Cinema Moralia – Folge 42
Mission: Impossible – aus den Phantom-Protokollen des deutschen Films |
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Wieder mal: Das Ende des deutschen Kinos? |
»Wenn ihr nicht weinen könnt, dann könnt ihr keine Filme machen.« – Mit diesem Satz beschämte vor einiger Zeit der Filmemacher Roland Klick seine Studenten an der Berliner dffb – eine Studentin erzählte mir das letzte Woche. Eine sehr interessante Bemerkung, die man nicht verabsolutieren muss, um zu erkennen, wie treffend sie ist. Auch Kafkas berühmte Identifikation von Tränen und gelungenem Kino ist in ihrer Allgemeinheit zwar falsch, verweist aber auf eine Erfahrung, die man jedem Kinogänger wünscht: die, von einem Film im Innersten getroffen und berührt zu werden.
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Wenn Gefühle auf der Leinwand realistisch sein wollen, werden sie allerdings gern übertrieben und künstlich verstärkt. Da kommt dann im Kino das zum Einsatz, was die Nahrungsmittelindustrie »Geschmacksdesign« nennt, also Stabilisatoren, Verdickungs- und Überzugsmittel, Geschmacksverstärker, Süßstoffe und Säuereregulatoren. Während der Mainstream aus Übersee mehr von Effekt, Spektakel und technischen »Fortschritten« lebt, gibt sich gerade jenes Arthouse-Wellness-Kino, das sich auch in diesem Jahr wieder sehr breit gemacht hat, gern betont gefühlvoll. Schauspieler gucken dich an aus großen Augen, und damit auch keiner was verpasst, verdoppelt die Musik jede Regung noch einmal, kündigt eine Stimmungsverschiebung schon einige zehn Sekunden im Voraus an, bleibt die Kamera dann bedeutungsvolle Sekunden zu lange auf etwas stehen. Aber glaubt man wirklich noch irgendeine jener »echten« Regungen, die Filme wie Le Havre, Cheyenne oder Halt auf freier Strecke mit großen Ausrufezeichen vor sich her tragen? Mir geht solches Kino mehr auf den Geist, als jeder Blockbuster, weil jenes den Begriff der Kunst kontaminiert, den dieses gar nicht erst behauptet. Kommerz und Spekulation sind besonders da besonders widerwärtig, wo sie nicht als solche auftreten, sondern sich das Mäntelchen der kulturellen Bedeutung wie eine Tarnkappe umhängen.
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Womit wir spätestens beim deutschen Kino sind. Da versteckt sich die Industrie besonders gern unter der Tarnkappe des Kulturellen. Über Komödie reden wir jetzt nicht, nicht über das deutsche Komödienkino, das zur Zeit wieder zu einem Parcours der Peinlichkeiten geworden ist, wo man zwischen Rubbeldiekatz, What a Man und Kein Sex ist auch keine Lösung mit dem Fremdschämen gar nicht mehr nachkommt. Der weißgott nicht zu beneidende Rainer Gansera muss zur Zeit in der SZ jede dieser dahergelaufenen deutschen Klamotten besprechen, und verliert, von Film zu Film, immer spürbarer die Contenance. Da glücken Gansera dann treffende kleine Wutanfall-Miniaturen, die nicht nur wahr sind, sondern endlich mal wieder Lust machen, häufiger die SZ zu lesen. Zu Beispiel am 1. Dezember ein Textanfang wie dieser: »Doof, doofer, deutsche Kinokomödie. Oder: Kein Hirn ist auch keine Lösung. Noch nie war der deutsche Kinofilm derart reichhaltig mit TV- und Fördergeldern gesegnet, und noch nie war er in eine derartige internationale Bedeutungslosigkeit versunken, wie das aktuell der Fall ist. Bei den A-Festivals von Cannes, Venedig und San Sebastian lief dieses Jahr kein einziger deutscher Film im Wettbewerb. Dafür gibt es einen Boom hirnloser Komödien, deren neuestes Exempel Torsten Wackers Kein Sex ist auch keine Lösung darstellt.«
