tio­nelle Regis­seure wie Jean-Pierre Jeunet zur Tat schreiten dürfen, da wird auch noch der vierte Teil einer vermeint­lich ausge­lutschten Serie zu einem intel­li­genten Vergnügen.