Zwei zu eins

Deutschland 2024 · 116 min. · FSK: ab 6
Regie: Natja Brunckhorst
Drehbuch:
Kamera: Martin Langer
Darsteller: Sandra Hüller, Max Riemelt, Ronald Zehrfeld, Peter Kurth, Martin Brambach u.a.
Filmszene »Zwei zu eins«
So wie einst Dagobert Duck...
(Foto: X Verleih)

Plötzlich reich

Geld ist gedruckte Freiheit: Natja Brunckhorsts Wendezeitkomödie »Zwei zu Eins«

Erst haben wir den Sozia­lismus ruiniert und jetzt ist der Kapi­ta­lismus dran.
– Dialog­auszug

Wer von uns ist schon einmal im Geld geschwommen? So wie Onkel Dagobert vom 3-Meter-Brett ein Talerbad nimmt? Genau das machen die Helden dieses Films. Nur, dass es Geld aus Papier ist: »Das ist unser seit gestern ehema­liges Geld. Das ist Klopapier«.

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Eine geradezu fantas­ti­sche Geschichte: Es war im Sommer 1990 – zum 1.Juli wird die D-Mark auch in der noch exis­tie­renden DDR zum offi­zi­ellen Zahlungs­mittel erklärt. Eine Chance für Gewinn­mit­nahmen für clevere Jung­ka­pi­ta­listen. Oder für solche, die es werden möchten.

Dieser Film erzählt vom Kapi­ta­lismus learning by doing – eine alltäg­liche Erfahrung für die Millionen DDR-Bürger, die 1989/90 über Nacht vom Sozia­lismus in den real exis­tie­renden Kapi­ta­lismus geworfen wurden. Eine ganze Welt verschwand in diesem Sommer, und plötzlich galt ein hammer­hartes »Survival of the fittest«

Das war bitterer Ernst für viele Menschen und eine keines­wegs lustige Erfahrung. Aber es gelingt auch hervor­ra­gend, dass die Regis­seurin Natja Brunck­horst, selbst ohne DDR-Hinter­grund, die tatsäch­li­chen Ereig­nisse über­spitzt und daraus eine richtig gute Wende­zeit­komödie macht, ohne Anbie­de­rung und Besser­wis­sertum, voller Respekt für die Menschen und ihre Erfah­rungen, aber fast völlig ohne schmie­rige Ostalgie.

Denn die Zeit zwischen Währungs­union und Verei­ni­gung und der ganze Sommer 1990 waren nicht nur politisch höchst spannend, er hatte auch einige geradezu bizarre und surreale Seiten. Eine der absur­desten Geschichten erzählt jetzt dieser Film, der auf tatsäch­li­chen Vorkomm­nissen beruht.

Denn was passierte eigent­lich mit dem ganzen Ostgeld, als es plötzlich wertlos wurde? In einem soge­nannten Komplex­lager, einem unter­ir­di­schen Gewölbe nahe Halber­stadt, wurde gleich nach der Währungs­union das plötzlich wertlose Papier­geld der DDR einge­la­gert: 400 Tonnen, Millionen in kleinen Scheinen, aber auch in 200ern und 500ern, die nie ausge­lie­fert wurden. Sie waren eine Reserve, damit die DDR liquide ist, wenn sie die BRD übernimmt

Auch diese Episode über die großen Geld­scheine, die von gläubigen Sozia­listen für den erwar­teten Zusam­men­bruch des west­deut­schen Kapi­ta­lismus gedruckt wurden, beruht auf Fakten – heute ist das ein Lacher, damals war sie voll­kommen ernst gemeint.

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Dieses Geld jeden­falls entdeckt eine Handvoll Glücks­ritter im Sommer 1990. Ist das noch was wert? Kann man doch noch tauschen? 4000 DDR-Mark durfte man 1:1 umtau­schen, den Rest 2:1, weshalb manche Schau­meier einen Deal mit Freunden machten, wenn sie mehr als 4000 hatten: Du tauscht 4000 um und gibst mir 3000 D-Mark. Was legal ist und was illegal, das war in diesen Wochen allemal nur vom Betrachter abhängig. Aber nicht mehr lang nach dem 1. Juli 1990 war es damit vorbei. Maren und ihre Freunde finden tatsäch­lich ein paar Lücken und haben große Pläne, aber kein bisschen Gewis­sens­bisse.

Sandra Hüller spielt in ihrer ganz unnach­ahm­li­chen Weise die weibliche Haupt­rolle, neben ihr ein tolles Ensemble aus Max Riemelt, Ronald Zehrfeld, Peter Kurth, Martin Brambach, Ursula Werner und Olli Dittrich.

Ein Traum. Ein ganz persön­li­cher kurzer Sommer der Anarchie, berauscht von dieser merk­wür­digen neuen Freiheit, in der man sich nicht nur endlich von Herzen lustig machen darf, sondern auch neu denken lernt: »Also wir reden über Geld, was du gefunden hast. Und was dem Staat gehört. Und weil es dem Staat gehört und wir eine Volks­wirt­schaft sind, gehört es dem Volk. Und da wir das Volk sind, gehört das quasi uns.«

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Eine gutge­launte, leicht­ge­wich­tige Komödie aus den letzten Tagen der DDR, einer Zeit, in der die Phantasie sehr frei war. Und Geld, das wusste schon der große Schrift­steller Dosto­jewski, der im Abspann zitiert wird, »Geld ist gedruckte Freiheit.«