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»Das Publikum«, sagt die Regisseurin, »das Publikum ist ein Mysterium. Die Leute sehen ja nur, was sie kriegen.« Wir reden über Picasso. Hätte der deutsche Filmförderung gebraucht, wüsste heute niemand mehr, wer er ist. Heute stehen die Leute zwar in langen Schlangen vor einer Picasso-Ausstellung, und jede zweite Kunststudentin hat in der Küche einen Druck aus der Blauen Periode, seinerzeit aber fanden alle Picasso fürchterlich. Auch die meisten Kritiker. Daran, dass große Künstler oft verkannt werden, würde auch Medienkunde und Publikumserziehung nicht viel ändern. Sie hätte nur, wie Kunstförderung, den Boden dafür zu bereiten, dass Kunst überhaupt entsteht. »Wenn Förderung kulturell sein soll, muss sie auch wirklich kulturell sein«, sagt die Regisseurin, »realistisch und hart.« Sie wünschte sich mehr Gruppenbewußtsein, so die Regisseurin. Aber: »Die einzige Gruppe, die es gibt, ist die ›Berliner Schule‹. Vor denen habe nicht nur ich ein bisschen Angst, weil sie so humorlos wirken, und weil ich mich frage: Verstehe ich überhaupt, was sie sagen?«
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»Was wünsche ich mir von Kritik?« Die Regisseurin zögert. »Oft ist es eine Zumutung, was geschrieben wird. Manches hat mich zwar sehr beglückt, aber anderes ist furchtbar. Das hilft mir nicht, das hilft niemanden.« Sie wünsche sich, so die Regisseurin, Kritiker, die wie Kampfverbände agieren, die wie einst Peter Buchka und Wolfram Schütte Solidarität mit einem bestimmten Kino, mit bestimmten Filmemachern praktizierten.
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In gleich zwei völlig verschiedenen Gesprächen der letzten Woche wurde das gleiche Buch erwähnt: Michelangelo Antonionis »Bowling am Tiber«. Ich habe es noch nie auch nur in Händen gehabt. Warum eigentlich? Das wird sich jetzt ändern.
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»Wir müssen etwas unternehmen, bevor die Fernsehredakteure alle im Knast sind«, sagt der Drehbuchautor, und meint den MDR. »Wobei Doris Heinze ja drumherumgekommen ist, weil der Sender sich weigert, zuzugeben, welcher Schaden ihm zugefügt wurde.« Zumindest einen Imageschaden erlitten hat die Degeto. Das für Filmeinkäufe zuständige ARD-Tochterunternehmen war gerade erst in die Schlagzeilen gekommen, weil das Controlling offenkundig total versagt hat. Der Degeto-Geschäftsführer Hans-Wolfgang Jurgan war suspendiert worden, nachdem bekannt wurde war, dass unter seiner Verantwortung der Produktionsetat um erhebliche Summen überzogen worden ist, und die Degeto die ihr zur Verfügung stehenden Gelder bereits bis inklusive 2013 ausgegeben hat. Co-Geschäftsführerin Bettina Reitz, gerade erst vom Bayerischen Rundfunk zur Degeto gewechselt, wird im Juni 2012 zum BR zurückkehren.
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Burkhardt Müller-Sönksen, der medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, wurde in Bezug auf die Degeto deutlich und verlangte, »dass das undurchsichtige Geflecht aus Tochtergesellschaften der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten insgesamt auf den Prüfstand gehört. Was nun bei der Degeto aufgedeckt wird, kann auch bei jeder anderen Produktionsfirma vorgefallen sein.« Es habe »merkwürdige Bevorzugungen einiger Produktionsfirmen gegeben«, berichtete die taz, und die Rede ist von der lieben Regina Ziegler, die mit dem ebenso dummen wie dummdreisten Henri 4 einen der teuersten und schlechtesten Degeto-Filme seit Jahren produziert hatte. Wann die Degeto wieder erste Produktionen in Auftrag geben wird, ist einstweilen unklar. »Es wird Firmenpleiten geben«, sagt der Drehbuchautor. »Wir müssen darüber reden: wo gehen die Gelder hin?«
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Nur drei Prozent der öffentlichen Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender kämen dem Kinofilm zugute, sagt der Produzent. Die öffentlich-rechtlichen Sender müssten verpflichtet werden, bestimmte Kinofilm-Produktionen anzukaufen und auch zu senden. Die Sender sollten verpflichtet werden, eine Produktion ab einem bestimmten Box Office für einen bestimmten Betrag abzunehmen. »Der amphibische Film ist der Tod des Kinos«, sagt der Produzent weiter, »wir brauchen endlich eine klare Trennung von Kino und Fernsehen.« Fördertechnisch werde Fernsehen als Kino verkauft. Längst sei die Filmförderung in Deutschland »zu einer Quelle der Zusatzfinanzierung der Fernsehsender verkommen«. Immer mehr Produzenten wollen, dass die Finanzierung von Fernsehproduktionen durch die Förderung mit Mitteln, die die Sender vorab einbezahlt haben, juristisch geprüft wird.
