Deutschland 2008 · 90 min. Regie: Jobst Oetzmann Drehbuch: Jobst Oetzmann Kamera: Tomas Erhart Darsteller: Tino Mewes, Jacob Matschenz, Sophie Rogall, Peter Harting, Alexandra Schalaudek u.a. |
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Nicht immer im gleichen Takt |
Gerade wenn man jung und die Persönlichkeit noch nicht ganz fertig ist, etwas unscharf in der Ferne liegt wie die Zukunft, dann prägen Freundschaften fürs Leben. Sie sind so intensiv, wie es später kaum mehr möglich ist; und manchmal, wenn dramatische Empfindlichkeiten sie nicht beenden, verbinden sie zwei Menschen weit über die Jugend hinaus: Man kennt sich eben, seit man noch Kind war, die eigene Entwicklung spiegelt sich in derjenigen des Anderen.
Der für die sportlich Unbedarfteren wohl eher kryptische Titel wird gleich zu Beginn erklärt: Beim 2er ohne handelt es sich um ein Ruderteam ohne Steuermann, die beiden Sportler bedienen jeweils ein Ruder – absoluter Einklang ist also Bedingung, damit sich das lange, schmale Boot nicht um die eigene Achse dreht. In Jobst Christian Oetzmanns 2er ohne, einer Verfilmung der gleichnamigen Novelle des Spiegel-Autors Dirk Kurbjuweit, versinnbildlicht das steuerlose Synchronboot ein romantisches Ideal: Die Freundschaft, in der zwei Menschen eins werden, zum Gleichklang verschmelzen.
Die stärksten Gegner von Ludwig und Johann sind deshalb eineiige Zwillinge, es wird den beiden Freunden auch mal gelingen, sie bei einer Regatta zu schlagen – doch nicht auf Dauer. Von Anfang an ist die ungleiche Kräfteverteilung zwischen den beiden 17-Jährigen zu spüren. Zunächst ist der Außenseiter Ludwig Dompteur der Symbiose, Johann ist fasziniert vom charismatisch-agressiven Charakter des Freundes und lässt sich begeistert auf dessen Vision von bedingungsloser, blinder Verständigung ein: Auf Ludwigs Initiative schläft er nach ihm mit demselben Mädchen, sie rasieren sich die Haare und tragen identische Klamotten. Die Isolation der Pubertät scheint plötzlich im Gegenüber aufgehoben.
Ein wenig mangelt es Oetzmanns Coming-of-Age Drama am spielerischen, identifikationsstiftenden Ansatz. Von Anfang an wird kräftig auf die Pauke gehauen. Tomas Erharts reife Kamera zieht alle Register von Zeitlupe bis Zeitraffer, ebenso die Montage und Dieter Schleips dramatischer Filmrock mit seltsam altmodischen Gitarrenriffen. Johann fungiert als Erzähler aus dem Off, was die unheilvolle Dynamik zusätzlich vorwegnimmt. So wird mitunter etwas reißerisch ein Thriller angetäuscht, wo keiner ist und die Entwicklung der Figuren gerät ins Hintertreffen. Trotz der Überfrachtung ist 2er ohne zumindest aber ein ernsthafter Versuch, sich auf die Empfindlichkeiten einer Jugendfreundschaft einzulassen.
Als Johann sich schließlich in Ludwigs Schwester Vera verliebt, sich heimlich emanzipiert, gerät die Freundschaft zunehmend aus der Balance. Ludwigs Versuche, den Freund wieder ganz für sich zu gewinnen werden immer verzweifelter – sie erregen nun eher Johanns Besorgnis. Wenn Ludwig zu Johann sagt, dass »alles, was man teilt, verbindet« und Johann seinen Freund kurze Zeit später fragt: »Ich bin glücklich. Du auch?«, dann ist der Gleichklang längst zum Misston geworden.