Österreich/D 2016 · 103 min. · FSK: ab 12 Regie: Josef Hader Drehbuch: Josef Hader Kamera: Andreas Thalhammer, Xiaosu Han Darsteller: Josef Hader, Pia Hierzegger, Georg Friedrich, Jörg Hartmann, Denis Moschitto u.a. |
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Josef Hader und Georg Friedrich beim wutentbrannten Leben im Prater |
Josef Hader, Kabarettist und Schauspieler aus Wien, ist alles das, was im deutschen Kulturleben selten ist: Er ist selbstironisch und misanthropisch, narzisstisch und medienscheu. Seine Figuren sind ausgebrannte, müde Loser.
Jetzt hat Hader selbst Regie geführt. Das Ergebnis Wilde Maus, benannt nach der Achterbahn am Wiener Prater, ist ganz nett, aber irrelevant – so urteilten zumindest die Kritiker der Berlinale, auf der Wilde
Maus im Wettbewerb lief, was sogar den Regisseur und Hauptdarsteller selbst überraschte.
Haders Regiedebüt erzählt von einem Fall von Altersdiskriminierung, einem Vorgang, wie er mitten aus dem Leben gegriffen ist: Georg, ein älterer und alternder Journalist, Feuilletonist, ein Musikkritiker in Wien, wird gefeuert, weil man etwas Junges, Frisches haben will. Und weil er einen »alten Vertrag« hat, der dem Verlag zu teuer kommt.
»Vielleicht passiert mir morgen dasselbe, vielleicht kommt morgen für mich jemand, der jünger ist und billiger«, sagt sein deutscher Chef. Der Schurke ist in diesem Wiener Spiel natürlich ein Deutscher, ein kaltlächelnder »Piefke«, der als neuer Chefsanierer in den Verlag geholt wurde. Denn für solche unangenehmen Aufräumarbeiten sucht sich der Kapitalismus immer Ausländer, weil diese keinen persönlichen Bezug zu dem haben, was sie da sanieren sollen. Der Deutsche lässt sich auch von Drohungen nicht beeindrucken: »Es wird Leserproteste geben.« – »Glaub ich nicht. Ihre Leser sind zum größten Teil schon tot.«
So bleibt dem Groß-Kritiker Georg, gerade noch wichtigste Kunstinstanz in der österreichischen Hauptstadt, nichts als zu kapitulieren, als sein Leben neu zu ordnen, sich neu zu orientieren und auf Rache zu sinnen. Zunächst tobt sich die Wut des Gefeuerten da aus, wo man einen auf Status bedachten Deutschen am Empfindlichsten treffen kann: An seinem Auto, dem schicken Porsche-Cabrio des Chefsanierers.
Die zweite Erzählebene dieser Komödie mit ernsten Untertönen, sind die Frauen. In Georgs Leben gibt es mindestens zwei: Die Freundin Johanna, von Beruf Paartherapeutin, was die Beziehung auch nicht gerade entspannter macht, und von dringendem Wunsch nach Kindern erfüllt. Und es gibt die junge Kollegin, die ihn als Kritiker ersetzt hat, und der Georg am Abend im Konzert begegnet, wo Schuberts Streichquartett »Der Tod und das Mädchen« läuft. Und die sich dann von ihm beraten lässt.
Und dann? Wilde Maus ist voller Klischees. Und der Film ist – wahrscheinlich – auch nicht wirklich frauenfreundlich.
Aber wozu auch? Politisch korrekt sind gute Komödien selten.
Die Probleme dieses Krisenportraits über einen alternden Mann liegen ganz woanders: Wilde Maus heißt der Film, weil dies auch der Name der berühmtesten Achterbahn im Wiener Prater ist. So ähnlich geht es jetzt auch in Georgs Leben drunter und drüber – aber so richtig wild will der Film nie werden. Vielleicht weil sich Josef Hader, Kabarettist und Schauspieler, in diesem Film Regisseur, Drehbuchautor und Hautdarsteller in Personalunion, vielleicht
mit den vielen Aufgaben etwas überhoben hat, vielleicht aber noch eher, weil er sich einfach nicht traut, richtig wild zu sein, richtig frech, richtig burlesk. Weil sich eine seltsame Verhaltenheit und spießige Feigheit durch den ganzen Film zieht, ein altväterliches Schmunzeln, und Geltungsbedürfnis.
Dieser Film ist mutlos, wenn er ernst werden könnte und unscharf, wo er lustig werden müsste. Dieser Film ist wie ein Klassenclown in der Schule, der immer witzig sein muss –
und dem man dann plötzliche Änderungen im Tonfall nicht mehr abnimmt.