USA 2010 · 121 min. · FSK: ab 6 Regie: James L. Brooks Drehbuch: James L. Brooks Kamera: Janusz Kaminski Darsteller: Reese Witherspoon, Paul Rudd, Owen Wilson, Jack Nicholson, Kathryn Hahn u.a. |
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Riskante Freiheiten |
»Wo sich alles in Gefährdungen verwandelt, ist irgendwie auch nichts mehr gefährlich«, hat der Soziologe Ulrich Beck Mitte der 1980er Jahre geschrieben. Kaum treffender lässt sich James L. Brooks Komödie Woher weißt Du, dass es Liebe ist umreißen. Ein wenig an Scorseses Die Zeit nach Mitternacht erinnernd, ist es allerdings nicht nur ein Leben, dem hier die Gnade alltäglicher Sicherheit entzogen wird, sondern gleich drei. Oder sind es vier oder fünf? Denn die Dominosteine, die hier in alle Richtungen fallen, sind in ihrer Rasanz und anarchistisch wirtschaftspolitisch inkorrekten und überraschender Folge kaum mehr einzuholen.
Der erste Stein, der fällt, ist Lisa (Reese Witherspoon). Ihr Lebensplan erodiert, nachdem sie erfährt, dass ihre Karriere im amerikanischen Softballteam durch einen neuen Trainer beendet ist. Im luftleeren Raum treibend, versucht sie nun wenigstens dem Thema Liebe etwas Sinn abzugewinnen und stößt dabei die Steine George (Paul Rudd) und Matty (Owen Wilson) an, ohne dabei zu begreifen, wen sie tatsächlich liebt. George und Matty geraten ebenso in Trudeln und Matty stößt einen weiteren Stein an, seinen Vater Charles (Jack Nicholson). Und so weiter und von vorne.
Dass das alles andere als konstruiert und blöd daherkommt, liegt neben den brillanten Darstellerleistungen und schonungslos beglückenden Dialogen auch daran, dass Brooks bei allem komödiantischen Irrsinn genau auf das Leben blickt und zwar genau so, wie es nur wirklich guten Komödien gelingt. In einer Art Eisgemälde fängt er die Raserei der menschlichen Suche nach Sinn und Liebe in dem Moment ein, den Beck eingangs so präzise umschreibt. Nichts ist mehr gefährlich, wenn einen nur genug Gefahr umgibt. Und alles ist möglich. So geht Lisa zu einem Therapeuten, was bis dahin vollkommen außerhalb ihrer Vorstellungen lag. Sie bittet ihn dann zwar nur um einen Satz, den er allen Patienten mit auf den Weg geben könnte (allein dieser Ratschlag ist der Besuch des Films wert), spürt aber plötzlich, dass alles möglich ist. Nicht viel anders ergeht es ihren Partnern, die plötzlich lieben und hassen lernen, was riskante Freiheit und die Schattenseiten der Individualisierung in einer modernen Gesellschaft bedeuten kann.
Bei all dem tut es dann fast ein wenig weh zu sehen, wie der Film am Ende den Weg des totalen Mainstreams geht und seinen unbändigen Drall verliert. Aber wer weiß, vielleicht ist sogar das doppelter Boden und ein ironisches Zwinkern, denn wer könnte schon ohne therapeutischen Beistand den Fall ins Bodenlose mit einem Lachen ertragen?