USA 2014 · 106 min. · FSK: ab 6 Regie: Zach Braff Drehbuch: Adam J. Braff, Zach Braff Kamera: Lawrence Sher Darsteller: Zach Braff, Kate Hudson, Mandy Patinkin, Josh Gad, Joey King u.a. |
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Die fehlende Prise Realismus |
Was wäre der amerikanische Film ohne das Familienfrühstück! Wie kann man das funktionierende Miteinander im Alltag effektiver vorstellen als am sonnendurchfluteten Küchentisch, auf dem meist Berge von Pancakes und Ei-Variationen angehäuft sind, die Deutsche nur vom Sonntagsbrunch oder USA-Urlaub kennen und der Sohn für eine Minute alle schlimmen Wörter sagen darf, die ihm einfallen, während normalerweise Papa das pädagogisch wertvolle „Fluch-Glas“ im Alleingang mit Geld bestückt! Ach, wunderbar, diese lockeren Eltern. So sind die Blooms, die Mutter Sarah (Kate Hudson) arbeitet als Sachbearbeiterin und der arbeitslose Mann Aidan (Zach Braff) fährt die zwei Kinder zur jüdischen Privatschule, macht seine Späßchen mit den orthodoxen Lehrern und fährt zum nächsten erfolglosen Vorsprechen in Los Angeles. Zwischendurch verfolgen ihn Imaginationen, in denen er im Raumanzug durch die Gegend rennt, um die Welt zu retten.
Letztlich geht es in diesem Film um das Erwachsenwerden und damit um den Versuch, Träume, Beruf und Familie unter einen Hut zu kriegen. Wie das filmreif funktionieren kann, wenn sich alle nur genug Mühe geben, zeigt uns Zach Braff, bekannt als Hauptdarsteller der Serie Scrubs, in seiner zweiten größeren Regiearbeit nach dem sehr erfolgreichen Garden State (2004). Als Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller gestaltet er einen mit Ideen und Themen vollgepackten melancholischen Wohlfühlfilm, in dem es ein bisschen zu viel Zeitlupe und Zuckerguss gibt.
Der arbeitslose, aber recht zufriedene Schauspieler wird aus seiner gemächlichen Routine gerissen, als ihm sein Vater, der bisher das Geld für die teure Schule bezahlt hat, mitteilt, dass er das Geld ab sofort für seine Krebsbehandlung braucht. Damit kommt der Stein der Veränderung ins Rollen: Aidan unterrichtet seine Kinder von nun an zuhause und der sich schnell verschlechternde Gesundheitszustand seines Vaters bringt ihn dazu, auch hier mehr Verantwortung zu übernehmen und sich seiner Werte und Lebensprioritäten bewusst zu werden.
Der sehr unkonventionelle Schulunterricht, der z. B. aus einer gemeinsamen Zaunreparatur und einem Ausflug in die Wüste besteht, ist vergnüglich anzuschauen. Ebenso die Wandlung der überangepassten, sehr religiösen Tochter (absolut fantastisch: Joey King) zum mutigen Teenager oder die Begegnungen mit dem freakigen Bruder von Aidan, Noah (Josh Gad), der fast jeden Familienkontakt meidet und sich dafür lieber in seinem Wohnwagen auf den Verkleidungswettbewerb der Comic-Messe vorbereitet, um seine Nachbarin zu beeindrucken.
Aber auch schwere Themen wie der Sterbensprozess des Vaters (bewegend: Mandy Patinkin – bekannt aus der Serie Homeland), sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und Fragen nach dem Sinn des Lebens werden in dieser bunten Mischung mitverhandelt. Der Ton bleibt dabei fast immer locker oder süßlich melancholisch, schöne Bilder, Zeitlupen und der abwechslungsreiche Soundtrack, der allerdings keine überzeugende Linie findet, glätten die echten Härten, die das Drehbuch beinhaltet. Besonders deutlich wird das in der Rolle der schönen Ehefrau, in der Kate Hudson immer nur lächeln muss und mit übermenschlicher Geduld die lange Sinn- und Selbstverwirklichungsjobsuche des Partners durch ihre stupide Lohnarbeit unterstützt, die zynischen Bemerkungen des Schwiegervaters über die fehlenden Versorgerqualitäten Aidans ins Leere laufen lässt und letztlich Vater und Söhne zusammenführt. Das ist einfach zu viel, hier fehlt eine Prise Realismus, ein echter Streit vielleicht oder blanke Nerven oder etwas weniger Weichzeichner an der Waschmaschine. Zu viel sind dann auch die glücklichen Fügungen am Ende, man muss ja erwachsen werden …
Dass Zach Braff die Hälfte des Budgets durch Crowdfunding über die US-Internetplattform Kickstarter finanzieren musste, bleibt eher unverständlich, da der Selbstfindungstrip durchaus mainstream-tauglich ist und niemanden verstört im Kinosessel zurücklassen wird.
Im Gedächtnis bleiben werden sicherlich die pinkfarbene Perücke von Joey King und ihr herrlich schräger Auftritt beim ersten Tragen (natürlich in Zeitlupe, sei’s drum!), ein paar gute Gags und die berührenden Szenen am Sterbebett. Ach ja, Jim Parsons (Sheldon aus der Serie Big Bang Theory) hat auch ein paar kleine Auftritte – es ist die Zeit, in der Serienstars zurück ins Kino flüchten.