Deutschland/Ö/RO 2020 · 96 min. · FSK: - Regie: Michaela Kirst, Monica Lazurean-Gorgan, Ebba Sinzinger Drehbuch: Monica Lazurean-Gorgan, Michaela Kirst, Ebba Sinzinger Kamera: Attila Boa, Jakub Bejnarowicz, Jörg Burger u.a. Schnitt: Roland Söttinger, Andrea Wagner |
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Die Holzmafia ist unerbittlich... | ||
(Foto: 36. DOK.fest@home) |
Satt und grün liegt er da, der peruanische Amazonas. Vom Wasser aus ziehen die hohen Bäume vorbei. Dann unterbricht das Geräusch von Kettensägen jäh das fröhliche Gezwitscher. Vögel flattern alarmiert auf. Die jahrelange illegale Rodung des Regenwalds ist kein Geheimnis. Doch dieser ist weit weg. Dass das Ganze auch vor der eigenen Haustür passiert, mag zunächst erstaunen. Es zeigt aber umso mehr, dass die Zerstörung unserer Umwelt uns alle etwas angeht. Und dass wir nicht zögern dürfen, unangenehme Fragen zu stellen.
In Wood – der geraubte Wald folgt das Regisseurinnenteam aus Michaela Kirst, Monica Lăzurean-Gorgan und Ebba Sinzinger dem Umweltermittler Alexander von Bismarck von Peru über Sibirien und Nordchina bis nach Bukarest, Rumänien. Dort wird massiv illegaler Raubbau in Naturparks betrieben, obwohl ganze zwei Drittel der noch vorhandenen Urwälder Europas in Rumänien liegen. Es ist nicht das erste Mal, dass Kirst sich dem Thema widmet. Im Jahr 2012 erschien ihr Film Tatort Regenwald – Undercover gegen die Holzmafia, in dem sie ebenfalls von Bismarcks Arbeit begleitete. Der ehemalige US-Marine ist der Kopf der Umweltschutzorganisation Environmental Investigation Agency (EIA) und leitet die verdeckten Ermittlungen. Mit versteckter Kamera, Aufnahmegerät und gefärbten Haaren schlüpft er in die Rolle eines potenziellen Holzkäufers.
Ins Visier der Ermittlungen gerät die millionenschwere österreichische Firma Schweighofer, der vierzig Prozent des rumänischen Waldes gehören. Und sie ist bei weitem nicht die einzige Firma mit Dreck am Stecken. Mehr als fünfzig Prozent des rumänischen Waldes werde illegal gerodet, beschreibt von Bismarck, während Drohnenaufnahmen riesige, kahl geschlagene Flächen im sonst so reichen Wald zeigen. Wie in einem Thriller folgt von Bismarck den Spuren, die illegale Holzfäller hinterlassen, trackt LKWs und fotografiert Tatorte. Eine Jagd immer den Daten nach. Seine Strategie: gleichzeitig Druck von oben und von unten aufbauen. Er und sein Team übergeben das Beweismaterial an Presse und Behörden und organisieren gleichzeitig ein Treffen mit der rumänischen Ministerin für Wasser- und Forstwirtschaft, Adriana Doina-Pană, und dem rumänischen Parlament. Dann ein nervenaufreibendes Meeting mit Schweighofer-Chef Karl Schmid. Dafür mimt von Bismarck den CEO einer amerikanischen Firma, die Holz verkauft – als falsche Persönlichkeit. Volltreffer. Die wackelige versteckte Kamera fängt genau das ein, was sich die Umweltaktivisten erhoffen: Schmid bietet sogar einen Bonus für illegales Holz.
Dass der Aktivismus nicht ganz ungefährlich ist, wird spätestens klar, als ein Teammitglied von der Security eines Holzumschlagplatzes angegriffen wird. Die Angst, entdeckt zu werden, springt unweigerlich über, denn die Holzmafia ist unerbittlich. Die Ministerin Doina-Pană erleidet im März 2018 eine Quecksilbervergiftung. Sie hatte vier Jahre zuvor den Forst-Radar eingeführt, der illegale Abholzung trackte. Weltweit werden Umweltaktivisten ermordet.
Für von Bismarck ist klar: Die Schuld liegt bei großen Firmen wie Schweighofer, während die Verlierer immer die Umwelt und die lokale Bevölkerung sind. Der moralisch erhobene Zeigefinger bleibt aus, die Verantwortung wird nicht auf die Konsumenten abgewälzt. Dennoch macht der Film die Dringlichkeit klar, mit der zu handeln ist, wenn wir unsere Umwelt retten wollen. Ein kleiner Lichtblick könnte eine App sein, die den Verbrauchern helfen soll, nachzuverfolgen, woher das Holz des nächsten IKEA-Regals wirklich stammt.