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Vor 20 Jahren wurde im ZDF zur Primetime ein Godard gezeigt.
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Auszug aus einer E-Mail-Antwort an einen Filmemacher: »Machen wir uns bitte auch nichts vor: Eine öffentliche Diskussionsveranstaltung ist öffentlich und sonst gar nichts! Sie 'gehören' niemandem. Es war kein Branchentreffen, keine interne Mitgliederversammlung, sondern es waren Journalisten anwesend. ... Wenn wir beide ein Hintergrundgespräch führen, dann bleibt das alles unter uns. Wenn wir öffentlich vor 40 Leuten diskutieren, die zum großen Teil selbst ›der Branche‹ angehören, und alles auch noch live ins Netz gestreamt wird, und dort weiterhin abrufbar ist, dann ist es öffentlich – und mein Recht, u.U. meine journalistische Pflicht, aus ihnen alles zu zitieren, was ich für richtig halte. ... Ich kann aber auch in Zukunft nicht darauf verzichten, Deinen Namen im Zusammenhang mit diesen Inhalten oder Förderdebatten zu erwähnen, und aus Beiträgen zu zitieren, solange Du öffentlich auftrittst. Und btw: Öffentliche Äußerungen muss ich mir auch nicht freigeben lassen. ... Ich würde Euch ... genau darum dringend empfehlen, freundlich gesonnene Journalisten ... in Hintergrundgesprächen offen zu informieren. Wenn Du wüsstest, was ich alles erzählt bekomme, und nicht schreibe, dann wüsstest Du auch, dass Du mir absolut vertrauen kannst. Du kannst mir sagen, was ich zitieren und nicht zitieren soll, und was ich nur indirekt, nicht in Deinem Namen zitieren oder schreiben darf. Aber es muss klar und eindeutig gesagt werden. Selbst wenn Öffentliches plötzlich wieder ungesagt sein soll, geht das unter Umständen – solange nicht andere auch darüber berichten. Dann können wir auch als Verbündete agieren – und mein Verständnis von Filmjournalismus ist durchaus das: Verbündeter des Autorenfilms und anspruchsvollen Arthouse-Kinos zu sein, nicht nur neutraler Berichterstatter. Nur dann macht es Sinn, Begriffe wie 'kontraproduktiv' in die Runde zu werfen, die ja unterstellen, dass wir am gleichen Strang ziehen. O.k., gern, aber dazu gehören dann zwei. Das kann nicht nur heißen, das ich quasi vorauseilend mitdenke oder -ahne, was womöglich kontraproduktiv für irgendjemandes Interessen sein könnte... Wenn man öffentlich auftritt und streitbar und offen diskutiert, dann stellt man Thesen auf, ob man die nun so nennen möchte oder nicht. Und dann wird dies immer mit der Person verbunden sein, die das sagt. ... Sich daraus zurückziehen und es nicht gewesen sein zu wollen, finde ich dann ... ein recht typisches Symptom unserer gegenwärtigen Lage, nicht nur filmpolitisch. Denn grundsätzlich, in der Filmpolitik wie im Journalismus gilt: 'The proof of the pudding is the eating'.«
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»Unser Blick auf Festivals ist pervertiert worden«, sagt der ältere Kritikerkollege, »wir schreiben über Events. Es wäre besser, wenn einer einfach über etwas schreiben würde, was ihn interessiert.«
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Miese Stimmung gibt es offenkundig auch an der Berliner Filmhochschule »Deutsche Film- und Fernsehakademie« (dffb). In einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit gab die Studentenvertretung gestern die Auflösung sämtlicher Organe der studentischen Repräsentation an der dffb bekannt. Im Folgenden dokumentieren wir den Wortlaut des Schreibens:
