Also, bevor wir loslegen - den müssen wir Ihnen unbedingt
erzählen: Offenbar angesichts der weniger als berauschenden
Besucherzahlen am Startwochenende für dem Vilsmaier Sepp seine
MARLENE (die unserseins mal wieder die flüchtige und naive Hoffnung
geben, dass Filmkritik immerhin noch nicht gänzlich machtlos
geworden ist gegenüber Werbebudgets), hat das liebe (und dem
Vilsmaier Sepp in persönlicher Freundschaft verbundene) Filmtheater
am Sendlinger Tor zu einem trotzigen Gegenschlag ausgeholt. "Für
alle mit eigener Urteilskraft!" steht da als Text zur Kinoanzeige
(man beachte das anklagende Ausrufezeichen). Gut, gell?
Aber fürwahr - wenn Sie am eigenen Leibe erfahren wollen,
wie scheiße das Ding denn nun wirklich ist, dann müssen Sie
halt rein und urteilen. Da hilft nichts. Aber wirklich nur
dann. Sonst beim besten Willen nicht. Es gibt Sachen, die
darf man sich ersparen.
Wozu auf keinen Fall (oh, welche Überleitung!) folgende drei
Filme gehören: (Äh, Moment noch, bevor wir loslegen: Wir sollten
erstmal eingestehen, dass wir selbst keinen der Filme bisher
gesehen haben. Das macht in diesem Fall aber nichts, weil wir uns
da ganz sicher sind, dass die alle zumindest eminent wichtig
sind.) - Film der Erste: SWALLOWTAIL, auf Deutsch
auch YENTOWN genannt (fragen Sie uns jetzt nicht warum, wir sind da
auch eher ratlos...). So richtig sicher sind wir uns da auch nicht,
was einem da genau erwartet - von Pop-Oper, Melodram, gewalttätigem
Gangsterfilm, karnevaleskem Epos, wilder Mixtur haben die Kollegen
geschrieben, und von avantgardistischer Kraft. Auf jeden Fall ist's
ein durchgeknallter japanischer Film, und damit kann man praktisch
nie was falsch machen. Fast völlig ausgeschlossen, dass man in so
einen reingeht und gänzlich unberührt wieder rauskommt -
erfahrungsgemäß ist man im (extrem seltenen) schlechtesten Fall in
den Grundfesten des Geschmacks und des Weltbildes unangenehm
verletzt, im besten ist man für Tage high und hat den Glauben an's
Kino und das Leben wieder. In vorliegenden Fall halten wir
Letzteres für gar nicht unwahrscheinlich. So oder so aber - eine
echte Erfahrung dürfte es allemal werden. Denn, um's an dieser
Stelle zum wiederholten Male zu sagen: Das asiatische Kino ist
derzeit das aufregendste der Welt. Punkt. (YENTOWN
(SWALLOWTAIL) (OmU): Werkstattkino, tgl. außer Do. 20:15)
- Film der Zweite: THINGS
TO COME (auf Deutsch unbekannt als WAS KOMMEN WIRD). Weil wir
schon immer sehen wollten, wie's 1970 so aussah auf der Erde, wo
alles vom Zweiten Weltkrieg noch in Ruinen lag und despotische
Herrscher die geknechteten Leute in ihrem Unglück gefangen hielten.
Na ja, so hat sich H.G. Wells das 1936 halt vorgestellt, als der
Film gemacht wurde. Und so ganz falsch lag er nicht mal: Es gibt da
dann auch junge Leute, die für Frieden und Liebe kämpfen und das
mit bewußtseinsverändernden Substanzen tun. Könnte somit sein, dass
die Szenen, die 2036 spielen, uns schon mal ein bißchen
Vorgeschmack geben. Und wenn nicht - Hauptsache großartiges
Production Design von Vincent Korda, toll in Szene gesetzt von
William Cameron Menzies gibt's zu sehen. Wir wissen ja nicht, wie's
Ihnen geht - aber wir stehen ganz ungemein auf solche
Retro-Futures, solche utopischen und durchdesignt totalitären
Science-Fiction Entwürfe von Gesellschaft und Architektur.
Jawoll. (THINGS TO COME (OF): FILMMUSEUM, Fr./Sa.
18:00) - Film der Dritte: SATURDAY NIGHT FEVER
(auf Deutsch weniger spektakulär als NUR SAMSTAG NACHT gelaufen).
Müssen wir dazu wirklich was sagen? (Und bevor Rückfragen kommen:
Nein, wir haben ihn tatsächlich noch nicht gesehen.) Ja, so sah's
in den späten 70ern aus auf der Erde, als der Traum von Frieden und
Liebe hin und vorüber war und der zynische Hedonismus die
Herrschaft übernahm. Travolta tanzt, die Bee Gees singen. Das ist
Pflicht, da können wir auch nichts für. Ist halt so. Und bei der
Vorführung im Filmmuseum am Montag ist Nik Cohn, Autor der
literarischen Vorlage, auch anwesend und hat hoffentlich was
Interessantes zu erzählen. Wir jedenfalls gehen hin.
Yeah! (SATURDAY NIGHT FEVER (OF): Filmmuseum, Mo.
19:00)
Und dann sei noch kurz ein Film erwähnt, den wir
selbstverständlich schon etliche Male gesehen haben: Mit NORTH BY NORTHWEST
(dessen deutscher Titel DER UNSICHTBARE DRITTE die beunruhigende
Frage aufwirft, wer denn bitteschön der - wohl sichtbare? - Zweite
sei) als Vorboten (möglicherweise in der leicht suspekten, neu
restaurierten Fassung?) beginnt die große Hitchcock-Retrospektive
im Filmmuseum. Die ihre Verspätung durch vorbildliche
Vollständigkeit wettzumachen verspricht. Aber dazu gibt's dann
nächstes Mal noch viel zu sagen, wenn's so richtig
losgeht. (NORTH BY NORTHWEST (OmU): Filmmuseum, Fr.-So.
20:30)
Im Gegensatz zu den bekannten Worten des Herrn Oehmann (schon
wieder so eine Traum-Überleitung, hach!), zu denen wir diese Woche
einmal gar nichts sagen. Sollen sie doch für sich selbst
sprechen: "Samstags Fußball, Sonntag Lindenstraße."
Viel Spaß dabei wünscht Ihnen
Die
Artechock-Redaktion
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