artechock präsentiert
Meine Winterreise (Mon voyage d'hiver) |
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Warten auf die Weiterfahrt: Vincent Dieutre und Itvan Kebedian |
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(Foto: Films sans Frontières) |
Das verwundete Land im Schnee
Das Kino von Vincent Dieutre gehört dem neuen hybriden Genre der Autofiktion an. In ihr mischen sich autobiographische Elemente mit fiktionalen Erzählungen. »artechock« präsentiert zum Auftakt seiner Filmreihe im neuen Jahr den Tagebuch-Film, den Dieutre auf Super-16 und Video über (s)eine Deutschlandreise gedreht hat, auf der ihn der Sohn einer Bekannten begleitet. Der Blick des Franzosen seziert die Klischees über Deutschland: Es wird romantisch verklärt, nicht zuletzt aus der Liebe des Regisseurs zur deutschen Romantik (Schuberts »Winterreise« steht natürlich Pate für den Titel), und es wird ein ganz und gar entromantisierender Blick auf das Land geworfen, wenn immer noch Spuren des schon längst vergagenen Nationalsozialismus in der Gegenwart gefunden werden. Dabei kommt die persönliche Geschichte nicht zu kurz: Die Stationen der Reise sind die vergangenen Liebesbeziehungen, die der Protagonist einst in Deutschland gehalten hatte. MEINE WINTERREISE knüpft auch an den Bildungsroman an und an »Lehr- und Wanderjahre« und initiiert den jungen Begleiter in Kultur und (homosexuelle) Liebe.
Dieutres Filme sind immer auch Musikfilme, und sie sind dem französichen Avantgarde-Kino zuzurechnen. Beide Seiten machen MEINE WINTERREISE zu einem weitgespannten Roadmovie. Teilweise ist der Film gewagt in der Form; dann wieder sehr zahm durch seine barocken, aber nie dem Ästhetischen verfallenden Bilder, die von einer Sehnsucht rühren, das Intakte der Welt, in der Kultur, zu finden.
»Der Film von Vincent Dieutre ist still und schön.« (Detlef Kuhlbrodt, taz, 14.2.2003)
Mit freundlicher Unterstützung der BMW Group