»Sehr geehrter Herr Wowereit, hiermit möchten wir Sie darüber informieren, dass die StudentInnen der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) in der Vollversammlung vom 16.11.2011 beschlossen haben, sämtliche in den Statuten der dffb festgelegten Organe der studentischen Mitbestimmung (Studentenvertretung und studentische Vertretung im Akademischen Rat) nach vierzigjährigem Bestehen mit sofortiger Wirkung und ersatzlos aufzulösen. Die vom Berliner Hochschulgesetz geregelte akademische Selbstverwaltung realisierte die dffb im Akademischen Rat. In diesem 1968 ins Leben gerufenen Gremium stimmten Studenten, Dozenten und Direktion über alle studienrelevanten Inhalte mit gleichem Stimmgewicht ab. Die Direktoren gaben so einen maßgeblichen Teil ihrer Macht ab, um das demokratische Ideal der Drittelparität zu verwirklichen. Jan Schütte, seit 2010 Direktor der Akademie, hat das Gremium als Ort der Mitbestimmung von Studenten- und Dozentenschaft in der Praxis abgeschafft. Heute entscheidet die Direktion, welche Themen dort überhaupt verhandelt werden können, den Dozenten wird durch prekäre Anstellungsverhältnissen die Vertretung eigenständiger Positionen massiv erschwert. Ohnehin wurde der Akademische Rat im vergangenen Jahr nur ein einziges Mal einberufen und tagte unter Ausschluss der Akademieöffentlichkeit. Die Vollversammlung hat in einem Brief den Vorsitzenden des Kuratoriums der dffb, Herrn Eberhard Junkersdorf, gebeten, diese Missstände zu beheben. Dieser Brief bleibt bis heute unbeantwortet. Das Kuratorium reagiert nicht mehr auf Beschlüsse der Vollversammlung. Es nimmt seine Aufsichtsplichten nicht wahr. So findet keine Evaluation des Lehrbetriebs statt. Ebenso wenig stellt es sicher, dass die StudentInnen die kurrikulumsrelevanten Filmproduktionen machen können. Herr Schütte ist nicht an der dffb eingeführt worden, er hielt keine Antrittsrede. Die studentische Vollversammlung stellt mit ihrer Entscheidung klar, dass sie nicht weiter eine Alibifunktion in einer dysfunktionalen akademischen Selbstverwaltung übernehmen will. Wir bitten Sie, die notwendigen Schritte einzuleiten, damit der akademische Betrieb der dffb wieder in vollem Umfang stattfinden kann. Mit freundlichen Grüßen, Die Studenten der dffb Berlin, 14. Dezember 2011«
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- Sie haben sich auch bei diesem Film nicht davon abbringen lassen, besonders gefährliche Stunts selbst zu übernehmen. Sind Sie ein Adrenalin-Junkie?
– Ihr Leinwand-Partner Simon Pegg hat gesagt: »Als ich sah, wie Tom an der Fassade des Burj Khalifa baumelte, war ich zum ersten Mal in meinem Leben heilfroh, dass ich nicht Tom Cruise bin.« Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie hier am höchsten Gebäude der Welt über dem Abgrund hingen?
– Was ging in diesem Moment in Ihrem
Kopf vor?
– Wie rechtfertigen Sie denn Ihre verrückten Stunts gegenüber den Versicherungen?
– Und was sagen Ihre Frau und Ihre fünfjährige Tochter, wenn Sie vor der Kamera so waghalsige Dinge tun?
– War das Zuschauen für sie zu nervenaufreibend?
– Ihre Frau hat auch einmal gesagt, Sie seien völlig furchtlos. Gibt es tatsächlich nichts, wovor Sie Angst haben?
– Im kommenden Jahr werden Sie 50. Fürchten Sie sich vor dem Alter?
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Wissen Sie schon, wie Sie Ihren runden Geburtstag feiern werden?
(Ungekürzte Gesprächs-Fragen von Marco Schmidt an Tom Cruise, veröffentlicht im Münchner Merkur am 9. Dezember 2011 mit dem Untertitel »Tom Cruise über die Freude am Abenteuer, seine Frau und das Altern«)
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»Wir fördern die kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films!« (Aus den FFA-Regularien)