USA 2015 · 109 min. · FSK: ab 0 Regie: Byron Howard, Rich Moore, Jared Bush Drehbuch: Jared Bush, Phil Johnston Musik: Michael Giacchino Schnitt: Fabienne Rawley |
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Großartige Komik, toller politscher Witz |
Es passiert selten, dass zwei Schwergewichte des Animationsfilms einen fast zeitgleichen Starttermin bekommen, so wie es jetzt mit Zoomania und Kung Fu Panda 3 gerade in Deutschland geschehen ist. Denn zwei Wochen sind – anders als die zwei Monate Release-Unterschied in den USA – ein ziemlich gnadenloses Zeitfenster. Denn kann man in zwei Monaten schon mal schnell die Enttäuschung wieder vergessen bzw. sich das Gute von damals mit der ewigen Wiederkehr des Gleichen erklären, besitzen zwei Wochen echte Sprengkraft. Mehr noch, wenn sich die Qualität zweier Produktionen tatsächlich so radikal voneinander unterscheidet wie zwischen DreamWorks Kung Fu Panda 3 und Disneys Zoomania.
Denn Kung Fu Panda 3 besitzt so ziemlich alles, was man Hollywood momentan an Schlechtem nachsagen kann. Das offiziell auf fünf Teile angesetzte Franchise-Unternehmen überholte im zweiten Teil (Kung Fu Panda 2) zwar überraschend den inzwischen fast schon als Animationsklassiker gehandelten ersten Teil (Kung Fu Panda) – mit einem überraschenden Mut zu düsteren Themen, einer ausgesprochen exquisiten Animation und einer vielschichtigen Story – aber dem Unternehmen scheint im dritten Teil sichtlich die Luft ausgegangen zu sein. Über völlig überdrehte, laute und schnelle Handlungselemente wird vor allem im ersten Teil von Kung Fu Panda 3 nur mangelhaft kaschiert, dass im Grunde gar nichts zu erzählen ist. Po isst immer noch gern und hat Probleme mit seinem Selbstbewusstsein, vor allem, nachdem Meister Shifu bekannt gibt, in den Ruhestand gehen zu wollen und Po das Training übernehmen soll. Was neben der abstrusen Begegnung mit dem eigenen Vater dann jeder ergänzend hinzugefügt wird, ist nichts anderes als die zum tausendsten Mal durchventilierte Geschichte vom Kampf des Guten gegen das Böse.
So ausgelatscht kommt diese Themenzentrierung daher, dass sogar 5-Jährige unruhig auf den Plätzen zu rutschen und laut zu fragen beginnen, wie lange der Film denn noch dauere und Ältere in einen unspektakulären Schlummer fallen. Auch die Momente des Wiedererkennens, die ja für Franchise-Film-Produktionen nichts anderes sind als für den artig Reisenden die Franchise-Fastfood-Ketten auch am äußersten Rand unserer Zivilisation, funktionieren nur mehr schlecht als recht. So rattert die Handlung in einen unvermeidlichen Shoot-Out, der schließlich doch noch so etwas wie Spannung bietet, wenn auch ohne große Überraschungen.
Allein die Qualität der Animation ist auch im dritten Teil überragend. Gerade die Szenen im Schattenreich sind von subtiler Schönheit und auch die der Produktion eigene zeichnerische Einverleibung chinesischen Kulturguts funktioniert gut. So gut, dass China nicht nur die Gunst eines ersten limitierten Releases des Films im Januar erfuhr, sondern auch das erfolgreichste Eröffnungswochenende für den Film einfahren konnte. Und vielleicht liegt es ja an den unzähligen Kompromissen, die ein derartig weltweit operierendes Franchise eingehen muss, dass bei allem Radau und Spektakel an der Oberfläche, der eigentliche Kern von Kung Fu Panda 3 – inzwischen – völlig austauschbar ist.
Dass es auch anders geht, dass es nicht immer ein Hamburger in Chengdu sein muss, haben bereits großartige Meisterwerke der Animation wie Pixars Oben oder erst letztlich der fast schon zu intelligente Alles steht Kopf gezeigt. Dass man das breite Zielpublikum Familie aber auch über ein explizit politisches Thema erreichen kann, damit überrascht Disneys Zootopia (im Deutschen völlig ungenügend Zoomania getauft).
Alles was in Kung Fu Panda 3 dämlicher Kompromiss, langweilige Wiederholung und sinnloser Lärm ist, wird in Zootopia ins Gegenteil verkehrt. Denn die Geschichte eines kleinen Hasen, der sich gegen alle Widerstände zu einem Polizisten ausbilden lässt, um schließlich fast zwischen den politischen Blöcken des utopischen Stadtstaats Zootopia aufgerieben zu werden, birgt gleich mehrere erzählerisch anspruchsvolle Themen. Zum einen gelingt es Zootopia die für alle Generationen wichtige Erkenntnis zu vermitteln, dass Identität weder Gott- noch evolutionsgegeben ist und dass jeder, wie klein er auch ist, dafür kämpfen sollte, das zu sein, was er sein will.
Aber neben diesem generellen, lebenspraktischen Ansatz hat sich das Team um die Regie von Byron Howard und Rich Moore auch konkrete Gedanken um unsere politische Welt von heute gemacht. Zootopia als Blaupause unserer gegenwärtigen politischen Realität ist deshalb zum einen ein Stadtstaat, in dem wilde Tiere neben Haustieren leben und in dem Fleischfresser friedlich mit Pflanzenfressern kooperieren. Zum anderen wird der offizielle Anspruch auf Gleichheit und Gerechtigkeit ständig auf neue Proben gestellt, er wird torpediert und unterminiert und muss immer wieder neu verkauft werden, um attraktiv zu bleiben; und es muss aktiv Politik und »Verbrechensbekämpfung« betrieben werden, um die faulen Elemente des Staates wieder in den Griff zu kriegen. Dabei wird allerdings geschickt jede Art der Stereotypisierung vermieden, sind es wie im wirklichen Leben nicht immer die vermeintlich Bösen, die Böses tun.
Zootopia erzählt dieses Ringen um eine erfolgreiche Zivilgesellschaft und einen geglückten Staat elegant, spannend und mit einer Komik, die sowohl originell als auch anspielungsreich ist. Die kreative Weite reicht dabei von so etwas wie der großartigen Komik der Faultierszene in der Zulassungsstelle bis zu Verweisen auf populärkulturelle Formate wie »Breaking Bad«, die so dezent eingeflochten sind, dass der Film tatsächlich ein generationsübergreifender Hochgenuss ist.